Wo wird das neue Schwerpunktspital im Weinviertel stehen?

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In keiner anderen Region ändert sich in den nächsten Jahren so viel wie im Weinviertel. Wo Patientinnen und Patienten künftig welche Angebote finden – und wo das neue Klinikum stehen könnte.

Stockerau hat es getan. Korneuburg auch. Und Hollabrunn ebenso. Alle drei Städte haben sich – neben kleineren Gemeinden an den wichtigsten Verkehrsachsen – als Standort für das neue Klinikums Weinviertel Südwest beworben. Dieses soll laut dem Gesundheitsplan 2040+ des Landes Niederösterreich das „moderne medizinische Flaggschiff“ der Region werden. Es ist als Schwerpunktkrankenhaus geplant, den derzeit vorliegenden Expertenplänen zufolge mit 16 Abteilungen.

Stockeraus heißer Kandidat

Der Bevölkerung steht dann das modernste Klinikum der Ostregion mit gebündelter medizinischer Expertise zur Verfügung“, sagt Anna Koppensteiner, Sprecherin der Landesgesundheitsagentur (LGA). Wie viele Betten das neue Haus haben wird, könne man derzeit aber noch nicht sagen – „hier laufen noch die Planungen und Vorarbeiten“, so Koppensteiner. Fest stehe jedoch, dass das Landesklinikum Mistelbach-Gänserndorf trotz des neuen Spitals weiterhin ein Schwerpunktkrankenhaus bleiben soll (siehe unten).

„Wir haben Flächen für das Projekt eingereicht, die im Westen der Stadt liegen“, sagt Stockeraus ÖVP-Bürgermeisterin Andrea Völkl. Die größte Stadt des Weinviertels wird als heißer Kandidat für das neue Klinikum gehandelt. Allen voran deshalb, weil die Stadt eine gute öffentliche Verkehrsanbindung hat sowie am hochrangigen Straßennetz liegt. Geografisch gesehen wäre die Lage der Gemeinde – zwischen Hollabrunn und Korneuburg – für das Einzugsgebiet ideal.

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Kommission soll Standort suchen

Wo das neue Klinikum aber schließlich stehen wird, das werden Experten entscheiden. „Eine Standort-Findungskommission soll den geeignetsten Standort suchen“, erklärt Koppensteiner. Die Kommission wird über den Sommer konstituiert, im Herbst ist eine erste Tagung geplant.

Eine Reihe von Kriterien sollen über die Adresse des neuen Hauses entscheiden: Dazu gehören neben der Lage auch die Höhe der nötigen Investitions- und Betriebskosten sowie eine Eignung aus Sicht der Raumordnung und Flächenwidmung. Wenn alles nach Plan läuft, könnte Ende des Jahres bereits ein Ergebnis vorliegen. Gebaut werden soll das neue Spital jedoch erst langfristig, die LGA rechnet hier mit 15 Jahren.

Doch nichts ist umsonst: Wenn das neue Klinikum kommt, müssen die alten Standorte schließen.

Neue Strukturen wurden bereits geschaffen

Derzeit gibt es Landeskliniken in allen drei Bewerberstädten. Zum Teil wurden schon Umstrukturierungen bei den Abteilungen vorgenommen: So wurde die Geburtenstation in Hollabrunn trotz Protesten geschlossen, die Leistungen werden jetzt im Korneuburger Spital erbracht. Und auch die onkologische Tagesklinik hat Hollabrunn eingebüßt; diese wurde im Landesklinikum Stockerau untergebracht. Die Argumentation der LGA: Durch einen Verband der drei Häuser sollen die vorhandenen Ressourcen besser genutzt werden, um die Behandlungsqualität zu erhöhen.

Neue Gesundheitseinrichtungen 

Im Gegenzug sollen in der Region neue Gesundheitseinrichtungen entstehen – und zwar schon vor dem Bau des neuen Krankenhauses. In Hollabrunn sowie in Korneuburg oder Stockerau sind Primärversorgungseinheiten geplant. In Stockerau wird man sich zudem verstärkt auf Altersmedizin konzentrieren, Akutgeriatrie und Remobilisation werden Schwerpunkte sein. In Hollabrunn sind neben einem neuen Facharzt-Zentrum auch ein Mutter-Kind-Haus sowie ein Pflegezentrum geplant. Ein Notarztstützpunkt soll die Erstversorgung sichern.

Und was ist mit Mistelbach und Gänserndorf? Auch diese beiden Städte sollen im Zuge der Umstrukturierung Primärversorgungseinheiten erhalten. In Gänserndorf würde sich dafür der Standort des medizinischen Zentrums anbieten. Der Gesundheitsplan sieht dort ebenfalls einen Notarzt-Stützpunkt vor.

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Das Spital in Mistelbach könnte Abteilungen abgeben müssen.

Mistelbach fürchtet um sein Spital

Die Mistelbacher sind über die Entwicklung wenig erfreut. Die Formulierung im Übernahmevertrag zwischen dem Land und dem Gemeindeverband Weinviertel Klinikum lässt nämlich keine Zweifel offen: Das Mistelbacher Spital muss ein Schwerpunktkrankenhaus bleiben. „Einvernehmlich festgehalten wird, dass das Land NÖ die Betriebsführung des Weinviertel Klinikums als Schwerpunktkrankenanstalt inkl. der Blutbank und sämtlicher zugehöriger, im vorliegenden Vertrag umschriebenen Einrichtungen übernimmt und daher eine Übernehmensübergabe vorliegt.“ 
Ebenso deutlich liest sich das Zielbild des Gesundheitsplans 2040+, das die Schließung von vier Abteilungen am Landesklinikum Mistelbach zeigt. Augenheilkunde, Neurologie, HNO und Urologie sollen ins neue Klinikum Weinviertel Südwest verlegt werden. Für Mistelbach würde das bedeuten: Das Spital ist per Gesetz – genauer gesagt dem Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz – kein Schwerpunktkrankenhaus mehr. 

187.000 Menschen in ein neues Klinikum

„Das würde einer einseitigen Vertragsänderung durch das Land NÖ gleichkommen“, sagt Ex-Stadtchef Alfred Weidlich. Sein Name findet sich am Ende des Übernahmevertrags aus 2005, damals führte er als Obmann des Gemeindeverbandes Weinviertel Klinikum die Verhandlungen. Er fürchtet durch die Pläne des Gesundheitspakts 2040+ einen „eklatanten gesundheitspolitischen Aderlass“ in der Region – von wirtschaftlichen Nachteilen ganz zu schweigen.
Denn eine Verlegung der Abteilungen würde für rund 187.000 Menschen im östlichen Weinviertel weite Wege ins neue Klinikum bedeuten. Ebenso würde dadurch die Belegschaft deutlich reduziert – Weidlich spricht von rund 400 Personen. Was sich wiederum nachteilig auf die Wirtschaft auswirken würde.

Auf KURIER-Anfrage betont die Landesgesundheitsagentur, dass Mistelbach als Schwerpunktkrankenhaus erhalten bleibe. „Experten haben festgehalten, dass es  zwei  Schwerpunkthäuser im Weinviertel braucht.“ Wie die Leistungen ausgestaltet sind – z. B. als Department, Fachschwerpunkt oder disloziert –, sei noch irrelevant. Derzeit werde im Rahmen des Regionalen Strukturplans Gesundheit  die  „bettengenaue Anzahl der Abteilungen für die nächsten  fünf Jahre“ festgelegt. Versichert wird jedoch, dass man sich  im Rahmen des Gesetzes bewegen werde: „Sonst hätten die Experten das nicht reingeschrieben.“

 

 

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