Steirischer Arzt vor Gericht: "Schlimm für eine Kinderseele"

Der zweite Prozessdurchgang startet im Februar 2019
Eduard Lopatka ist erneut wegen des Verdachts des Quälens seiner Kinder in Graz angeklagt.

Schiach g’fragt“, setzt Richter Oliver Graf an und stoppt:  „Was hat gefehlt zum tatsächlichen Umbringen?“

Eduard Lopatka zuckt mit den Schultern. „Die Zeit war zu kurz. Das dauert bei mir fünf, zehn Sekunden. Dann bin ich wieder ganz da.“

„Das“ meint Suizidgedanken. Bis zu 20-mal am Tag habe er darüber nachgedacht, gesteht der Arzt aus der Oststeiermark ein, der wegen eines vorläufigen Berufsverbotes nicht praktizieren darf. Ausgesprochen habe er das ebenfalls, „so vier, fünf Mal“. Auch vor seinen (minderjährigen) Kindern. „Das ist ja schlimm für eine Kinderseele“, merkt der Richter an.
 

Staatsanwalt Christian Kroschl hat einen rechtlichen Ausdruck dafür: Verdacht des Quälens von Unmündigen. „Sie müssen sich vorstellen: Kinder müssen mitansehen, wie sich der Vater einen Schraubenzieher in den Bauch rammt, eine Schlinge um den Hals zieht, eine Schusswaffe an die Schläfe hält“, zählt der Ankläger auf. Diese Vorwürfe kennt man bereits: 2017 stand Lopatka deshalb schon einmal in Graz vor Gericht und wurde freigesprochen.  Das Oberlandesgericht Graz hob diesen Freispruch auf.

Steirischer Arzt vor Gericht: "Schlimm für eine Kinderseele"

Am Dienstag beginnt der Prozess deshalb von vorne. „Der Fall wäre geeignet, zumindest drei Kriminalromane zu füllen“, kommentiert Kroschl. Er selbst hätte auch eine Rolle darin, eine für einen Staatsanwalt ungewohnte: Er wurde nach dem ersten Verfahren von den mutmaßlichen Opfern, den vier Kindern Lopatkas, angezeigt, ebenso der erste Richter Andreas Rom. Kroschl hat den Akt dennoch nicht abgegeben. „Ich hätte es mir nach den ganzen Anfeindungen nicht angetan, noch einmal hier zu stehen, wenn ich nicht von der Anklage überzeugt wäre.“

Reduziert auf ihre Kernbereiche sieht sie so aus: Lopatka soll sich selbst Verletzungen zugefügt haben, etwa mit einem Schraubenzieher , den er sich in den Bauch stieß und den ein Kind entfernen musste. Er soll versucht haben, sich aufzuhängen. Einmal soll er sich auch eine Waffe an die Schläfe gehalten haben. Öfters sei  der Satz gefallen: „Dann kann ich mich gleich umbringen.“ Zwei seiner Kinder sollten ihm auch Medikamente spritzen, der Sohn war damals erst zehn Jahre alt.  „Ich glaube nicht, dass ihm das so geschadet hat, wie Sie das als Richter sehen“, kontert Lopatka entsprechenden Fragen.

Wie ein Ventil

Der 56-Jährige gibt zu, was belegbar ist. Die Suiziddrohungen etwa. Aber keines seiner damals minderjährigen Kinder hätte ihn je  mit der Waffe am Kopf gesehen. „Das steht aber in vier Aussagen von Ihnen“, wirft Richter Graf ein. Lopatka bleibt dabei: Nein, die Kinder hätten davon nichts mitbekommen.  Oder ihn  mit einem Strick um den Hals gesehen. Der wäre ohnedies gerissen, weil er ihn so präpariert habe, beschreibt der Arzt. „Ich wollte nur das Gefühl.“

Die Taten seien für ihn "wie ein Ventil" gewesen. Er schnitt sich mit dem Skalpell, stach Nadeln in den Körper. Einmal rammte er sich einen Schraubenzieher in den Bauch - und machte anschließend ein Foto davon. "Ich habe mir gedacht, das glaubt mir keiner." Wie Rom im ersten Prozess wundert sich auch Richter Graf: "Sind Sie nicht erschrocken, als Sie gesehen haben, was Sie alles mit Ihrem Körper machen?"  -  "Nein, es war für mich wie ein Ventil", antwortet Lopatka. Diese Aktionen seien aber nie in Zusammenhang mit den Selbstmordabsichten gestanden, betont der Angeklagte.

Anders als sein Kollege Rom  plant der  neue Richter  mehr Zeit ein. Am Dienstag wird nur Lopatka befragt, Zeugen kommen erst in den nächsten Verhandlungstagen. An Lopatkas Verantwortung hat sich aber in den vergangenen zwei Jahren nichts geändert: „Nicht schuldig“ beantwortet er die Frage des Richters.

Graf jedoch ist penibel und bohrt nach. Ob es nicht belastend sei für ein Kind, wenn der Papa vom Umbringen rede?  Lopatka stimmt sofort zu, was wiederum den Richter hellhörig macht: „Kann ich das jetzt als Geständnis nehmen? Wenn Sie sagen, ja, das kann ich mir vorstellen, dass das die Kinder gequält hat  - was soll ich mir da denken?“ Die Aussage ihres Mandanten weicht dann wohl der Verteidigerin zu weit von der Linie ab:   „Kein Geständnis“, legt sie fest.

Es wird vertagt.

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