Toni und Eva Mörwald: „Der Gast ist anspruchsvoller geworden“
Ein Gespräch mit dem Powerpaar in der Wiener Eventlocation der Mörwalds im Palais Ferstel.
KURIER: Sie haben in Feuersbrunn, wahrlich keine Metropole, groß ausgebaut. Wie rechnet sich das?
Toni Mörwald: Indem viele Gäste zu uns kommen.
Spüren Sie nicht die Krise der Gastronomie?
Toni: Das können wir so nicht behaupten. Wer in den Jahren nach Corona investiert und nach vorne geschaut hat, dem geht’s heute besser.
Frau Mörwald, Sie waren das einzige Mädchen in der HTL im Fach Maschinenbau und haben dann gemeinsam mit Ihrer Schwester den elterlichen Betrieb für Bäckereimaschinen geführt. Wie schwierig war es, das für die Firma Ihres Mannes aufzugeben?
Eva: Es war schon eine Umstellung, weil ich ja weder gelernte Wirtin noch gelernte Hoteliersfrau bin. Im Maschinenbau war der Gegenstand komplizierter, und die Kunden waren einfacher. In der Gastronomie ist es genau umgekehrt. Da ich mich davor schon mit Verkauf beschäftigt habe, habe ich das auch hier übernommen – bis heute. Seit 20 Jahren bin ich nun dabei, also quasi ein „alter Hase“.
Toni: Und ich schon 37 Jahre.
Sie haben drei Töchter – es gibt also ziemlich viel Mörwald-Frauenpower. Toni: Geht’s den Frauen gut, geht’s mir auch gut. Geht’s einer nicht gut, geht’s mir auch nicht gut.
Streitet man sich nicht manchmal? Auch die Töchter arbeiten schon zeitweise mit.
Eva: Zum Glück haben die Jungen andere Ansichten. Das braucht ein Betrieb unbedingt.
Wie war die Übernahme von Ihren eigenen Eltern?
Toni: Die Familie Mörwald steht seit sieben Generationen für Weinbau und Landwirtschaft. Meine Eltern haben 1971 von einer Tante das Gasthaus bekommen, obwohl sie es gar nicht wollten. Wir Kinder sind im Gasthaus aufgewachsen. Meine Mutter war schon sehr innovativ und hat Kochkurse und Spezialitätenessen in Feuersbrunn veranstaltet. Mir hat das gut gefallen, daher bin ich in die Hotelfachschule gegangen, statt Bauer zu werden. 1984 habe ich begonnen, für Reinhard Gerer zu arbeiten, der gerade sein Restaurant Korso im Wiener Hotel Bristol aufgesperrt hat. Eine sehr tolle Zeit! International habe ich mir sehr viel angeschaut, um zu Hause immer das eine Quäntchen voran zu sein.
Ist es für die Ehefrau nicht manchmal schwierig, in seinem Schatten zu stehen?
Eva: In der zweiten Reihe scheint die Sonne vielleicht nicht so intensiv. Aber wenn der Wind kommt, weht er auch nicht so stark.
Zum ausführlichen "Salon Salomon" mit Toni und Eva Mörwald
Apropos Gegenwind: Es gab finanziell schwierige Zeiten bei Ihnen, und nicht alle Projekte waren erfolgreich, wie das Luxusrestaurant im Hotel Ambassador am Neuen Markt oder die Gastronomie im Kloster „Und“ in Krems. Toni Mörwald, sind Sie ein Stehaufmännchen?
Toni: Beides waren sehr erfolgreiche Projekte, wir haben unsere Verträge erfüllt und Maßstäbe gesetzt, aber nicht verlängert. Schauen Sie mal, was nach uns gekommen ist. Es sind zwei nicht einfache Standorte. In 37 Jahren Unternehmerschaft erlebt man Höhen und Tiefen, das gehört dazu.
Es hat gelegentlich geheißen, dass Sie das Land Niederösterreich finanziell auffangen musste.
Toni: Wenn ich alles glauben würde, was die Zeitungen schreiben, dann würde ich an mich auch nicht mehr glauben. Wir haben Förderungen für unsere touristischen Projekte bekommen, so wie jeder andere auch.
Seit 1993 kochen Sie jeden Sommer in Grafenegg. Wer hat Sie da unterstützt?
Toni: Der Fürst Metternich hat uns geholt mit den Worten: „Herr Mörwald, kommen Sie zu mir. Ich habe ein Schloss und kann nicht kochen. Sie können kochen, haben aber kein Schloss.“ Er hat eine unheimliche Hartnäckigkeit. Damit hatten wir plötzlich einen zweiten Standort.
Nie schlaflose Nächte wegen Geschäftssorgen?
Eva: Wir haben beide einen guten Schlaf – was aber nicht heißt, dass man sich nicht manchmal Gedanken macht.
Kann man so einen Betrieb nur als Familienunternehmen führen?
Eva: Nein. Aber in Familienbetrieben ist eine strenge Hierarchie noch wichtiger.
In den Küchen der Spitzengastronomie herrscht oft ein sehr rauer Ton.
Toni: Da hat sich vieles geändert, der Umgang mit Mitarbeitern ist insgesamt anders als vor 30 bis 40 Jahren.
Weil die Mitarbeitersuche schwieriger geworden ist?
Toni: Und weil es ohne Wertschätzung keine Wertschöpfung gibt. Vor 40 Jahren reichte es, gut zu kochen, damit die Gäste kamen. Dann musste auch das Lokal schön sein. Dazu gesellte sich die Weinkompetenz. Außerdem gute Mitarbeiter, die wie in einem Orchester dirigiert werden müssen.
Kochen die Leute eigentlich wieder selbst?
Toni: Der Gast ist wesentlich anspruchsvoller geworden, weil er sich auch selbst mehr mit dem Kochen beschäftigt.
Eva: Und das Kochen verändert sich ja auch dauernd, siehe den Airfryer-Hype.
Toni: Mein Credo: „Essenszeit ist Lebenszeit. Wer keine Zeit zum Essen hat, hat keine Zeit zum Leben.“ Wir bieten Lebensfreude. Wer gemeinsam isst, spricht miteinander. Direkte, persönliche Kommunikation ist in Zeiten des digitalen Austausches das Wertvollste. Wir kaufen außerdem nur Lebensmittel von Menschen, die wir kennen.
Wie wichtig sind Hauben und Sterne? Und wie objektiv sind die Tester?
Eva: In der öffentlichen Wahrnehmung ist es schon sehr wichtig für die Lokale.
Toni: Früher wurde nur etwas über Lokale veröffentlicht, die berichtenswert waren. Heute ist es schon eine Sensation, wenn eines neu aufsperrt. Aber es braucht Zeit und Reife, bis man eine gewisse Qualität erreicht.
Wie wichtig sind Influencer?
Toni: Damit werden neue Zielgruppen angesprochen.
Gastronomie ist einer der Haupttreiber der Teuerung. Mittlerweile ist Wien nicht billiger als Paris oder Zürich.
Toni: Wir zahlen höhere Löhne und haben höhere Betriebskosten. Warum soll es bei uns billiger sein? Die Gastronomie hat nachgezogen.
Eva: In Frankreich und Deutschland sind Lebensmittel günstiger als in Österreich.
Wie zufrieden sind Sie mit dem Bürokratieabbauprogramm von Staatssekretär Sepp Schellhorn?Toni: Gar nicht. Weil nix passiert. Ich vermisse Leadership in der Politik. Es gibt Themen, die jeder kennt, die muss man durchziehen, und zwar jetzt.
Eva: Der Herr Schellhorn wüsste ja eigentlich, was zu tun ist.
Toni: Schade, wir leben nämlich eigentlich in einem unglaublich tollen Land. Ich komme gerade mit viel Mut, Innovation, Lebensfreude aus den USA zurück. Das fehlt mir bei uns. Bei uns wird eher das Nichtstun geschätzt.
Sie haben durchaus ein Naheverhältnis zur Politik: Sagen Sie es der Landeshauptfrau doch persönlich!
Toni: Das sind Gäste, die wollen wir nicht anjammern.
Mörwald-Imperium:
Der 4-Hauben- und Sternekoch Toni Mörwald formte das elterliche Gasthaus in Feuersbrunn am Wagram in ein prämiertes Gourmetrestaurant um und übernahm gemeinsam mit seiner Frau Eva u. a. das Restaurant sowie das Catering im nahen Schloss Grafenegg . Er betreibt das „Palazzo“ in Wien und hat in Feuersbrunn den Hotelbetrieb stark erweitert, eine Weinhandlung und Chalets neu errichtet.
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