Wie die Polizei in Österreich künftig Hunderte Orte überwachen will

ABD0008_20170816 - ARCHIV - Am einem ehemaligen Dienstgebäude der Deutschen Bundesbank in Dresden (Sachsen) ist am 18.05.2015 eine Kamera zur Video- Überwachung zu sehen. Markus Ulbig (CDU) informiert sich über das Projekt zur Videoüberwachung zur vorbeugenden Bekämpfung der grenzüberschreitenden Eigentumskriminalität in Görlitz. (zu dpa «Projekt zur Videoüberwachung in Görlitz» vom 16.08.2017) Foto: Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Bisher schaute das elektronische Auge der Polizei nur an ausgewählten Kriminalitäts-Hotspots mit. Wie sinnvoll die Maßnahme ist, lässt sich schwer bewerten.

Zwei Kameras sind seit vier Jahren am Reumannplatz installiert. Sie sind an Lichtmasten befestigt, schwenkbar – und überwachen das Geschehen auf dem Platz, der in Wien als Kriminalitäts-Hotspot gilt.

Die Ankündigung von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), den öffentlichen Raum ab sofort stärker zu überwachen, kommt beim KURIER-Lokalaugenschein am Montag hier gut an. „Ich finde es gut, dass mehrere Plätze videoüberwacht werden“, sagt eine ältere Dame, die direkt unter einer der Kameras sitzt. Zweimal sei sie schon überfallen worden.

Auch eine junge Frau, die gerade aus der U-Bahnstation kommt, spricht sich für die neue Maßnahme aus. „Da fühlt man sich einfach sicherer. Es muss halt gut gekennzeichnet sein, damit die Täter auch abgeschreckt werden“, sagt sie.

Aufklärungsquote erhöhen

Das soll laut Innenministerium (BMI) auch das Primärziel der ausgedehnten Videoüberwachung sein – Prävention. Dadurch sollen Straftaten vor allem bei besonderen Objekten wie Botschaftsgebäuden oder Kriegsgräber verhindert werden, Kriminalitätsbrennpunkte eingedämmt und die Aufklärungsquote von Straftaten erhöht werden.

Der Weg zur Überwachung

Karner hat am Sonntag den Erlass präsentiert, mit dem Hürden für die Videoüberwachung abgebaut werden. Bisher durften nur bestehende Hotspots überwacht werden. Nun reicht es, wenn aufgrund einer sicherheitspolizeilichen Einschätzung künftige Straftaten prognostiziert werden.

Wie aber wird ein öffentlicher Platz nun konkret zu einem videoüberwachten Ort? Zunächst wird die Kriminalitätsentwicklung beobachtet, es fließen Rückmeldungen aus der Bevölkerung ein. Die Ergebnisse werden von Bezirkshauptmannschaften oder Magistraten in Einsatzkonzepte zusammengefasst und der Polizei vorgelegt.

Diese Orte werden videoüberwacht.

„Diese werden von der Landespolizeidirektion möglichst rasch bewertet. Die Ergebnisse werden dem BMI übermittelt, konkret der Bundespolizeidirektion und dem Bundeskriminalamt“, sagt ein Ministeriumssprecher. Das Ministerium befasst den Rechtsschutzbeauftragten und informiert die Behörden anschließend darüber, ob eine Videoüberwachung installiert wird. Die Kosten? Unklar.

Karner sprach am Sonntag jedenfalls von einer „dreistelligen Zahl neuer Überwachungspunkte“. Das heißt: Künftig könnten Hunderte Plätze im ganzen Land videoüberwacht werden.

Erste Wünsche aus den Bundesländern

Welche Orte betroffen sind, steht noch nicht fest. Erste Wünsche aus den Bundesländern gibt es aber bereits: Der Wiener Neustädter SPÖ-Vizebürgermeister Rainer Spenger schlug gleich am Montag den Hauptbahnhof vor. Für Linz wünscht sich Sicherheitsstadtrat Michael Raml (FPÖ) weitere Kameras beim Hauptbahnhof, im Volksgarten oder auch beim Krempl-Hochhaus. Auch in Wels sollen weitere Teile der Innenstadt überwacht werden, heißt es von Bürgermeister Andreas Rabl (FPÖ).

Was bringt die Videoüberwachung? Bisher gibt es österreichweit knapp mehr als 20 Orte, an denen die Polizei Kameras installiert hat (Details siehe Grafik). Wie effektiv diese sind, ist schwer an Zahlen festzumachen, heißt es von mehreren Landespolizeidirektionen auf KURIER-Anfrage.

So etwa in der Steiermark: „Konkrete statistische Auswertungen zu einzelnen Plätzen oder Bereichen der Stadt Graz liegen nicht vor“, heißt es auf Anfrage. Präventionsmaßnahmen seien generell schwer an Zahlen festzumachen, da man nicht geschehene Straftaten nicht messen könne, ergänzt das BMI.

Mord im toten Winkel

In den Bundesländern hat man unterschiedliche Erfahrungen mit der Videoüberwachung gemacht. Der Parkplatz der Shopping City Süd war 2005 etwa der erste Ort Österreichs mit einer Videoüberwachung nach dem Sicherheitspolizeigesetz. Ausschlaggebend für die Installation war eine extrem hohe Zahl an Autodiebstählen, Kfz-Einbrüchen und anderen Delikten. Die Autoeinbrüche seien abrupt um 80 Prozent zurückgegangen und auf niedrigem Niveau geblieben, resümierte man damals.

In Innsbruck gibt es seit 2005 eine Videoüberwachung in der Bogenmeile. Im Jahr 2018 wurde genau dort ein 21-jähriger Vorarlberger ermordet – allerdings im toten Winkel der Kamera. Sie zeichnete aber die Flucht des Täters auf und führte die Polizei so über Umwege zum Mörder.

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