"Trauerzug" in Salzburg: Protest gegen Schwarz-Blau

Eine Gruppe von Menschen in Schwarz geht eine Straße entlang, einige tragen Schilder und einen Regenschirm.
Nach der Angelobung der neuen Landesregierung zogen Demonstranten in Trauerkleidung zu den Klängen des Mozart-Requiems durch die Stadt.

Vielleicht ist das der viel zitierte Galgenhumor:  Nach der Angelobung der schwarz-blauen Landesregierung in Salzburg rief die Protestbewegung „Solidarisches Salzburg“ zu einem Trauermarsch auf. Die Einladung zur Demonstration liest sich wie ein Nachruf, „zu Grabe getragen wird der Anstand“ von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP).

Mehr dazu: Wilfried Haslauer als Salzburger Landeshauptmann wiedergewählt

Eine Frau mit einem Tuch weint und hält eine Kerze in der Hand.

"Trauerzug" in Salzburg

Eine Demonstration zieht durch Salzburg, einige Teilnehmende halten Schilder hoch.

"Trauerzug" in Salzburg

Zwei Demonstranten halten Schilder mit Aufschriften in einer Gasse.

Eine Frau hält ein Schild mit der Aufschrift „R.I.P. Anstand“ bei einer Demonstration.

Eine Gruppe von Menschen in schwarzer Kleidung geht eine Straße entlang.

Eine Gruppe von Menschen in Schwarz geht eine Kopfsteinpflasterstraße entlang.

Eine Person hält ein goldenes Tablett mit Kerzen und einem beschrifteten Objekt.

Eine junge Frau hält ein Schild mit der Aufschrift „Menschenrechte statt Rechte Menschen“.

Mehrere österreichische Polizeifahrzeuge stehen auf einem Platz in der Stadt Salzburg.

Ein Mann mit Zylinder und Sonnenbrille hält ein Tablett mit Gläsern und einer Schachtel.

"Trauerzug" in Salzburg

Ein junger Mann hält ein Schild mit der Aufschrift „Jesus hätte links gewählt“ bei einer Demonstration.

"Trauerzug" in Salzburg

Um 16 Uhr – mehrere Stunden nach der offiziellen Wahl der Regierung im Landtag – finden sich die ersten Demonstranten vor der Kajetanerkirche ein. Am Vormittag galt noch ein Versammlungsverbot rund um den Chiemseehof, in dem die Landtagssitzung stattfand. Jetzt dürfen die Demonstranten ihrem Unmut über die blaue Regierungsbeteiligung freien Lauf lassen.

Gekommen sind rund 100 bis 150 Teilnehmer, an den vereinbarten Dresscode hält man sich. Die meisten sind schwarz gekleidet, wie für eine Trauerfeier üblich. An die Teilnehmerzahlen des Protests am Pfingstmontag konnte man dennoch nicht anknüpfen. Damals kamen laut Polizei 1.200 Menschen, die Organisatoren sprachen von mehr als 2.000.

Eine Person hält ein goldenes Tablett mit Kerzen und einem beschrifteten Objekt.

Der "Anstand" des Salzburger Landeshauptmanns

Als „klein und theatralisch“ beschreibt auch eine Teilnehmerin die Kundgebung. Mitgebracht hat man einen kleinen Sarg, Grabkerzen und Musikboxen. Als sich die Prozession in Bewegung setzt, wird das Requiem von Mozart gespielt. Klageweiber – die von anderen Demos bekannten „Omas gegen Rechts“ – schreiten hinter dem Sarg her, ihr gespieltes Schluchzen hallt in den engen Gassen umso lauter. Mit Taschentüchern wischen sie sich falsche Tränen von den Wangen. 

Zu den „Omas gegen Rechts“ gehört auch  Martha K., die von ÖVP-Chef Haslauer enttäuscht ist: „Ich habe ihm wirklich geglaubt und vertraut, als er gesagt hat, er werde nicht mit einer Kickl-FPÖ koalieren.“ Seine Versuche, mit SPÖ und Grünen eine Regierung zu bilden, hält sie inzwischen für „nicht ernst gemeint“.

Lesen Sie auch: Verfassungsschutz: "Omas gegen rechts" in OÖ linksradikal?

Auf dem Weg durch die Innenstadt verliert der Demonstrationszug wenig später für einen Moment die Orientierung. Geht es nun nach links oder nach rechts? Zwei Polizeibeamte, die an der Spitze mitmarschieren und die Route im Kopf haben, helfen aus.

Vorne dabei ist auch Sarah Lena Schlegel, Sprecherin der Protestbewegung: „Dass in Salzburg die inzwischen dritte schwarz-blaue Koalition angelobt wurde, zeigt, dass es in Österreich einen Rechtsruck gibt“, warnt sie.  Die ÖVP öffne dem Rechtsextremismus Tür und Tor. „Und mit Blick auf die Nationalratswahlen haben wir Furcht“ davor, dass FPÖ-Obmann  Herbert Kickl der nächste Bundeskanzler werde.  

Eine Frau hält ein Schild mit der Aufschrift „R.I.P. Anstand“ bei einer Demonstration.

Dieselbe Sorge drücken auch andere Teilnehmer aus. Von einem „Tabubruch“ und einer „Signalwirkung“ ist die Rede. Das Ehepaar Martin und Nora ist mit seinem Kleinkind gekommen. Am Kinderwagen haben sie ein Schild mit der Aufschrift „RIP Anstand“ angebracht: „Es geht um die Zukunft der Kinder, die von einer Regierung aus ÖVP und FPÖ verbaut wird“, sagen sie. 
Viele Schilder sind nicht zu entdecken, eines in Neon-Pink stich jedoch heraus: „Jesus würde links wählen“ ist darauf zu lesen. Patrick und Bernhard, die es vor sich her tragen, sind nicht von einer religiösen Gemeinschaft, sondern einfach Studenten. Den Spruch finden sie schlicht witzig: „Gerade für diesen Anlass, finden wir das passend.“

Ernster werden die jungen Männer, wenn man sie nach der angelobten Koalition fragt: „Es gilt, ein Zeichen zu setzten, dass es nicht normal ist und nie normal sein wird, Rechtsextreme in eine Regierung zu holen.“ Die ÖVP habe sich zu der Koalition hinreißen lassen, obwohl es andere Möglichkeiten gegeben hätte.

Zwei Demonstranten halten Schilder mit politischen Botschaften und Regenbogenfarben.

Sein Ende findet der Trauerzug nach einer Innenstadt-Runde mit einem „Abschiedsschmaus“ vom Anstand vor dem Festspielhaus. Übrigens: Von den vielen namhaften Künstlern, die sich im Vorfeld lautstark gegen Schwarz-Blau ausgesprochen haben, ist keiner gekommen. 

Kommentare