Nach Abzocke mit falschen Polizisten: Fake-Mediziner auf dem Vormarsch

Three surgeons doing laparoscopic surgery
Kriminelle geben sich neuerdings als Ärzte aus und spielen ihren Opfern medizinische Notfälle Angehöriger vor. Abgesehen haben sie es auf Geld.

440.000 Euro Schaden verursachte eine in Wien lebende Türkin 2023 in einem halben Jahr mit dem sogenannten „Polizeitrick“. In der Vorwoche wurde die Festnahme der 32-Jährigen bekannt. Bei dem Trick geben sich Betrüger am Telefon als Polizisten aus und behaupten, es bestehe akute Gefahr, etwa durch Einbrecher. Unter dem Vorwand, Geld oder Wertsachen „zu sichern“, bringen sie ihre Opfer dazu, diese an vermeintliche Beamte zu übergeben.

Die Masche ist nicht neu, die echte Polizei warnt seit Jahren davor. Das hat dazu geführt, dass die Betrüger ihre Methoden angepasst haben. Beim mittlerweile ebenfalls recht bekannten „Kautionstrick“ spielen die Kriminellen einen Unfall, verursacht durch ein Familienmitglied, vor. Um die Haft zu verhindern, sei eine Kaution zu bezahlen.

In beiden Fällen wird mit der Angst der Opfer gespielt. Das heißt aber nicht, dass es nicht noch perfider geht.

Nun warnt das Bundeskriminalamt (BK) vor dem „Medizintrick“ und dieser toppt alles: „Vermeintliche Ärzte oder Pfleger rufen an und sagen, ein Angehöriger liege im Spital im Sterben. Zu verhindern sei das nur mit einer bestimmten Behandlung oder einem Medikament – beides sehr kostspielig“, erklärt Reinhard Nosofsky, Leiter der Betrugsermittlung im BK.

Opfer unter Zeitdruck

Die neue Masche sei erstmals in der Coronapandemie aufgepoppt. Richtig durchgesetzt habe sie sich heuer. Der Ermittler berichtet von rund 40 Fällen, wobei ein gutes Drittel erfolgreich gewesen sei. Die Erfolgsquote ist damit mit früheren Tricks vergleichbar – was nicht weiter überrascht, denn die Vorgangsweise ist ähnlich: „Die Opfer werden unter Zeitdruck gesetzt und ,nicht mehr von der Angel gelassen‘. Angst wird immer weiter aufgebaut“, weiß der Kriminalist.

Die Betrüger zeigen sich kreativ. So wird laut Polizei behauptet, dass das Medikament aus dem Ausland geliefert werden müsse. Die Krankenkasse aber nicht sofort dafür aufkomme. „Aufgrund des angeblich kritischen Zustandes können die ,Patienten‘ zudem nicht ans Telefon kommen“, schildert Nosofsky, wie mit der Todesangst gespielt wird.

Dass viele Menschen panisch werden und in der Verzweiflung den „Abholern“ Geld und Wertsachen aushändigen, verdeutlichen die Zahlen. Dem Betrugsbekämpfer zufolge wurden mit dem „Medizintrick“ in Österreich bereits mehrere Hunderttausend Euro Schaden angerichtet.

Außerdem sind schon Fälle in Deutschland und der Schweiz bekannt. Die Hintermänner dürften in vielen Fällen dieselben wie bei früheren Maschen sein. Mehrere Festnahmen – auch hierzulande – bezeugen das.

Deshalb sei es so wichtig, sich beim geringsten Verdacht bei der Polizei zu melden. Dass das in der Praxis aufgrund des Drucks nicht leicht ist, weiß der Chefermittler und rät: „Kommt Ihnen was komisch vor, legen Sie einfach auf. Wenn es wirklich ernst ist, melden sich die schon wieder.“ In der Zwischenzeit empfiehlt er, die Situation Dritten zu schildern. Spätestens dann sei meistens klar, dass der „Medizintrick“ genau das ist: ein Trick.

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