Parteien über Umbau des Grazer Öffi-Systems nicht einig

Bis zu 790.000 Pkw-Fahrten werden pro Werktag in Graz gezählt. Die Hälfte davon kommt von außerhalb in die Stadt, betrifft also großteils Personen, die in Graz arbeiten, aber nicht hier wohnen. Diese Pendler müsse man mit anderen Verkehrssystemen locken, so weit sind sich alle Parteien im Rathaus einig. Bloß nicht über die Kernfrage – wie kann das am besten klappen?
Die Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ hat sich vor Kurzem auf S-Bahn samt streckenweiser unterirdischer Führung und den Ausbau der Straßenbahn verständigt. So sollen auch die Gemeinden in Graz-Umgebung besser ein- und angebunden werden.
Bis Jahresende wollen Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) und Vize Judith Schwentner (Grüne) ein Konzept vorliegen und zwischen den zwei Tunnelvarianten mit unterschiedlicher Bauweise und Länge gewählt haben. Dann soll auch die Finanzierung geklärt sein, denn alleine kann die Stadt die Kosten von jeweils rund 1,2 Milliarden Euro nicht aufbringen. „Wir müssen zu einer Entscheidung kommen“, begründete Kahr am Dienstag. „Die muss die Politik treffen.“
Damit ist die in der Sitzung des Gemeinderates zunächst wohlwollend betrachtete Idee, die Grazer mitreden zu lassen, vom Tisch. Eine Volksbefragung sei nicht geplant, betonten Kahr und Schwentner. Was wiederum die anderen im Stadtsenat vertretenen Parteien so nicht stehen lassen wollen. „Die FPÖ prüft derzeit verschiedene Formen der Bevölkerungseinbindung“, kündigt Klubobmann Alexis Pascuttini an. „Bei diesen Überlegungen spielen plebiszitäre Instrumente des steirischen Volksrechtegesetzes ebenso eine Rolle wie andere Partizipationsmöglichkeiten.“
Rollentausch
Damit rutscht die FPÖ in die Rolle, die die KPÖ früher oft einnahm: Ob neues Murkraftwerk im Süden der Stadt oder eine Gondel auf den Plabutsch, einen Berg im Westen – stets wurden Befragungen gefordert oder Unterschriften dafür gesammelt. 10.000 sind nötig, um eine Volksbefragung in Graz zu erzwingen.
Die ÖVP will diesen Weg nicht einschlagen, auch „wenn wir dennoch immer Befürworter direkter Demokratie sind und bleiben“, wie es aus dem Gemeinderatsklub heißt. Die Schwarzen beantragen aber eine Sondersitzung des Gemeinderates. „Ein mit 90 Minuten angesetzter Verkehrsausschuss wird der Bedeutung des Themas nicht gerecht“, kritisiert Klubchefin Daniela Gmeinbauer. Schließlich umfasse der Bericht der Expertenkommission 300 Seiten.
Diese Studie wurde am Dienstag von der Koalition präsentiert, sie untersuchte neben Straßenbahnausbau und S-Bahn auch die teuerste Variante, eine U-Bahn. Allerdings gibt es keine klare Reihung der Experten, welches Modell am besten sei. Zudem erreicht keines die Vorgabe von 30 Prozent Anteil der Öffis am Verkehrsaufkommen.
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