Vor allem in Wien ist die Zahl der freiwilligen Abgänge mit 287 im letzten Jahr vergleichsweise hoch. Gegenüberstellen muss man dieser Entwicklung aber auch die Zahl der Neuzugänge bei der Polizei. Vor sieben Jahren gab es österreichweit 1.692 neue Polizeischülerinnen und -Schüler, 2024 waren es 2.581. Davon brachen letztes Jahr 425 ihre Ausbildung ab. Insgesamt verrichten österreichweit 32.000 Polizeibeamte ihren Dienst.
2,18 Millionen Überstunden
Als Gründe für die Austritte der Exekutivbeamtinnen und -beamten werden laut Anfragebeantwortung des BMI Themen wie „Dienstzeiten, Planbarkeit, administrativer Aufwand, neue Ausbildung, neuer Beruf oder familiäre Gründe“ genannt. Vor allem die vielen Überstunden stellen viele Bedienstete vor eine Herausforderung.
Allein in Wien brachten es die rund 7.200 Polizistinnen und Polizisten im Jahr 2024 laut Landespolizeidirektion auf 2,18 Millionen Überstunden. Ein Beamter bzw. eine Beamtin absolvierte laut LPD Wien 2024 im Schnitt 49 Überstunden im Monat. Auch diese Zahl steigt: Musste ein Wiener Polizist bzw. eine Polizistin im ersten Pandemiejahr pro Monat 28 Überstunden leisten, so waren es 2021 im Schnitt 33 und 2022 bereits 35 Überstunden.
Vorläufiger Sparplan
Das Innenministerium (BMI) will hier nun drastisch einkürzen, das Pensum sei viel zu hoch. Deshalb wurde im Februar eine „Dienstanweisung“ an die LPD Wien verschickt, mit der Anweisung, die pauschalisierten Überstunden um 30 Prozent und die einzelverrechneten Überstunden um 20 Prozent zu reduzieren. Bis zu den endgültigen Vorgaben werde „vorab die Aussetzung/Reduzierung“ von Mehrdienstleistungen mit einer Vergütung von 200 Prozent „mit sofortiger Wirkung angeordnet“, heißt es dazu in einem Schreiben.
Auch an Sonn- und Feiertagen sollen Überstunden reduziert werden. Hintergrund des Schnitts bei den Überstunden ist das klamme Bundesbudget bzw. das noch ausständige Budget für 2025. „Alle Ministerien müssen derzeit ein provisorisches Übergangsbudget mit Sparmaßnahmen vollziehen, da es noch kein Bundesbudgetgesetz gibt“, sagte dazu ein Sprecher aus dem BMI. Es werde keinerlei Kürzungen beim Thema Sicherheit sowie Einsparungen beim Personal geben, wurde betont.
Sobald ein neues Budget in Kraft sei, werde sich auch die Finanzlage für die Ministerien automatisch stabilisieren, heißt es. In diesem Fall würden auch „die derzeit temporär notwendigen Maßnahmen sofort neu evaluiert und bestenfalls rückgebaut“, hieß es.
45 Minuten Wartezeit
Die Reduzierung der Überstunden würde sich „dramatisch“ auswirken, sagt Bezirksvorsteher Marcus Franz. „Gerade an den Wochenenden, wo viele Menschen im öffentlichen Raum bzw. Parks sind und es zu Streitereien kommt, will man die Überstunden stark reduzieren. Bereits jetzt ist der Regelbetrieb ja nur aufgrund der Überstunden möglich“, so der Bezirkschef. Ob in Zukunft eine Funkstreife noch länger brauchen werde – laut Franz sind es jetzt bis zu 45 Minuten –, wird sich weisen.
Die LPD Wien kontert, dass bei hoch priorisierten Einsätzen eine durchschnittliche Anfahrtszeit von knapp sechs Minuten anfalle. "Bei einer Vielzahl an hoch priorisierten Einsätzen kann es sein, dass es bei niedrig priorisierten Einsätzen zu einer längeren Anfahrtszeit kommt", sagt eine Sprecherin. Die Einsätze würden grundsätzlich bereits nach Notrufeingang in der Landesleitzentrale in Prioritäten eingeteilt und in weiterer Folge an die Beamten per Funk weitergegeben werden. "Beispiele dafür sind Alarmauslösungen nach Einbrüchen, Eigentumsdelikte oder auch Gewalt in der Privatsphäre", so die Sprecherin.
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