Stiefmutter soll drei Kinder misshandelt haben: Neun Jahre Haft

Religiöse Extremisten müssen mit bis zu zwei Jahren Haft rechnen
Mitangeklagter Vater erhielt bedingte Freiheitsstrafe von drei Monaten wegen Körperverletzung und Nötigung.

Am Landesgericht Salzburg ist am Mittwoch eine Frau verurteilt worden, die drei ihrer Stiefkinder jahrelang misshandelt haben soll. Die Frau wurde wegen fortgesetzter Gewaltausübung zu neun Jahren unbedingter Haft verurteilt. Betreffend eines weiteren Kindes wurde sie freigesprochen. Der zweitangeklagte Vater, dem die Staatsanwaltschaft ebenfalls fortgesetzte Gewaltausübung vorgeworfen hatte, wurde wegen Körperverletzung und Nötigung zu drei Monaten bedingt verurteilt.

Die Stiefmutter muss zudem für jedes der drei Kinder 8.000 Euro Teilschmerzensgeld zahlen. Die Urteile sind laut Gerichtssprecher Peter Egger nicht rechtskräftig. Weder die beiden bisher unbescholtenen Angeklagten, die sich nicht schuldig bekannten, noch die Staatsanwaltschaft gaben eine Erklärung dazu ab.

Prozess im Juni gestartet

Der Prozess (Vorsitz Anna-Sophia Geisselhofer) wegen des Vorwurfs der Gewalt in der Erziehung im Zeitraum 2009 bis 2018 startete im Juni des Vorjahres. Der Anklage zufolge sollen vier Kinder im Alter von heute 16 bis 23 Jahren über Jahre hinweg von ihrem Vater und ihrer Stiefmutter misshandelt und wegen Kleinigkeiten drakonisch bestraft worden sein. Die Beschuldigten wiesen im Prozess die Vorwürfe entschieden zurück und meinten, sich die belastenden Aussagen der Kinder nur schwer erklären zu können.

Der Mann ist der leibliche Vater der Kinder. 2006 kam es zur Scheidung von der Mutter, der Angestellte erhielt das alleinige Sorgerecht und zog die Kinder zunächst alleine auf. 2008 zog seine neue Lebensgefährtin bei ihm ein. Nach der Hochzeit sollen die beiden dann einen Erziehungsstil gepflegt haben, der laut Staatsanwältin Ricarda Eder dazu geeignet war, die körperliche und psychische Integrität der Kinder zu beeinträchtigen.

Brutales Vorgehen

So soll es mehrfach die Woche Ohrfeigen gegeben haben. Kinder wurden die Treppe hinunter gestoßen, einer der Buben einen Tag lang mit Klebeband gefesselt. Dazu kamen Kniebeugen und stundenlanges Stehen wie Zinnsoldaten, teilweise bei Kälte im Freien. Als Strafe wurden die Kinder tagelang in ihre Zimmer gesperrt, außerdem soll zumindest ein Sohn für mehrere Stunden nackt an die Wand gestellt worden sein. Davon machten die Eltern Fotos und drohten, die Bilder Freunden der Kinder zu zeigen. Zudem soll der Vater die Kinder mehrmals mit eiskaltem Wasser abgeduscht und den Kopf eines Sohns öfter in die volle Regentonne gedrückt haben.

Die Anklage basiere auf den glaubhaften Angaben der Opfer und werde von Zeugen gestützt, hatte die Staatsanwältin erklärte. Laut einem Gutachten sei nicht abschätzbar, wie die Folgen für die Kinder einmal aussehen werden. "Das mangelnde Urvertrauen wird den Kindern irgendwann einmal zum Nachteil gereichen", zitierte sie aus dem Papier. Den Kindern sei auch gedroht worden, in ein Heim zu kommen, sollten sie die Familie gegenüber dem Jugendamt nicht als perfekt darstellen.

Vorwürfe abgestritten

Die Angeklagten bestritten die Anschuldigungen. "Ich liebe - obgleich diese Anklage da ist - meine vier Kinder. Aber ich verstehe hier viele Sachen nicht", sagte der Mann. Er und seine Frau hätten als Strafen meist Fernseh- und Handyverbote verhängt. Von seiner eigenen Mutter habe er übernommen, die Kinder ein paar Kniebeugen machen zu lassen, wenn ihnen die Bewegung fehlte oder sie als Strafe kurz wie Zinnsoldaten im Raum stehen zu lassen. "Damit sie überlegen können, was sie angestellt haben. Aber das maximal 15 Minuten lang."

Im Leben seiner Kinder habe es nur zwei Ohrfeigen gegeben, und diese nicht aus Gehässigkeit oder Routine. Einmal, 2004, sei seine Ex-Frau dafür verantwortlich gewesen, 2012 seine neue Frau, weil sich ein Sohn damals völlig verantwortungslos verhalten habe. Der Verteidiger des Paares meinte, dass die Familie 16 Jahre lang von einer Expertin des Jugendamts begleitet wurde. "Die hat nichts davon gemerkt, obwohl sie ausdrücklich auf überstrenge Erziehungsmethoden hingewiesen worden ist." Zudem habe eins der vier Kinder ausgesagt, das, was die Geschwister sagen, stimme nicht. Der Anwalt hatte einen Freispruch für seine Mandanten gefordert.

Die Stiefmutter, sie arbeitet in einer Kinderbetreuungseinrichtung, räumte die Ohrfeige ein. Ansonsten verneinte sie jedes einzelne ihr vorgehaltene Delikt. Wie sie sich die Anschuldigungen dann erkläre? Eine Tochter sei immer eifersüchtig gewesen, sagte die Frau. "Das habe ich gespürt. Sie hat sich immer zurückgesetzt gefühlt. Sie hat von mir am wenigsten Zeit und Aufmerksamkeit bekommen." Sie glaube, dass die Tochter ihre Geschwister beeinflusst hat. Der Vater hatte hingegen seine Ex-Frau im Verdacht. "Sie hat den Kindern den Kopf verdreht", sagte er im Prozess.

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