Rekord-Schmerzengeld nach verhängnisvollem Sturz
Herr K. war ein sportlicher Mann. Mehrmals in der Woche fuhr er mit dem Mountainbike. Im Winter ging er Skitouren, er spielte Fußball und Tischtennis. Doch im Jahr 2014 veränderte sich das Leben des Niederösterreichers von einer Sekunde auf die andere. Der damals 53-Jährige stürzte schwer mit dem Mountainbike. Er erlitt eine Querschnittlähmung. Bis ans Ende seines Lebens kann er sich nur noch mit dem Rollstuhl fortbewegen – und auch das nur eingeschränkt. Vor Kurzem bekam er das höchste bisher in Österreich zugesprochene Schmerzengeld zugesprochen: 320.000 Euro.
Das Unglück ereignete sich am 27. Juni 2014. Herr K. (vertreten von Rechtsanwalt Matthias Leitner) war mit seinem Mountainbike auf der Bellevue-Strecke bei Ybbsitz im nö. Mostviertel unterwegs. Er kannte die Strecke gut. Einen kurzen Streckenteil fuhr er abseits des ausgewiesenen Weges. Doch auch das war durchaus üblich, auch bei anderen Mountainbikern. Für den Grundbesitzer, einen Landwirt, war der Abkürzer nie ein Problem.
Gespannte Nylonschnur
Doch dann passierte etwas: Der Landwirt spannte 80 Zentimeter über dem Boden einen neuen Weidezaun für seine Kühe mit einer dünnen Nylonschnur – und der Weidezaun führte auch über den Abschneider.
„Mein Mandant hat die Nylonschnur in letzter Sekunde wahrgenommen. Er hat noch gebremst und ist dann kopfüber runtergefallen“, schildert Anwalt Leitner. Herr K. war sofort bewusstlos. Erst zufällig vorbeikommende Radler setzten die Rettungskette in Gang. Besonders bitter: Herr K. war sonst selbst einer, der Erste Hilfe leistete – er war Ausbildungsleiter des Roten Kreuz.
Schnell war klar: Der Sturz von Herrn K. hätte kaum schlimmer ausfallen können. Seine Halswirbelsäule wurde beschädigt.
Das nachfolgende Gerichtsverfahren ging durch alle Instanzen bis zum OGH. Zuerst wurde festgestellt, wer den tragischen Unfall verschuldet hat. Und das Gericht kam zum Schluss: Immerhin drei Viertel des Verschuldens treffen Herrn K. selbst. Doch immerhin ein Viertel trifft den Grundbesitzer.
Verheerende Folgen
Bei der Bemessung des Schmerzengeldes wurde detailliert angeführt, welche Folgen der Unfall für Herrn K. hat. Er leidet immer wieder an Schmerzen und Spasmen. Seine Atemmuskulatur ist weitgehend gelähmt. Herr K. benötigt Hilfe bei allem. So leisten neben professionellen Pflegediensten auch die Angehörigen Unglaubliches. So müssen sie Herrn K. täglich um drei Uhr Früh auf dem Bett umlagern und mit ihm Bewegungsübungen durchführen.
Das Gericht fand einen ähnlichen Fall aus dem Jahr 2002 – da wurden einem 21-jährigen Mann mit Querschnittlähmung nach einem Unfall 218.018 Euro zugesprochen – im Jahr 2020 wären das valorisiert rund 301.000 Euro gewesen. Herrn K. sprachen sie noch etwas mehr zu.
Herr K. hat es übrigens geschafft, etwas Positives aus diesem Unglück zu machen. Er hält jetzt Vorträge in Schulen. Thema: Krisenbewältigung.
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