Warum Kinder das Armutsrisiko von Frauen signifikant erhöhen

Eine Mutter hält ihr Kind am Fenster und berührt die Heizung.
Frauen in Österreich sind stark vom Haushaltseinkommen abhängig. Kinder erhöhen das Armutsrisiko signifikant. Der Staat leistet wenig für Ausgleich.

Jede dritte Frau in Österreich, die in einem gemeinsamen Haushalt mit anderen lebt, ist armutsgefährdet. 

Das zeigt eine von der Caritas in Auftrag gegebene Studie, die erstmals das individuelle Armutsrisiko von Frauen im Vergleich zu Männern in Haushalten untersucht hat. Die Ergebnisse wurden bei einer Pressekonferenz in Wien vorgestellt. "Das tatsächliche Armutsrisiko von Frauen wird stark unterschätzt", hob Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler hervor.

Frauen stark vom Haushaltseinkommen abhängig

Bisherige Armutsmessungen basieren auf dem Haushaltseinkommen, wobei angenommen wird, dass dieses gleichmäßig verteilt wird, erklärte Studienleiterin Katrin Gasior von Southern African Social Policy Research Insights (SASPRI). In der Realität sei die Verteilung der Einkommen aber ungleich und bedinge dadurch auch finanzielle Abhängigkeiten.

Erst die individuelle und geschlechtsspezifische Betrachtung mache die finanziellen Ungleichheiten und Unsicherheiten von Frauen sichtbar, so die Studienautorin: "Wenn wir uns die individuellen Einkommen anschauen, steigt das Armutsrisiko für Frauen ganz stark an, während es bei den Männern gleich bleibt." Das individuelle Einkommen liege bei einem Drittel der Frauen unter der Armutsgrenze. Das verdeutliche: "Wer kein eigenes existenzsicherndes Einkommen hat, bewegt sich auf dünnem Eis", erklärte Tödtling-Musenbichler.

Kinder erhöhen das Armutsrisiko signifikant

Erwerbsarbeit reduziere das Armutsrisiko, aber nur bei Vollzeitarbeit. "Frauen, die Teilzeit arbeiten oder selbstständig sind, sind deutlich schlechter abgesichert". Besonders betroffen sind laut Studienergebnissen daher Frauen mit Kindern, weil diese oft mit einer Reduktion der Arbeitszeit bei Frauen einhergeht. "Bei Männern hat es keine Auswirkungen, weil ihre Partizipation am Arbeitsplatz nicht von Kindern im Haushalt beeinflusst wird.", erklärte die Studienautorin. Zwei Drittel der Pflegearbeit für Kinder oder Angehörige würden laut Tödtling-Musenbichler von Frauen geleistet.

Staat leistet wenig für Ausgleich

Im zeitlichen Verlauf der letzten zehn Jahre habe der Staat wenig zur Verbesserung der Situation von Frauen beigetragen. Das Sozialsystem trage sogar zur Ungleichheit bei, weil das Einkommen von Frauen geringer sei: Sozialleistungen orientieren sich am individuellen Erwerbseinkommen und wirken daher bei Männern bei Arbeitslosigkeit oder in der Pension stärker armutsmindernd als bei Frauen. Selbstständige - insbesondere Frauen - seien besonders gefährdet, da sie seltener Zugang zu Sozialleistungen haben.

Das Sozialsystem sei immer noch auf das Modell des männlichen Vollzeiterwerbs ausgelegt, sagte Tödtling-Musenbichler. Die Caritas-Präsidentin forderte daher einmal mehr politische Maßnahmen, denn Armut sei eine Folge von ungerechten Strukturen. Neben flächendeckendem Ausbau von Kindergärten und Ganztagsschulen sowie der Schließung aller Gender-Gaps brauche es "eine faire Verteilung und Anerkennung von Care-Arbeit". Diese müsse auch bei der Pensionsberechnung berücksichtigt werden. Denn: "Ist bezahlte Arbeit zwischen Männern und Frauen gleicher verteilt, reduzieren sich die Schieflagen beim Armutsrisiko."

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