Polizeischule als Asylquartier? Ministerium macht den Fehler nicht noch einmal

2015 musste in Traiskirchen eine Zeltstadt errichtet werden
Die Bilder von überfüllten Zeltstädten und Menschen, die im Krisenjahr 2015 in Österreich im Freien schlafen mussten, sind noch allgegenwärtig. Die Migrationswelle brachte damals einen Rekord von fast 89.000 Asylanträgen. Ein Wert, der im heurigen Jahr locker übertroffen wird. Bis Ende August haben laut KURIER-Informationen bereits knapp 56.000 Menschen (die offiziellen Zahlen liegen noch nicht vor) einen Asylantrag gestellt und monatlich kommen derzeit laufend mehr als 10.000 dazu. Ergibt bis Jahresende fast 100.000 Anträge.
Das größte Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen (NÖ) ist mit durchschnittlich 1.800 Insassen so gut wie voll und das Innenministerium sucht händeringend nach zusätzlichen Quartieren. Vor diesem Hintergrund sorgt ein brisantes Schreiben aus Wien seit Tagen für Alarmstimmung auf Polizeidienststellen von Eisenstadt bis Dornbirn.

Traiskirchen im Bezirk Baden ist die größte Erstaufnahmestelle Österreichs. Derzeit schwanken die Belagszahlen hier zwischen 1.600 und 1.800 Asylwerbern
Bettensuche
Der Generalsekretär im Innenministerium (BMI), Helmut Tomac, sucht nach Betten für Asylwerber. An sämtliche Stellen ist über die fünf Sektionen des BMI deshalb ein Erhebungsauftrag ergangen, freie Gebäude, Zimmer und andere Räumlichkeiten im Ministerium zu melden, in denen man rasch Flüchtlinge unterbringen könnte. Schon kommende Woche werden diesbezüglich auch Gespräche mit den anderen Ministerien geführt, ob es dort Verfügbarkeiten gibt.
Diese Erhebungen sorgen mitunter für Irritationen und Verstimmung. In der Polizei-Sicherheitsakademie (SIAK) in Traiskirchen war deshalb diese Woche Feuer am Dach. Die Polizeischule liegt in unmittelbarer Nähe des Flüchtlingslagers. In Gesprächen wurde bei den Polizeischülern erhoben, wer sein Zimmer räumen und irgendwo auswärts ein Quartier beziehen könnte.
Die angehenden Beamten sahen sich bereits ihre Koffer packen, es rumorte in der Akademie. Auch die Personalvertretung wurde eingeschaltet. Von der Landespolizeidirektion Niederösterreich abwärts gibt es eine massiv ablehnende Haltung, nochmals Flüchtlinge in der Polizeischule unterzubringen, heißt es dazu von höchster Stelle in St. Pölten.
Waffenarsenal und Schießstätte
Zu negativ waren die Erfahrungen aus 2015, erklären Martin Noschiel, FSG-Vertreter im Zentralausschuss des BMI und Hannes Luef, oberste FCG-Polizeigewerkschafter in NÖ. „Wir bekommen kein Personal. Was wäre das für ein Signal, den jungen Polizeischülern den Platz wegzunehmen und stattdessen dort Flüchtlinge unterzubringen? Ein klares Nein dazu“, sagt Noschiel. Noch dazu, wo sich mit dem neuen Einsatztrainingszentrum eine hochsensible Einrichtung mit Waffenarsenal, Schießstätten etc. fußläufig am gleichen Gelände befindet.
Bäder demoliert
Im Büro von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) versucht man in der Causa zu kalmieren. Man werde sicher nicht denselben Fehler wie 2015 machen, erklärt ein Sprecher. Damals habe sich gezeigt, dass sich eine Polizeischule nicht für diese Art von Beherbergung eigne. Das Gebäude war nach der mehrmonatigen Unterbringung „ein Sanierungsfall“. Leitungen waren aus den Wänden gerissen, Bäder demoliert und die Einrichtung beschädigt.
Nichtsdestotrotz suche man dringend geeignete Plätze. Deshalb sei auch die SIAK von der Erhebung betroffen gewesen.
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