Neuer Rettungsplan für Schuldenort Matrei

Neuer Rettungsplan für Schuldenort Matrei
Über der Gemeinde kreist vorerst noch der Pleitegeier. Der verschwindet erst, wenn die Gläubiger des Orts einem Tilgungsplan zustimmen.

Rund 4.600 Einwohner hat die Marktgemeinde Matrei in Osttirol, die sich am Fuße des Felbertauernpasses ausbreitet. Und einen Schuldenberg von 37,5 Millionen Euro. Dem Ort, das ist seit Wochen klar, droht nichts Geringeres als die Pleite – zumindest, wenn es der Politik nicht gelingt, einen Kompromiss mit den Gläubigern zu finden.

Am Freitag wurde dazu ein weiterer Anlauf unternommen. Die Gemeinde legte ihren über 100 Gläubigern bei einer Informationsveranstaltung in Lienz einen neuen Tilgungsplan vor. Der sieht grundsätzlich – wie bereits bekannt – eine Abgeltungsquote von hundert Prozent vor.

Die Verbindlichkeiten sollen jedoch zeitlich gestaffelt nach ihrer Höhe – und ohne Zinsen – bedient werden. Wem Matrei bis zu 50.000 Euro schuldet, werde noch heuer bezahlt, erläuterte Bürgermeister Raimund Steiner.

Gestaffelte Zahlung

Bei jenen, wo die Verbindlichkeiten von über 50.000 Euro bis zu 100.000 Euro betragen, wird die Summe bis spätestens April 2024 vollständig beglichen. Und jene Gläubiger, bei denen die Verbindlichkeiten der Gemeinde mit über 100.000 Euro zu beziffern sind, werden in den nächsten vier Jahren in vollem Umfang bedient.

Steiner zeigte sich nach der Sitzung zuversichtlich, dass der Plan durchgeht. Kommende Woche sollte ein „Gutteil“ der Gläubiger bereits Rückmeldung gegeben haben, so der Bürgermeister.

Er hatte das Desaster von seinem Vorgänger Andreas Köll (ÖVP) geerbt, der im Vorjahr nach 33 Jahren im Amt bei den Gemeinderatswahlen nicht mehr für das Bürgermeisteramt kandidierte. Die finanzielle Schieflage der Gemeinde war in den vergangenen zehn Jahren immer wieder Thema. Aber Köll hatte stets wortgewandt versichert, dass alles nicht so schlimm und unter Kontrolle sei.

Neuer Rettungsplan für Schuldenort Matrei

Vergangene Woche erklärte Köll gegenüber der Tiroler Tageszeitung einmal mehr, dass er bei den Bilanzen stets korrekt gehandelt habe. Neben der Teuerung machte der einstige Multifunktionär, der deshalb als „Kaiser von Osttirol“ tituliert wurde, in einer verfehlten Finanzpolitik nach seiner Ära ebenfalls Gründe für die dramatische Entwicklung aus.

Eigenes Fußballstadion

In seiner Amtszeit machten freilich immer wieder Investitionen in überdimensioniert anmutende Infrastrukturprojekte Schlagzeilen – etwa in ein eigenes Fußballstadion für die Gemeinde. Mit dem Ende der Ära Köll hatte die bis dahin oppositionelle Matreier Liste, die stets vor dem finanziellen Kollaps der Gemeinde gewarnt hatte, das Ruder übernommen. Der neue Bürgermeister Steiner will nun in die Zukunft schauen.

Und die sieht nicht rosig aus: „Diese Tilgungen werden für uns als Gemeinde ein echter Kraftakt werden“ sagt er. „Gleichzeitig verpflichten wir uns zu zahlreichen Sparmaßnahmen, um dies überhaupt zu schaffen.“

Schon Anfang des Jahres wurden einige dieser Sparmaßnahmen beschlossen: So verzichten die Gemeinderäte vorerst auf ihre Bezüge, die finanzielle Unterstützung für Vereine wurde um 75 Prozent reduziert. Um dennoch wichtige Vorhaben umsetzen zu können, stellte das Land 2,2 Millionen Euro aus dem Gemeindeausgleichsfonds für das Jahr 2023 bereit.

Neuer Rettungsplan für Schuldenort Matrei

Und ohne das Land, bei dem Matrei mit 3,7 Millionen Euro in der Kreide steht und das somit der größte Gläubiger der Marktgemeinde ist, wäre auch die geplante Entschuldung nicht möglich. Das Land hat einerseits den mit ihm eng abgestimmten Tilgungsplan abgesegnet und stellt für die kommenden drei Jahre Finanzmittel in Höhe von 6,6 Millionen Euro bereit.

Kein Ende in Sicht

ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle betonte am Freitag, dass ihm die Gleichbehandlung aller Gläubiger sehr wichtig gewesen wäre. Diese hätten nun „ein faires Angebot auf dem Tisch liegen.“

Sollte die Pleite abgewendet werden können, ist die Causa aber noch lange nicht ausgestanden. Denn nicht nur die Opposition im Landtag stellt die Frage, wie es so weit kommen konnte und wo die Gemeindeaufsicht war, die stets unter der Kontrolle der ÖVP stand. Und in der Köll über viele Jahre ein mächtiger Player war.

Die Opposition aus FPÖ, Liste Fritz, Grünen und Neos drängt auf eine Prüfung durch den Landesrechnungshof. Die kann sich selbst Landeshauptmann-Stellvertreter Georg Dornauer (SPÖ) vorstellen.

Sollte Matrei in den Konkurs schlittern, wäre das eine österreichweite Premiere in der Zweiten Republik. Experten befürchten, dass so eine Pleite bundesweit das Vertrauen in die Gemeinden in Bezug auf Kreditvergaben erschüttern könnte.

Kommentare