Salzburg: Der Schlossherr von Leopoldskron

Alle schätzen ihn als Brückenbauer: Martin Weiss, Ex-Botschafter in den USA und Israel mit langjähriger diplomatischer Erfahrung, steht seit August an der Spitze des „Salzburg Global Seminars“, einer Art Think Tank mit besonderer Geschichte. Schloss Leopoldskron, das einst im Besitz von Festspiel-Gründer Max Reinhardt war, wurde nach dem Krieg von seinen Erben für eine transatlantische, völkerverbindende Idee zur Verfügung gestellt.
„Ist das nicht herrlich hier?“, schwärmt Martin Weiss und blickt über den Leopoldskroner Weiher hinaus. Für ihn ist es auch eine Art Heimkommen. Weiss wuchs in Salzburg auf, besuchte unweit des Schlosses das Akademische Gymnasium und blieb seiner Heimatstadt auch nach der Matura immer verbunden.
Die Pforten des Schlossareals, dessen Eigentümer eine US-amerikanische Stiftung ist, standen in den letzten Jahrzehnten kaum offen: Eine zaghafte Öffnung wurde schon in Gang gesetzt. Er will das noch weiter beschleunigen. Mit Weiss führt erstmals ein Österreicher die Geschäfte, jemand, der die Salzburger Wurzeln stärken und trotzdem die Hand in die ganze Welt ausstrecken soll.
Absolventen aus aller Welt
40.000 Absolventen seit Gründung zählt der „intellektuelle Marshallplan“ von damals schon. „Wir bauen tragfähige Netzwerke auf“, betont Weiss. Persönlichkeiten wie Kristalina Georgiewa, Chefin des Internationalen Währungsfonds, oder US-Außenminister Tony Blinken nahmen im Schloss schon Platz. Berühmt wurden sie aber erst später. Vor- und Querdenker aus allen Kontinenten von Uganda bis China, den USA oder Europa kommen hierher.
„Die Gründungsidee ist heute aktueller denn je“, spricht Weiss die Ukraine-Krise an. Stärke bei den Seminaren zu geopolitischen und vielen weiteren Themen sei es auch, rasch auf brennende Fragen zu reagieren. Im Kalten Krieg wurde hinter den Kulissen gearbeitet, in den 1960er-Jahren war der erste Afroamerikaner zu Gast. Heuer kamen Menschen aus der ukrainischen Zivilgesellschaft – wegen des Krieges vor allem Frauen – nach Salzburg und dachten über die Zukunft nach.
Schwerpunkte setzt das Seminar auch in Asien. Seit Corona sei der Wert persönlicher Treffen hoch. Und Salzburg? „Ein unverbrauchter Ort“, betont Weiss. Nicht zu vergleichen mit Konferenzräumen eines beliebigen Fünf-Sterne-Tempels.
Finanziell steht die Stiftung, die vorwiegend in den USA Gelder lukriert, gut da. 18 Millionen Euro brachte zuletzt eine Kampagne. Stipendien und Renovierungen im Schloss mit Hotel (Suiten und angrenzender Betrieb) werden finanziert.
Sein Herz schlägt auch für die USA
Ein großer Teil Weiss’ weltpolitisch erfahrenen Seele schlägt für die USA: „Ich habe insgesamt 17 Jahre dort gelebt.“ Als Student in Virginia, Generalkonsul von Kalifornien mit bewegenden Momenten wie Österreichs Oscar für den Film „Die Fälscher“ und ab 2019 als Botschafter in Washington.
Ob die weltweite Krisen-Spirale zu stoppen ist? Er bleibe Optimist, so Weiss. Es gebe selbst im Ukraine-Krieg positive Signale. „Putin hat bewusst mit der Drohung eines möglichen Atomkrieges gespielt. Man hat an den Reaktionen dann aber gesehen: Es gibt auch jetzt noch rote Linien auf dieser Welt.“
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