Prozess gegen mutmaßlichen Dschihadisten in Salzburg: "Ich bin unschuldig"

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat am Montag in Salzburg der Prozess gegen einen 28-jährigen Syrer begonnen, der sich der islamistischen Rebellengruppe Al-Nusra-Front in Syrien angeschlossen haben soll. Dem Mann wird Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und an einer kriminellen Organisation vorgeworfen. Der Angeklagte hat sich bisher nicht geständig gezeigt.


Zuseherbereich mit Gitter abgetrennt
Die Staatsanwaltschaft Salzburg geht davon aus, dass sich der Beschuldigte spätestens ab dem 17. Jänner 2013 in Syrien wissentlich als Mitglied einer terroristischen Vereinigung angeschlossen hat. Der 28-Jährige wurde am Montag von mehreren, zum Teil vermummten Polizisten mit Maschinenpistolen in den Gerichtssaal geführt. Der nur mäßig besetzte Zuseherbereich war mit einem Gitter abgetrennt.

In Salzburg festgenommen
Der Angeklagte wurde am 10. Oktober 2015 beim Grenzübergang Saalbrücke in Salzburg festgenommen. Er war zum Zeitpunkt der Festnahme in einer Flüchtlingsunterkunft in Salzburg untergebracht, er hatte in Österreich aber keinen Asylantrag gestellt. Der deklarierte Flüchtling wollte nach Deutschland weiterreisen. Er war an der Grenze von Salzburg nach Freilassing (Bayern) auch als Dolmetscher eingesprungen.

In Asylquartier mit Kampfhandlungen geprahlt
Vor einigen Personen in der Salzburger Asylunterkunft soll der Syrer damit geprahlt haben, an Kampfhandlungen in Syrien beteiligt gewesen zu sein. Ermittler durchforsteten die elektronischen Geräte des Verdächtigen. Ermittler fanden auf Facebook Bilder, datiert mit Jänner, März und April 2013, die ihn in Kampfweste, mit Sturmgewehr und auch mit einem Barett zeigen, das mit den Insignien der "Jabhat Al Nusra" (Al-Nusra-Front) dekoriert war. Zu sehen waren auch Fahnen der Al-Nusra-Front. Den Fotos angefügt wurden Propaganda-Texte für die Islamistengruppe und den Dschihad.

Urteil für Montag erwartet
Im Vorverfahren erklärte der Beschuldigte, dass er mit der Al-Nusra-Front nichts zu tun habe. Er habe sich an humanitären Einsätzen für die Zivilbevölkerung in Syrien beteiligt; die Uniform auf einem Foto sei jene der Freien Syrischen Armee, lautete seine Rechtfertigung. Er ist einer von insgesamt sechs mutmaßlichen Dschihadisten, die in der Salzburger Justizanstalt Puch-Urstein inhaftiert sind und der erste von ihnen, der sich nun am Landesgericht Salzburg verantworten muss. Der Prozess ist vorerst nur für Montag anberaumt. Es wird dann bereits ein Urteil erwartet.
"Ich bin prinzipiell ein Pazifist"
Der Angeklagte beteuerte am Montag vor dem Schöffensenat seine Unschuld. "Ich bin prinzipiell ein Pazifist", ließ der 28-jährige Syrer dem Vorsitzenden des Schöffensenates über einen Dolmetscher ausrichten. Mit der Al-Nusra-Front habe er nichts zu tun, er habe nur mitgeholfen, die Zivilbevölkerung in umkämpften syrischen Gebieten mit Hilfsgütern zu versorgen.

"Ich habe mir gedacht, dass, wenn uns die Al-Nusra-Front auf dem Weg aus der Stadt stellt, dann könnten wir ihnen dieses Foto zeigen. Damit wir garantiert aus der Stadt herauskommen", übersetzte der Dolmetscher die Angaben des Beschuldigten, der während seiner Einvernahme eine dunkle Mütze auf dem Kopf trug. "Die Leute, mit denen ich die Lebensmittel in die Stadt brachte, hatten Angst um ihr Leben." Die Intention für dieses Lichtbild sei gewesen: "Ich trage diese Sachen, um zu beweisen, dass ich mich zu dieser Gruppe bekenne und dass man uns nichts antun kann."
Bevor er die Lebensmittel in die Stadt gebracht habe, sei er bei einem Checkpoint an der Stadteinfahrt quasi unter Druck gesetzt worden, er müsse einer "Organisation" angehören, nur dann dürfe er hinein, schilderte der Syrer. Und als er dann die Hilfsgüter hineinbringen wollte, sei ihm vorgeworfen worden, er sei ein Assad-Anhänger und kein Moslem. "Ein Jugendlicher sagte zu mir: 'alles was du sagst ist eine Lüge'. Sie haben mir auf den Kopf geschlagen", erklärte der Syrer und deute auf seine Haube.

Zu Beginn seiner Einvernahme erläuterte der Angeklagte, dass er bis 2008 in Syrien studiert habe und daneben auch verschiedene andere Tätigkeiten, beispielsweise für eine Disco, ausübte. "Wir haben damals gut gelebt." Als im März 2013 die Revolution in Syrien ausgebrochen sei, sei er noch Befürworter des syrischen Regimes gewesen, weil der Preis dieser Revolution sehr hoch gewesen wäre, so der Angeklagte. "Dann hat das Regime angefangen, eine Politik der verbrannten Erde zu verbreiten. Da habe ich meine Meinung geändert, ich war gegen das syrische Regime. Die syrische Armee hat Bomben auf meine Heimatstadt geworfen und unschuldige Menschen getötet."

Dass es sich bei dem Prozess um eine Terrororganisation drehte, belastete offenbar alle Beteiligten. Der Vorsitzende bat vor Beginn der Verhandlung die Medienvertreter, keine Fotos von den Mitgliedern des Schöffensenates abzubilden. Er und auch der Staatsanwalt ersuchten, ihre Namen nicht zu nennen. Der Angeklagte erkundigte sich, ob von ihm Ton- und Bildaufnahmen aufgezeichnet werden. "Ich bin bereit, offen zu sprechen. Es kann sein, dass ich aber Informationen preisgebe, die meiner Familie in Syrien Schaden bringen."
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