Polizei will Clankriminalität im Auge behalten

Polizisten einer Spezialeinheit stehen vor der Tür. „Po-li-zei!“ schreien sie und brechen die Tür auf. Frauen schreien, Männer gestikulieren wild, treten bedrohlich auf die Polizisten zu. In dem Haus sind Dutzende Waffen versteckt. Zugespitzte Metallstäbe, die als Stichwerkzeug dienen sollen, Messer in Verstecken überall. Die Polizei ist mit einem riesigen Aufgebot vor Ort. „Ein polizeiliches Übergewicht ist wichtig. So schnell kannst du nicht schauen, und es stehen Dutzende Leute da“, schildert Jakob Rakisch, Oberkommissar aus Niedersachsen.
No-Go-Areas
In Deutschland hat sich die Clankriminalität zu einem großen Problem entwickelt. No-Go-Areas, Parallelgesellschaften, Zwangsheiraten, organisierte Kriminalität – all das stellt die Behörden vor massive Probleme.
Mit Besorgnis schauen auch die österreichischen Kollegen ins Nachbarland. „Clans in einer Demokratie – ein Grund zur Besorgnis?“ ist deshalb aktuell Thema einer internationalen Konferenz in Zauchensee, Salzburg.
„Nein, in Österreich gibt es keinen Grund zur Besorgnis“, sagt Manuel Scherscher, stellvertretender Leiter des Bundeskriminalamtes. „Aber es ist ein Grund zur Vorsorge.“
Denn auch wenn die deutschen Clans bisher nicht in Österreich in Erscheinung getreten sind, ähnliche Strukturen gibt es auch hier. Seit einigen Jahren immer wieder Thema: der Polizistentrick. Anrufer täuschen vor, Polizisten zu sein, rufen betagte Personen an und sagen ihnen, man nehme ihr Geld und ihre Wertgegenstände zu deren eigener Sicherheit in Verwahrung.
Was haarsträubend klingt, funktioniert immer wieder. Speziell ältere Menschen ängstigen sich und händigen den Betrügern ihr gesamtes Vermögen aus. Die Tätergruppierungen in diesem Fall sitzen in der Türkei. Aktuell werden Bankmitarbeiter geschult, wie sie bei Verdachtsfällen agieren sollen.
Als weiteres Beispiel nennen die Ermittler die sogenannten Sittenwächter, die darauf achten, dass Frauen aus ihrer (tschetschenischen) Community nicht „verwestlichen“, andersgläubige Partner werden nicht akzeptiert.
Strukturen erkennen
In den polizeilichen Fokus gerieten auch Zusammenstöße von Kurden und den türkischextremistischen „Grauen Wölfen“ in Wien-Favoriten. „Wir wollen Strukturen erkennen, das hilft uns auch bei weiteren Amtshandlungen“, sagt Scherscher.
Robert Klug vom Bundeskriminalamt will im Zuge eines vierjährigen Projekts mehr dazu forschen. „Wir wollen Auswüchse in diese Richtung verhindern.“ Es geht auch darum, das Wort „Clankriminalität“ zu definieren – und diese Kriminalität zu erkennen. Denn auftauchen kann sie in allen polizeilichen Bereichen. Bei der Verkehrskontrolle genauso wie bei Betrugsermittlungen oder Ehrenmorden. Auch die Justiz soll eingebunden werden.
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