SPÖ-Graz: Eine neue Chefin soll’s richten

Doris Kampus
Sie werde die Funktion „mit Freude und voller Kraft ausüben“, wenn die Grazer Parteifreunde das wollten, ließ Doris Kampus im August wissen. Da war längst klar, dass zumindest SPÖ-Landesparteichef und Vizelandeshauptmann Anton Lang die Soziallandesrätin als neue Grazer SPÖ-Chefin sehen will. Kampus gilt als seine Wunschbesetzung, autonome Stadtpartei hin oder her. Am Dienstag wurde die 55-Jährige zur geschäftsführenden Parteiobfrau gewählt.
Kampus bleibt aber beruflich im Landhaus, denn eine regierende Funktion hat die SPÖ im Rathaus längst nicht mehr: Die einst mächtige Bürgermeisterpartei flog 2017 aus dem Grazer Stadtsenat und schaffte es auch bei den Wahlen am 26. September 2021 nicht mehr zurück – Spitzenkandidat 2017 und 2021 war SPÖ-Graz-Chef Michael Ehmann. Schon im Wahlkampf 2021 hatte er angekündigt, die Führung der SPÖ Graz abzugeben, wenn er den Stadtratssitz verfehlt – nun folgte der Vollzug.
Ehmann hinterlässt Kampus – sie war schon bisher seine Stellvertreterin – eine Minifraktion, die in Graz nur noch fünftstärkste Kraft im Rathaus ist und vier Gemeinderatssitze hat. Einen davon hält der 47-Jährige, er bleibt auch Klubobmann. Doch der Niedergang der Grazer Roten ist nicht allein Ehmann zuzuschreiben, er zeichnete sich bereits gut zwei Jahrzehnte früher ab. Die SPÖ in Graz wähnte sich – nach fast 18 Jahren unter Alfred Stingl als Chef der Stadt wie Partei – bequem im Amt. Sie übersah, dass schon 1998 – den letzten Wahlen mit dem beliebten Stingl als SPÖ-Spitzenkandidat – bereits ein Drittel aller SPÖ-Stimmen Vorzugsstimmen für den Langzeit-Bürgermeister waren.
2003 überholte dann Siegfried Nagl für die ÖVP die Sozialdemokraten rechts, die KPÖ pirschte sich links heran: Erst unter Ernest Kaltenegger, später unter Elke Kahr besetzten die Kommunisten sozialdemokratischen Themen, wie etwa leistbare Mieten. Die KPÖ füllte diese Felder besser aus als die wegen des Verlusts des Bürgermeisteramtes waidwunde SPÖ, die sich mit parteiinternen Querelen beschäftigte: Seit Stingls Abgang als Parteichef Ende der 1990er-Jahre verbrauchte die SPÖ neun Obleute in Graz, interimistische mitgezählt.
SPÖ stützt Regierung aus KPÖ und Grünen
Doris Kampus ist die Nummer zehn nach Stingl. Obwohl die Grazer SPÖ Einmischungen der Landespartei bisher nicht gerne sah – Franz Voves drückte etwa 2011 Edmund Müller als Stadtparteiobmann durch, der nach sechs Monaten das Handtuch warf – hat Kampus gute Chancen auf Akzeptanz. Nicht nur, weil es kaum Alternativen zu ihr gibt: Sie bringt vor allem Geld mit, das Landesparteichef Lang der maroden Grazer Partei angekündigt hat. Freilich nicht ganz ohne Eigennutz für die Landespartei, die spätestens 2024 Landtagswahlen bestreiten muss – dafür wiederum braucht es eine schlagkräftige Grazer SPÖ.
Lang hat mit Kampus auch eine Vertraute an der Grazer SPÖ-Spitze, einer Partei, deren bisheriger Chef Ehmann eine Koalition mit KPÖ und Grünen einging, ohne selbst ein Regierungsamt zu haben. Diese vier SPÖ-Stimmen machten eine KPÖ-Bürgermeisterin Kahr überhaupt erst möglich. Lang sprach sich gegen die Koalition aus, Ehmann zog sie durch.
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