Muttertag "Am Schöpfwerk": Gemeindebau als ikonische Filmkulisse

Muttertag
In der Wohnsiedlung „Am Schöpfwerk“ entstand der 1993 veröffentlichte Kult-Film „Muttertag“. Ein Lokalaugenschein.

„Es ist schon viel wahr, was in dem Film zu sehen ist.“ Shorty sitzt im Arkaden-Café in der Wohnanlage „Am Schöpfwerk“ in Wien Meidling. Die „Frau Ulli“, die das Lokal von Anfang an betrieben hat, gibt es nicht mehr. 

„Hier sind die Schauspieler immer gesessen, als der Film gedreht wurde“, erinnert sich Shorty. Alleine den Satz vom Film, „geh scheißen“, habe man in der Anlage oft gehört.

Arkaden Cafe

Das Arkaden Cafe.

Die Rede ist vom Film „Muttertag“, das erste Werk von Regisseur Harald Sicheritz, nach einem Kabarett-Programm der damals jungen Gruppe „Schlabarett“ um Alfred Dorfer, Roland Düringer, Reinhard Nowak und Andrea Händler. Auch heute wird der ikonische Film über das Wiener Kleinbürgertum im Gemeindebau im ORF gezeigt.

Muttertag

Ursula Ofenböck in ihrer ehemaligen Wohnanlage

Fixpunkt „Muttertag“

Ursula Ofenböck wird ihn sich wieder mit ihren Kindern anschauen. Und sie strahlt über das ganze Gesicht, wenn sie über den Film redet. „Was habe ich mich geärgert, als der mit dem Moped durch die Anlage gefahren ist“, lacht Ofenböck, als sie sich an den „Briefträger“ Düringer erinnert. 

Sie steht genau in der Durchfahrt, über der sie mit ihren beiden Kindern gewohnt als, als der Film 1993 erschienen ist. „Wir haben immer geschaut, dass es ruhig ist, und dann das“, schmunzelt sie – denn sie hat, wie viele andere, gar nicht mitbekommen, dass in der Anlage ein Film gedreht wird. 

Präsent bei der ganzen Familie

Heute dreht sie den Film wieder auf. „I hob mi ned aufs Meerschweinchen gesetzt“, sagt ihr Sohn sofort, wenn am Muttertag die Rede auf den Film „Muttertag“ kommt. 

Am Schöpfwerk

Am Schöpfwerk

Am Schöpfwerk

Am Schöpfwerk

Am Schöpfwerk

Am Schöpfwerk

Am Schöpfwerk

Ofenböck blickt auf eine glückliche Zeit in der Anlage zurück, in der sie 25 Jahre gewohnt hat, ehe sie in die benachbarte Kleingartensiedlung gezogen ist: „Wir haben hier alles gehabt, eine Bank, viele Geschäfte, nur junge Familien haben hier gewohnt. Die Kinder sind hier in den Kindergarten und in die Schule gegangen und miteinander groß geworden. Ein Traum.“

Viele Kinder und Jugendliche

Beim Lokalaugenschein taucht - wie bestellt - ein Briefträger auf. Im Gegensatz zum dem aus dem Film schiebt seinen Wagen mit der Post ganz leise durch die Anlage, Kinder gefährdet er nicht.

Muttertag

Der Briefträger in der Wohnhausanlage.

Und Kinder sind viele nach der Schule in den unterschiedlichen grünen Innenhöfen zu sehen.

Im Park

Ein Mädchen macht auf der Parkbank die Aufgabe. 

Ein Mädchen macht auf einer Parkbank ihre Aufgabe, ein Bub spielt in einem anderen Innenhof am Spielplatz und ruft: „Hallo, Peter, was machst du?“ 

Muttertag

Peter kennt hier jeden, jeder kennt Peter.

Peter ist ein langjähriger Bewohner der Anlage. „Ich hab dich aus der Entfernung mit meinem Papa verwechselt“, sagt der Bub, Peter schaut sich das Rad des Buben an. „Hier kennt man sich noch“, sagt Peter. Über den Film „Muttertag“ meint er: „Ein bisserl übertrieben war er schon.“ Und verändert habe sich seither viel.

Veränderungen

Die Kirche Am Schöpfwerk – in der „Evelyn Schöbinger“ und „Edwin Neugebauer“ vor dem Pfarrcafé anstatt der Fürbitten anzügliche Details aus ihrer Affäre ins Mikrofon reden, ist an die serbisch-orthodoxe Kirche übergeben. 

Die Kirche

Die ehemalige katholische Kirche. 

In der Anlage gibt es einen Pennymarkt, einen Dönerladen (Kebap um 5 Euro, Dürüm um 6 Euro), einen Ece Mini Markt mit frischem Gemüse vor der Türe, einen türkischen Barber-Shop, einen Sozialmarkt, eine Trafik.

Nur hinter vorgehaltener Hand sagen Bewohner, dass sich der Ausländeranteil stark erhöht habe. Von Wiener Wohnen gibt es keine Auskunft, wie sich die Nationalitäten heute zusammensetzen.

Am Schöpfwerk, ein Überblick

Am Schöpfwerk, ein Überblick

Die SPÖ dominiert

Gewählt wurde in dem Sprengel jedenfalls rot. Die SPÖ liegt bei fast 53 Prozent, die FPÖ bei 28,6. Einstellig die ÖVP mit 5,8 Prozent, Grüne und KPÖ fast gleichauf bei vier Prozent. Die Wahlbeteiligung? 41 Prozent. Familie Ofenböck hat auch hier gewählt: „Unsere Kindergartentante sitzt im Wahllokal, die freut sich immer, die Kinder wieder zu sehen.“

Zeitlose Architektur 

Relativ neu zugezogen ist Manfred. Der Deutsche streicht die Hochbeete im Garten, den Film kennt er nicht. „Die Architektur der Anlage hat mich von Anfang an fasziniert“ erzählt er und ärgert sich, wenn Jugendliche nicht nur am Spielplatz zündeln, sondern ein Müllraum in Flammen aufgeht. Das ist erst kürzlich passiert, derzeit wird der Raum saniert.

Muttertag

Manfred streicht die Hochbeete in der Anlage

Ums Eck ist das Kindertagesheim. Eine Pädagogin ist über den Garten zu hören. „Wir haben gerade ausgemacht, dass wir darauf aufpassen“, sagt sie zu zwei Kindern und klingt fast wie die Jungscharleiterin im Film.

Ofenböck, die viele Jahre hier gelebt hat, hat der Film jedenfalls nie gestört: „Das ist volksnahe Unterhaltung. Ich hab’ mich gefreut, dass unsere schönen Wohnungen im Fernsehen gezeigt wurden.“ Und heute um 20.15 Uhr wieder gezeigt werden.

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