Sicher unterwegs auf der Piste: Überschätzung ist eine große Gefahr

Wer sich an die Regeln hält, kann den Wintersport sicher genießen.
von Marlene Iser
Am Mittwoch verunglückte ein 14-jähriges Mädchen bei einem Skiunfall in Seefeld in Tirol tödlich. Sie dürfte von der Piste abgekommen und gegen einen Baum geprallt sein. Jede Hilfe kam für sie zu spät.
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Alpinunfälle sind in Österreich keine Seltenheit. Im Jahr 2023 sind 7.877 Menschen bei einer Wintersportart verunfallt, 54 davon sind sogar ums Leben gekommen – ein großer Teil davon beim Skifahren.
"Das meiste passiert durch Unachtsamkeit"
Gerhard Sint kennt die Berge und die Gefahren, die im Winter dort lauern, wie seine Westentasche.
Er ist seit über 40 Jahren Skilehrer, betreibt in St. Johann im Pongau (Salzburg) eine Skischule und ist Obmann des Salzburger Skilehrerverbandes. Er weiß: „Die meisten Unfälle auf den Skipisten passieren durch Unachtsamkeit und überhöhte Geschwindigkeit.“
Alkohol spiele dabei keine große Rolle, betont Sint. Worauf er auch hinweist: Wenn die Wetterverhältnisse passen, sind viele Menschen unterwegs, die die Technik des Skisports nicht beherrschen und sich selbst überschätzen.
Experte empfiehlt Besuch einer Skischule
Darin sieht er auch großen Handlungsbedarf – in dem auch ein hohes Sicherheitspotenzial liegt. Sint empfiehlt Skianfängerinnen und Skianfängern, eine Skischule zu besuchen, wo sie nicht nur die nötige Theorie erlernen, sondern auch über die sichersten und flachsten Pisten geführt werden. Unter den Skifahrern, die sich oftmals überschätzen, verortet Sint auch viele, die noch nie von den FIS-Regeln gehört haben.
1. Rücksicht nehmen: Jeder Skifahrer und Snowboarder muss sich so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt.
2. Beherrschung von Fahrweise und Geschwindigkeit: Jeder muss auf Sicht fahren. Geschwindigkeit und Fahrweise müssen dem Können und den Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte angepasst sein.
3. Wahl der Fahrspur: Der von hinten kommende Skifahrer oder Snowboarder muss seine Spur so wählen, dass er vor ihm fahrende Menschen nicht gefährdet.
4. Überholen: Überholt werden darf von oben oder unten, links oder rechts, aber nur in einem Abstand, der dem Überholten für alle Bewegungen genügend Raum lässt.
5. Einfahren, Anfahren und hangaufwärts fahren: Jeder muss sich vergewissern, dass er ohne Gefahr für sich und andere losfahren kann.
6. Anhalten: Jeder Skifahrer und Snowboarder muss vermeiden, sich ohne Not an engen oder unübersichtlichen Stellen aufzuhalten. Ein Gestürzter muss eine solche Stelle so rasch wie möglich freimachen.
7. Aufstieg und Abstieg: Wer aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss den Rand der Abfahrt benutzen.
8. Beachten der Zeichen: Jeder muss Markierungen und die Signalisation beachten.
9. Hilfeleistung: Bei Unfällen ist jeder Skifahrer und Snowboarder zur Hilfeleistung verpflichtet.
10. Ausweispflicht: Jeder, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss im Falle eines Unfalls seine Personalien angeben.
Diese zehn Regeln des Internationalen Skiverbands FIS (siehe Infobox) „gelten für alle Wintersportler gleichermaßen“, betont das Österreichische Kuratorium für Alpine Sicherheit auf seiner Webseite, „jeder ist verpflichtet, diese zu kennen und einzuhalten“.
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Vorführung der Pistenregeln
Sint, stolzer Besitzer einer Harley Davidson, geht sogar noch einen Schritt weiter. Genauso wie er alle zwei Jahre einen Motorrad-Fahrsicherheitskurs mache, um nicht andere im Straßenverkehr zu gefährden, sollten alle Skifahrer einmal an einer professionellen Vorführung der Pistenregeln teilnehmen, um am Berg bestmögliche Sicherheit für alle gewährleisten zu können.
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Rücksichtnahme und passende Ausrüstung sind wichtig
Darüber hinaus empfiehlt der oberste Salzburger Skilehrer weitere Maßnahmen, die für die Sicherheit aller Skifahrer wichtig sein können. Dazu zählt zum Beispiel die passende Ausrüstung, wie Helme und Rückenprotektoren. Was Sint auch betont, ist die Rücksichtnahme auf andere Pistennutzer, die noch nicht so geübt sind – er denkt dabei vor allem an Kinder und Skianfänger.
Für jene, die abseits der präparierten Pisten unterwegs sind, hat Martin Gurder von der Österreichischen Bergrettung wichtige Tipps parat: Immer gut vorbereitet und ausgerüstet sowie mindestens zu zweit unterwegs sein und stets ein Mobiltelefon mitführen, damit im Notfall Hilfe verständigt werden kann.
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