Prozess gegen mutmaßlichen Dschihadisten in Salzburg: "Ich bin unschuldig"

Prozessbeginn gegen einen 28-jährigen Syrer in Salzburg
28-jähriger Syrer soll sich in Syrien der Al-Nusra-Front angeschlossen haben. Urteil für heute erwartet.

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat am Montag in Salzburg der Prozess gegen einen 28-jährigen Syrer begonnen, der sich der islamistischen Rebellengruppe Al-Nusra-Front in Syrien angeschlossen haben soll. Dem Mann wird Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und an einer kriminellen Organisation vorgeworfen. Der Angeklagte hat sich bisher nicht geständig gezeigt.

Prozess gegen mutmaßlichen Dschihadisten in Salzburg: "Ich bin unschuldig"
ABD0022_20160606 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA0078 VOM 6.6.2016 - Prozessbeginn gegen einen 28-jährigen Syrer der sich der islamistischen Rebellengruppe Al-Nusra-Front in Syrien angeschlossen haben soll, am Salzburger Landesgericht, Montag, 6. Juni 2016. Im Bild ein bewaffneter Polizist vor dem Eingang zum Gerichtsgebäude. - FOTO: APA/BARBARA GINDL
Die Al-Nusra-Front kämpft wie die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien für die Errichtung eines islamischen Staates. Sie wird vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als Terrororganisation eingestuft und steht der Terrorgruppe Al-Kaida nahe. Die Al-Nusra-Front kämpft im syrischen Bürgerkrieg gegen die Regierung Bashar al-Assads, aber auch gegen Teile der Freien Syrischen Armee (FSA) und der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG).
Prozess gegen mutmaßlichen Dschihadisten in Salzburg: "Ich bin unschuldig"
ABD0026_20160606 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA0078 VOM 6.6.2016 - Prozessbeginn gegen einen 28-jährigen Syrer der sich der islamistischen Rebellengruppe Al-Nusra-Front in Syrien angeschlossen haben soll, am Salzburger Landesgericht, Montag, 6. Juni 2016. Im Bild: Die Situation vor dem Gericht. - FOTO: APA/BARBARA GINDL

Zuseherbereich mit Gitter abgetrennt

Die Staatsanwaltschaft Salzburg geht davon aus, dass sich der Beschuldigte spätestens ab dem 17. Jänner 2013 in Syrien wissentlich als Mitglied einer terroristischen Vereinigung angeschlossen hat. Der 28-Jährige wurde am Montag von mehreren, zum Teil vermummten Polizisten mit Maschinenpistolen in den Gerichtssaal geführt. Der nur mäßig besetzte Zuseherbereich war mit einem Gitter abgetrennt.

Prozess gegen mutmaßlichen Dschihadisten in Salzburg: "Ich bin unschuldig"
ABD0020_20160606 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA0078 VOM 6.6.2016 - Prozessbeginn gegen einen 28-jährigen Syrer der sich der islamistischen Rebellengruppe Al-Nusra-Front in Syrien angeschlossen haben soll, am Salzburger Landesgericht, Montag, 6. Juni 2016. - FOTO: APA/BARBARA GINDL

In Salzburg festgenommen

Der Angeklagte wurde am 10. Oktober 2015 beim Grenzübergang Saalbrücke in Salzburg festgenommen. Er war zum Zeitpunkt der Festnahme in einer Flüchtlingsunterkunft in Salzburg untergebracht, er hatte in Österreich aber keinen Asylantrag gestellt. Der deklarierte Flüchtling wollte nach Deutschland weiterreisen. Er war an der Grenze von Salzburg nach Freilassing (Bayern) auch als Dolmetscher eingesprungen.

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ABD0023_20160606 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA0078 VOM 6.6.2016 - Prozessbeginn gegen einen 28-jährigen Syrer der sich der islamistischen Rebellengruppe Al-Nusra-Front in Syrien angeschlossen haben soll, am Salzburger Landesgericht, Montag, 6. Juni 2016. Im Bild bewaffnete Polizisten vor dem Eingang zum Gerichtsgebäude. - FOTO: APA/BARBARA GINDL

In Asylquartier mit Kampfhandlungen geprahlt

Vor einigen Personen in der Salzburger Asylunterkunft soll der Syrer damit geprahlt haben, an Kampfhandlungen in Syrien beteiligt gewesen zu sein. Ermittler durchforsteten die elektronischen Geräte des Verdächtigen. Ermittler fanden auf Facebook Bilder, datiert mit Jänner, März und April 2013, die ihn in Kampfweste, mit Sturmgewehr und auch mit einem Barett zeigen, das mit den Insignien der "Jabhat Al Nusra" (Al-Nusra-Front) dekoriert war. Zu sehen waren auch Fahnen der Al-Nusra-Front. Den Fotos angefügt wurden Propaganda-Texte für die Islamistengruppe und den Dschihad.

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ABD0027_20160606 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA0078 VOM 6.6.2016 - Prozessbeginn gegen einen 28-jährigen Syrer der sich der islamistischen Rebellengruppe Al-Nusra-Front in Syrien angeschlossen haben soll, am Salzburger Landesgericht, Montag, 6. Juni 2016. Im Bild: Die Ankunft des Angeklagten im Gericht. - FOTO: APA/BARBARA GINDL

Urteil für Montag erwartet

Im Vorverfahren erklärte der Beschuldigte, dass er mit der Al-Nusra-Front nichts zu tun habe. Er habe sich an humanitären Einsätzen für die Zivilbevölkerung in Syrien beteiligt; die Uniform auf einem Foto sei jene der Freien Syrischen Armee, lautete seine Rechtfertigung. Er ist einer von insgesamt sechs mutmaßlichen Dschihadisten, die in der Salzburger Justizanstalt Puch-Urstein inhaftiert sind und der erste von ihnen, der sich nun am Landesgericht Salzburg verantworten muss. Der Prozess ist vorerst nur für Montag anberaumt. Es wird dann bereits ein Urteil erwartet.

"Ich bin prinzipiell ein Pazifist"

Der Angeklagte beteuerte am Montag vor dem Schöffensenat seine Unschuld. "Ich bin prinzipiell ein Pazifist", ließ der 28-jährige Syrer dem Vorsitzenden des Schöffensenates über einen Dolmetscher ausrichten. Mit der Al-Nusra-Front habe er nichts zu tun, er habe nur mitgeholfen, die Zivilbevölkerung in umkämpften syrischen Gebieten mit Hilfsgütern zu versorgen.

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ABD0028_20160606 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA0078 VOM 6.6.2016 - Prozessbeginn gegen einen 28-jährigen Syrer der sich der islamistischen Rebellengruppe Al-Nusra-Front in Syrien angeschlossen haben soll, am Salzburger Landesgericht, Montag, 6. Juni 2016. Im Bild: Die Ankunft des Angeklagten im Gericht. - FOTO: APA/BARBARA GINDL
Dass er sich gemeinsam mit anderen im Frühjahr 2013 mit Kampfmittelweste, Barett und einer Kalaschnikow bewaffnet vor einer Flagge der Al-Nusra-Front ablichten ließ, das habe er nur deshalb gemacht, um aus einer Stadt, die von der Al-Nusra-Front kontrolliert wurde und in die er mit anderen Leuten Babymilch und weitere Lebensmittel geliefert habe, auch wieder ungeschoren herauszukommen.

"Ich habe mir gedacht, dass, wenn uns die Al-Nusra-Front auf dem Weg aus der Stadt stellt, dann könnten wir ihnen dieses Foto zeigen. Damit wir garantiert aus der Stadt herauskommen", übersetzte der Dolmetscher die Angaben des Beschuldigten, der während seiner Einvernahme eine dunkle Mütze auf dem Kopf trug. "Die Leute, mit denen ich die Lebensmittel in die Stadt brachte, hatten Angst um ihr Leben." Die Intention für dieses Lichtbild sei gewesen: "Ich trage diese Sachen, um zu beweisen, dass ich mich zu dieser Gruppe bekenne und dass man uns nichts antun kann."

Bevor er die Lebensmittel in die Stadt gebracht habe, sei er bei einem Checkpoint an der Stadteinfahrt quasi unter Druck gesetzt worden, er müsse einer "Organisation" angehören, nur dann dürfe er hinein, schilderte der Syrer. Und als er dann die Hilfsgüter hineinbringen wollte, sei ihm vorgeworfen worden, er sei ein Assad-Anhänger und kein Moslem. "Ein Jugendlicher sagte zu mir: 'alles was du sagst ist eine Lüge'. Sie haben mir auf den Kopf geschlagen", erklärte der Syrer und deute auf seine Haube.

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ABD0019_20160606 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA0078 VOM 6.6.2016 - Prozessbeginn gegen einen 28-jährigen Syrer der sich der islamistischen Rebellengruppe Al-Nusra-Front in Syrien angeschlossen haben soll, am Salzburger Landesgericht, Montag, 6. Juni 2016. - FOTO: APA/BARBARA GINDL
Wie nun dieses Foto auf Facebook kam, wollte der Vorsitzende wissen. Das habe seine Familie so beschlossen, antwortete der Beschuldigte. Er habe seine Schwester gebeten, das Bild zu entfernen, er selbst kenne sich da technisch nicht so gut aus. Mit den Kommentaren, die unter den Postings standen, zum Beispiel "Wenn Gott es will, sollst du als Märtyrer sterben", wie der Staatsanwalt dem Angeklagten vorhielt, "habe ich nichts zu tun", beteuerte der Syrer. Er habe damals gewusst, dass die Mitglieder der Al-Nusra-Front "nicht in Ordnung" seien, Bomben legen würden und Selbstmordattentäter seien. Mit der freien syrischen Armee habe er schon zusammengearbeitet, sagte der 28-Jährige.

Zu Beginn seiner Einvernahme erläuterte der Angeklagte, dass er bis 2008 in Syrien studiert habe und daneben auch verschiedene andere Tätigkeiten, beispielsweise für eine Disco, ausübte. "Wir haben damals gut gelebt." Als im März 2013 die Revolution in Syrien ausgebrochen sei, sei er noch Befürworter des syrischen Regimes gewesen, weil der Preis dieser Revolution sehr hoch gewesen wäre, so der Angeklagte. "Dann hat das Regime angefangen, eine Politik der verbrannten Erde zu verbreiten. Da habe ich meine Meinung geändert, ich war gegen das syrische Regime. Die syrische Armee hat Bomben auf meine Heimatstadt geworfen und unschuldige Menschen getötet."

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ABD0025_20160606 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA0078 VOM 6.6.2016 - Prozessbeginn gegen einen 28-jährigen Syrer der sich der islamistischen Rebellengruppe Al-Nusra-Front in Syrien angeschlossen haben soll, am Salzburger Landesgericht, Montag, 6. Juni 2016. - FOTO: APA/BARBARA GINDL
Verfahrenshelfer Martin Lebitsch sagte, der Syrer habe die Kriegssituation nicht mehr ausgehalten und sei geflüchtet. Die Fotografien auf Facebook per se würden nicht belegen, dass er eine Organisation mit terroristischem Hintergrund unterstützt habe. "Er sagte, dass er seinen Facebook-Account teilweise nicht unter Kontrolle hatte. Die Lichtbilder sind auch relativ am Anfang der Chronik auf Facebook zu finden."

Dass es sich bei dem Prozess um eine Terrororganisation drehte, belastete offenbar alle Beteiligten. Der Vorsitzende bat vor Beginn der Verhandlung die Medienvertreter, keine Fotos von den Mitgliedern des Schöffensenates abzubilden. Er und auch der Staatsanwalt ersuchten, ihre Namen nicht zu nennen. Der Angeklagte erkundigte sich, ob von ihm Ton- und Bildaufnahmen aufgezeichnet werden. "Ich bin bereit, offen zu sprechen. Es kann sein, dass ich aber Informationen preisgebe, die meiner Familie in Syrien Schaden bringen."

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