"Staatenbund"-Prozess in Graz mit Befragung der "Präsidentin" fortgesetzt

STEIERMARK: PROZESS GEGEN STAATSVERWEIGERER
Angeklagte: "Ich wollte zum Wohle aller Menschen etwas verändern."

Im Grazer Straflandesgericht ist am Mittwoch der Prozess gegen Mitglieder des "Staatenbund Österreich" fortgesetzt worden. Die Neuauflage des Verfahrens war wegen teilweiser Aufhebung des Urteils nötig geworden. Diesmal stehen nur die wichtigsten Punkte, nämlich Teilnahme an einer staatsfeindlichen Verbindung und bei einigen noch versuchte Bestimmung zum Hochverrat auf dem Programm.

Die Chefin des "Staatenbund Österreich" gab sich bei ihrer Befragung freundlich und in keiner Weise beharrlich. Sie erklärte zwar ihre Ideen, machte aber nicht den Eindruck, als wären sie für sie noch lebenswichtig. Gleich zu Beginn wollte sie die drei wichtigsten Element ihres Regelwerks aufzählen, schaffte es aber nicht: "Fällt mir nicht mehr ein, ist auch egal".

"Wer hat den Entschluss gefasst, den Staatenbund zu gründen?", wollte die Richterin wissen. "Ich habe einen Stammtisch gehabt, und da haben wir uns zusammen getan", meinte die 44-Jährige. Bei der verfassungsgebenden Versammlung waren sieben Personen dabei, unterschrieben hatten 360.

Nachdem die Urkunde unterzeichnet war, habe man am Grazer Hauptplatz den "Staat Steiermark" ausgerufen. "Warum nicht gleich Staat Österreich?", interessierte die Vorsitzende. "Wir haben mit der Steiermark angefangen", antwortete die "Präsidentin" eher emotionslos.

"Ein rechtloser Sklave"

Reste des ehemaligen Enthusiasmus wurden hörbar, als sie von der "Lebendmeldung" erzählte. Wer sich nämlich nicht gleich bei der Geburt lebend melden würde, gilt sieben Jahre lang als verschollen und wird dann für tot erklärt, so die Beschuldigte. Damit würde auch das Treuhandkonto, das jeder bei seiner Geburt erhält, verfallen. "Wo ist denn das Treuhandkonto?", fragte die Richterin. "Ich habe es mir ausgedruckt, gleich nach der Lebendmeldung", antwortete die "Präsidentin".

Wer das Geld aber genau besitze, könne sie leider nicht sagen, aber "eigentlich gehört es mir, ich habe es als Baby bekommen", meinte sie. "Ich bin also Ihrer Meinung nach auf die Welt gekommen, galt als verschollen und bin dann für tot erklärt worden", fasste die Richterin zusammen. "Nein, nicht tot, sondern ein rechtloser Sklave", stellte die 44-Jährige ihre Sicht der Dinge dar.

Exekutionen von Häusern

Worüber sie weniger reden wollte, waren die Praktiken mit Autoanmeldungen und Exekutionen von Häuser. Der "Staatenbund" hatte nämlich seinen Mitgliedern eingeredet, sie könnten einmalig 100 Euro zahlen und wären damit die Pflicht-Kfz-Versicherung los. Ein ähnliches System gab es auch für Grundbesitz, was aber niemanden vor einer Exekution bewahrte, wie die "Staatenbund"-Mitglieder am eigenen Leib erfahren mussten.

"Was haben Sie gemacht, wenn jemand Probleme mit Exekution hatte?", fragte die Richterin. "Wir haben auch keine Wunder wirken können", war alles, was die "Präsidentin" zu diesem Thema sagen wollte.

Zusammen mit weiteren zwölf Beschuldigten - von den ursprünglich 14 im ersten Verfahren wurde einer diversionell erledigt - muss sie sich noch bis mindestens Ende Oktober mit diesem Thema auseinandersetzen.

"Präsidentin" ist zurechnungsfähig

Die psychiatrische Sachverständige Adelheid Kastner hat der „Präsidentin“ bescheinigt, zum Tatzeitraum - 2015 bis 2017 - zurechnungsfähig gewesen zu sein. Erst Mitte 2019 veränderte sich der Gesundheitszustand. Seit damals leidet die 44-Jährige an einer schizophrenen Erkrankung. Es bestehe aber „keine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie Handlungen mit schweren Folgen begehen würde“.

Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt. Ein Urteil soll es frühestens am 23. Oktober geben.

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