Salzburg: Region rebelliert gegen hohe Spritpreise

St. Michael in den Mittagsstunden: An den Zapfsäulen herrscht nur wenig Betrieb. Drei Besucher diskutieren im Shop angeregt. Ein Thema, das sie schon seit Langem auf die Palme bringt: Warum müssen Lungauer beim Tanken bis zu 20 Cent mehr pro Liter hinblättern als Autofahrer in benachbarten Regionen?
"Wenn ich in Vorarlberg oder im Burgenland in einen Supermarkt gehe, kostet es auch gleich viel", schimpft Christian Angerer. Einer seiner Begleiter hat schon den Leberkässemmel-Vergleich angestellt. Fazit: "Da gibt es keine regionalen Preisunterschiede."

Christian Angerer: "Die Spritpreise sind bei uns im Lungau total überhöht."
Große Preisunterschiede innerhalb Salzburgs
1,83 Euro kostet der Liter Diesel an der Zapfsäule gerade. Im Salzburger Zentralraum liegt das Niveau im Vergleich bei rund 1,60 Euro, in Puch-Urstein sind gar nur 1,579 Euro zu zahlen. Die Preissprünge innerhalb des Bundeslandes sind groß: Insgesamt liegt Salzburg derzeit zwar an zweitbilligster Stelle im Österreichvergleich; im Süden gibt es jedoch die deutlichsten Ausreißer. Der ÖAMTC kann nur mit Tanktipps helfen.
Kalt lässt das nur wenige: "Mich betrifft es nicht. Ich habe ein Elektroauto", ist Johann König aus Mauterndorf froh. Und ein deutscher Urlauber, der bei seinem Wagen gerade den Reifendruck überprüft, meint: "Bei uns daheim liegen wir über zwei Euro. Deshalb haben mich die Preise nicht überrascht."
Die Kassierin an der Tankstellenkassa wirkt noch entspannt: Beschwerden würden sich nicht häufen. "Die Leute wissen, dass es nichts nützt, wenn sie uns anjammern." Als letztes Glied in der Tankstellenkette können die Pächter vor Ort beim Preis nicht mitreden.
Geschlossener Protest der 15 Lungauer Gemeinden
Der Lungauer Regionalverband mit allen Gemeinden entschied sich jetzt dazu, die Bundeswettbewerbsbehörde einzuschalten. Beobachtungen wurden über Monate dokumentiert und Fakten gesammelt. Die Entwicklung habe schon lange vor Corona und der Ukraine-Krise begonnen. "Wir haben alles einem Wiener Anwalt, der auf Wettbewerbsrecht spezialisiert ist, übergeben. Die erhöhte Preissituation ist nicht tragbar und nicht nachvollziehbar", informiert Manfred Sampl, Regionalverbandsobmann und ÖVP-Bürgermeister von St. Michael.
"Höchste Eisenbahn, dass etwas passiert", meint Josef Aigner aus St. Michael, der mit seinem Enkerl in der Tankstelle vorbeikommt. Andere glauben wieder, dass es sich nur um leere Versprechen im Landtagswahlkampf handelt. Ein weiterer frustrierter Autofahrer: "Ändern wird sich gar nichts."
Argumentiert wird im Preiskampf schnell einmal mit regionalen Besonderheiten: Die Konkurrenzsituation sei dadurch anders. "Das lasse ich nicht gelten", so Ortschef Sampl. "Wir liegen mitten in Österreich und sind durch die Autobahn bestens angebunden." Auch der vermehrte Umstieg auf Öffis sei im Pendlerbezirk nicht realistisch: "Viele sind bei uns aufs eigene Auto angewiesen."

Josef Aigner mit Enkerl: "Es ist höchste Zeit, dass wir uns wehren!"
Wirtschaftskraft fließt ab
Bürgermeister-Kollege Andreas Kaiser (ÖVP) aus Mariapfarr ergänzt: "Bei Diesel ist der Unterschied extrem. Da fragen wir uns schon, wie das zustande kommt." Durch die günstigeren Preise im Salzburger Pongau oder im angrenzenden Kärnten würden viele das Tanken auch mit einer Einkaufstour verbinden: "So fließt auch Wirtschaftskraft ab und wir tun uns doppelt weh", meint Kaiser.
Weil der Tankprotest in der Bevölkerung über die Jahre immer wieder neu aufflammte, wollen die Bürgermeister jetzt Fakten auf den Tisch legen können. Auch regional vergleichbare Regionen in ganz Österreich wurden nun für die Beschwerde herangezogen. Alle Parteien machten bereits Vorstöße gegen den Tank-Wucher. Bisher aber ohne Erfolg.
Eingabe soll Anfang März erfolgen
Bei der Bundeswettbewerbsbehörde wird die Beschwerde voraussichtlich Anfang März einlangen. Dort wird betont, dass energiebezogene Märkte derzeit prioritär behandelt werden. In einer Untersuchung des Kraftstoffmarkts im Jahr 2022 gab es laut BWB keine Hinweise auf Kartellierungen oder Machtmissbräuche.
Grundsätzlich sind Tankstellen in ihrer Preisbildung frei. Der Wettbewerb bestimmt. Bestes Beispiel: Ein Tankstellenbetreiber mit mehreren Standorten, auch im Flachgau. Lungauer zahlen für ein und dieselbe Tankladung deutlich mehr.
Kommentare