Falsche Diagnose
Lisa beißt also durch, gewöhnt sich an die ständigen Erkrankungen. So lange, bis es eines Tages nicht mehr geht: "Mit 27 ist dann etwas passiert, das mir einfach niemand erklären konnte. Ich konnte auf einmal meine Hände nicht mehr bewegen."
Zu diesem Zeitpunkt arbeitet Lisa in der Gastronomie. Dass sie ihren Job von einem Tag auf den anderen nicht mehr ausüben kann, trifft sie hart. Für Lisa beginnt ein regelrechter Ärztemarathon. Die Diagnose: Karpaltunnelsyndrom. Dank Physiotherapie kann sie ihre Hände nach einiger Zeit wieder bewegen, die Schmerzen bleiben jedoch. Rückblickend weiß sie, das war der erste große MS-Schub.
➤ Mehr lesen: Die erfolgreiche Bergläuferin mit Multipler Sklerose
MS-Schübe treten vor allem in einer frühen Phase der Erkrankung auf, erklärt Christian Strasser, designierter Geschäftsführer der Multiple Sklerose Gesellschaft Wien (MSG Wien).
"Schübe bedeuten eine zeitlich begrenzte, aber deutlich spürbare Beeinträchtigung neurologischer Funktionen. Während eines Schubs erleben Betroffene körperliche und kognitive Verschlechterungen unterschiedlichen Ausmaßes, die sich nach dem Schub jedoch teilweise oder vollständig wieder zurückbilden", sagt Strasser. Typischerweise treten Schübe mit fortschreitender Erkrankung zwar seltener auf, sie können jedoch länger anhalten und bleibende Schäden hinterlassen.
Zweiter Schlag
Bis Lisa die richtige Diagnose erhält, dauert es einige Jahre. Ein weiterer Schub zwingt sie erneut, zum Arzt zu gehen: "Ich hatte plötzlich furchtbare Probleme mit dem Sehen. Das hat sich angefühlt, als hätte ich gerade 30 Shots hintereinander gekippt und versuchte, aufzustehen."
Den Tag, an dem sie die Diagnose erhält, wird Lisa nie vergessen: "Es war Mitte September und ein sehr warmer Abend. Ich saß auf meinem Balkon und habe diesen Mist tatsächlich per Mail geschickt bekommen. In dem Befund stand der Verdacht auf Gehirntumor, Multiple Sklerose oder eine dritte Sache, an die ich mich nicht mehr erinnern kann." Lisa fühlt sich hilflos, erschlagen und überfordert. Drei Tage später sitzt sie beim Neurologen und er erklärt ihr, dass sie ab jetzt ein Leben mit Multipler Sklerose führen wird.
Seltene Störung
Ein halbes Jahr später erhält sie den nächsten Schlag: Lisa hat nicht nur Multiple Sklerose, sondern leidet auch an Morbus Fabry, einer seltenen Stoffwechselstörung, die über das X-Chromosom vererbt wird. Die Krankheit wird durch einen Mangel des Enzyms alpha-Galaktosidase A verursacht. Dadurch sammeln sich in den Zellen Abfallprodukte an, die das Gewebe und wichtige Organe schädigen.
➤ Hier finden Sie alle Episoden des Mental Health Podcasts "Ich weiß, wie es ist"
Wie die beiden Krankheiten in Lisas Fall verlaufen werden, kann ihr niemand sagen. Eines ist für sie dennoch klar: Unterkriegen lässt sie sich nicht. "Seit meinen Diagnosen sehe ich das Leben aus einer anderen Perspektive. An meinen guten Tagen denke ich mir: Gib mir die Zitrone, ich quetsche sie bis zum letzten Tropfen aus. Da wird nicht nur Gin Tonic gemacht, da mach ich alles daraus. Diese Tage genieße ich, denn niemand kann mir sagen, wann die schlechten wiederkommen."
Träume erfüllen
Dieser Tage fängt Lisa einen neuen Job an, organisiert Charity-Events, tanzt weiterhin leidenschaftlich und gibt auf ihrem Instagram-Kanal (lisa_marie_thatsmyname) mutmachende Einblicke in ihren Alltag.
Ihre Träume erfüllt sie sich im Gegensatz zu früher gleich, denn das Wort "Jetzt" hat für Lisa eine neue Bedeutung bekommen.
Kommentare