Salzburg: Geflüchtet und gestrandet im Flussbauhof

Salzburg: Geflüchtet und gestrandet im Flussbauhof
220 Asylwerber haben in den Holzhäusern des Rotes Kreuzes an der Alpenstraße ein Zuhause auf Zeit gefunden.

Die sechs markanten Holzmodulhäuser an der Alpenstraße sind außen ein wenig verwittert, innen erweisen sich die Wohneinheiten für je vier Bewohner als Erfolgskonzept. Es ist ruhig am Areal. Im Büro in einem der Holzhäuser kommt schon vorweihnachtliches Flair auf: Bunte Christbaumkugeln hängen von der Decke. Sogar ein sprechender Weihnachtsmann hat die „Flussbauhof-Zentrale“ vorübergehend bezogen.

220 Menschen leben hier aktuell. Laufend gibt es Wechsel. Die Bewohner stammen aus mehr als 20 Nationen. Es gibt Menschen, die hier schon seit Jahren auf die Entscheidung in ihrem Asylverfahren warten und jene, die schnell weiterziehen können. 35 Bewohner sind noch keine 18 Jahre alt. Nackte Zahlen, die für unzählige menschliche Dramen stehen.

Flüchtlingsquartier mit Bewohnern aus 20 Ländern

„Die größte Gruppe sind derzeit die Syrer“, informiert Hausleiter Stefan Niederreiter. Seit 2015 gehört der studierte Volkswirt zum Team des Salzburger Roten Kreuzes. Er kam, als die Flüchtlingswelle auf ihrem Höhepunkt war, arbeitete zuerst in einer kleineren Unterkunft in Abtenau mit und übernahm dann das Quartier Flussbauhof am südlichen Salzburger Stadtrand unweit der Salzach.

Das Quartier liegt gut: Geschäfte sind in der Nähe, der Radweg an der Salzach ebenso. „Viele besorgen sich gleich mal ein Fahrrad“, erzählt Niederreiter. Es gibt auch keine unmittelbare Nachbarschaft und somit weniger Konfliktpotenzial.

Holzhäuser für Asylbetreuung konzipiert

Die Holzmodulhäuser wurden extra für die Flüchtlingsbetreuung errichtet. Großer Vorteil: „Unsere Bewohner versorgen sich alle selbst. Sie gehen einkaufen, kochen. Da braucht es keinen Caterer“, erzählt Stefan Niederreiter über die Vorzüge. Das Team des Roten Kreuzes leistet hier 24-Stunden-Tage: „In der Nacht geht es vor allem darum, dass es ruhig bleibt“, erzählt Niederreiter.

Dann kommt Soliman bei der Tür herein: „Es gefällt mir gut hier“, ist der 27-jährige Syrer, ein ausgebildeter Mechatroniker, guter Dinge, in Österreich einmal Fuß fassen zu können. Und Stefan? „Er ist einfach wunderbar“, sagt er über die Betreuung.

Viele dramatische Lebensgeschichten

Stefan Niederreiter kennt die vielen tragischen Geschichten und geht täglich die Gratwanderung zwischen Empathie und professioneller Zurückhaltung. „Eine Frau aus Somalia hat bei einem Attentat ihre ganze Familie verloren.“ Es sind Momente, die jeden innehalten lassen. Das Rotkreuz-Team hilft den Bewohnern auch bei Arztterminen, wie jenem Mädchen, das an Schmetterlingskrankheit leidet und wegen des Klinik-Schwerpunktes in ein Salzburger Quartier zugewiesen wurde.

Kritischen Stimmen oder aus der Luft gegriffenen Klischees, das Flüchtlinge im Luxus leben würden, kann Niederreiter mit Fakten begegnen. „Sie bekommen bei uns als Selbstversorger 49 Euro pro Woche ausgezahlt.“ Teure Handys, Gratis-Bustickets oder gar anderer Luxus sei nicht inkludiert. Viele junge Männer wie Soliman würden auch gern sofort arbeiten: „Ich helfe freiwillig, beim Dolmetschen und im Garten.“

Zelte als falscher Weg

Faire Bedingungen für die erste Zeit in der Fremde seien die Basis. Ob Zelte reichen würden? „Das Rote Kreuz hat sich klar dagegen ausgesprochen.“ Man legt hier im Flussbauhof einiges vor und kann über Entscheidungen im Bund nur den Kopf schütteln. Wie im Quartier Kobenzl am Gaisberg, das nicht bewohnbar ist und für das trotzdem Monat für Monat aus Steuergeld Miete gezahlt wird.

Kommentare