Chat-Inhalte unbekannt
Geht es nach den Anwälten, ist Zweiteres die Antwort. „Mein Mandant kann nicht mit einem möglichen Anschlag in Verbindung gebracht werden. Schon im U-Haft-Beschluss stand kein Wort darüber“, sagt Rechtsanwalt Andreas Schweitzer, der den 14-jährigen Wiener mit tschetschenischen Wurzeln vertritt. Schon kurz nach dessen Verhaftung hatte Schweitzer in den Raum gestellt, dass man mit dem medienwirksamen Polizeieinsatz etwas ganz anderes bewirken wolle: Nämlich mehr Befugnisse für die Ermittler.
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Oder anders gesagt: Es sei ein neuer Versuch, um den Bundestrojaner einzuführen – und so auf Handys von Verdächtigen mitlesen zu können. Auch Markus Sommerauer, Rechtsanwalt des beschuldigten 17-jährigen St. Pölteners mit bosnischen Wurzeln, sieht das ähnlich: „Wenn ich mich als DSN so rühme, einen Anschlag verhindert zu haben und einfordere, dass meine Rechte erweitert werden, dann kann ich darüber nur den Kopf schütteln.“ In den Akten würden sich keine Beweise für die Vorwürfe gegen die jungen Männer finden. Wie berichtet, sollen sie in einem Telegram-Chat mit internationalen Islamisten Kontakt gehabt haben, den Kauf von Waffen und eben einen Anschlag auf die Pride angekündigt haben.
Schlafende Verdächtige
„Aber von diesen angeblichen Chats finden sich nicht einmal Screenshots im Akt“, so Anwalt Sommerauer. Als die Sondereinheit Cobra die St. Pöltener Wohnung (eine Stunde vor Beginn der Pride) stürmte, hätten der 17-Jährige und sein Bruder jedenfalls noch geschlafen.
Der U-Haftrichter sah am Freitag jedenfalls keine akute Gefahr von den Teenagern ausgehen – und setzte sie auf freien Fuß. Der 20-jährige Verdächtige ist schon seit mehreren Tagen frei. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten hat dagegen bereits Beschwerde erhoben.
Sensible Informationen
Die Ermittler selbst ordnen die Gefährdungslage deutlich anders ein. Man arbeite unter Hochdruck weiter, die Ermittlungslage sei gut, ist zu hören. Die Entscheidung der Justiz nimmt man zähneknirschend zur Kenntnis.
Schon im Vorfeld hatte DSN-Chef Haijawi-Pirchner erklärt, dass man nicht alle Ermittlungsergebnisse kommunizieren und dem Akt beilegen könnte. Die entsprechenden sensiblen Informationen stammen von einem befreundeten (nicht genannten) Geheimdienst.
Was vorerst bleibt? Die Burschen haben Weisungen vom Richter erhalten. Sie müssen zur Bewährungshilfe und zu einem Deradikalisierungsprogramm. Die Polizei-Aktion habe den Teenagern massiv geschadet, betonen die Anwälte. „In St. Pölten weiß jeder, wo die Verhaftungen waren“, gibt Sommerauer zu bedenken.
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