Steckdose statt Benzin: Dieser Oldtimer fährt mit Strom

"George-E" hat weder Tank noch Auspuff
Erst Standgas, dann das Gasgeben beim Beschleunigen: Das typische Geknatter eines alten VW-Käfers ist unverkennbar. Bloß, es kommt vom Band, sozusagen: Martin Sacchetti hat die Geräusche seines Wagens aufgenommen, ehe dieser verstummte. Das Cabrio, Baujahr 1972 und „George“ genannt, ist seit rund einem Jahr ein Elektroauto. Seither heißt es „George-E“.
Sacchetti, gebürtiger Wiener mit Wohnsitz in Niederösterreich, hat sich auf in Österreich kaum bekanntes Terrain gewagt: Er rüstet Oldtimer zu E-Autos um. Die Idee zündete, als er mit einem seiner Oldtimer beim Regenbogencorso in Wien mitfuhr. Das dauernde Stop and Go ist nicht förderlich für den Motor, er überhitzt dabei. Und im Cabrio mitten in den Abgasen von Benzinern oder Dieseln sitzen? Auch nicht so angenehm. „Da habe ich mir gedacht, es muss doch möglich sein, zumindest eine Runde im Oldtimer auch elektrisch fahren zu können“, erinnert sich der 49-Jährige.

Martin Sacchetti sorgt mit dem Käfer für erstaunte Blicke
Eineinhalb Jahre dauerte es, bis Sacchetti den Gewerbeschein für seine spezielle Kfz-Werkstätte hatte, der Schritt vom Angestellten zum Unternehmer war damit vollzogen. „Ich war mehr als 25 Jahre im IT-Bereich bei großen Unternehmen tätig, aber irgendwann hab’ ich von der Branche genug gehabt.“ Seiner Frau gefiel die Idee der Selbstständigkeit ebenso.
„Georges“ Umrüstung begann: Knapp drei Monate dauerte es, aus dem Käfer einen E-Käfer zu machen, der an gängigen Stationen aufgeladen werden kann und eine Reichweite von bis zu 150 Kilometer hat.
Sacchetti übernimmt bei der Umrüstung alles Elektrische, ein Partner baut Verbrennungsmotor, Tank und Auspuffanlage aus, alles andere bleibt im Originalzustand. Der Umbau des Cabrios kostete rund 25.000 Euro, wobei der teuerste Posten die Batterien waren. Und der schwerste: Sie kommen auf 200 bis 250 Kilogramm, während der E-Motor mit knapp 40 Kilogramm nur ein Drittel bis ein Viertel des ausgebauten Verbrennungsmotors wiegt. Derzeit hat Sacchetti einen Porsche 924 sowie einen Suzuki mit Allradantrieb in Arbeit.

Der Käfer nach der Umrüstung
Prototyp „George-E“ ist natürlich ein Blickfang: Polizisten winkten den Niederösterreicher zur Seite, weil sie sich das für E-Autos reservierte Kennzeichen mit grünen Buchstaben und Ziffern nicht so recht an einem offensichtlichen Oldtimer vorstellen konnten. Bei E-Zapfsäulen umrunden Neugierige den Wagen. „Viele sagen dann, ja, eh schön, aber der klingt ja nicht mehr nach Käfer“, schildert Sacchetti. „Dann drück ich auf ein Knopferl und der Sound ist wieder da.“ Dass „George-E“ auch wie ein Porsche oder Motorrad klingen kann, hat sich der Tüftler als Spaß erlaubt. „Ein Käfer, der wie eine Harley klingt. An dem Punkt sind auch die Skeptiker so weit, dass sie sagen, das ist geil.“
Anmeldungen
Derzeit gibt es in Österreich (Stand Ende Juli) rund 61.300 angemeldete Elektroautos. Von Jänner bis Juli wurden 17.337 E-Autos neu zugelassen, im gleichen Zeitraum 2020 waren es 5.869
Bundesländervergleich
Die meisten Neuzulassungen gab es heuer in Oberösterreich (3.430), gefolgt von Niederösterreich (2.941) und Wien (2.886). In der Steiermark gab es 2.328, in Salzburg 1.911, in Tirol 1.562, in Vorarlberg 999, in Kärnten 788 und im Burgenland 492
Wegen seines Elektromotors könnte „George-E “ allerdings bei klassischen Oldtimer-Rallyes nicht mehr gefahren werden. Aber das sei nicht der Punkt, betont Sacchetti. „Da muss man einfach nachdenken, dass es nicht auf den Motor ankommt. Sondern fragen, will ich die Umwelt mit Abgasen belasten oder einfach mit einem schönen Auto fahren?“
Infos: www.voldrive.at
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