Lernhäuser: „Bildung ist ein guter Rucksack fürs Leben“

Lernhäuser: „Bildung ist ein guter Rucksack fürs Leben“
2017 öffnete das erste Lernhaus des Roten Kreuz für schulpflichtige Kinder und Jugendliche in Graz, mittlerweile betreibt die Organisation drei.

Drei Reihen weiß lackierter Tische stehen in einem Teil des Raums. Neben einem davon sitzt Alex auf einem kleinen Hocker, beugt sich zu seinem Schützling und erklärt, was denn bei der Aufgabe zu machen sei.

Seit einem halben Jahr arbeitet der Pädagoge im Lernhaus in der Schönaugasse, eines von drei Lernhäusern, die das Rote Kreuz in Graz betreibt. „Es ist eine schöne Aufgabe, mit den Kindern zu arbeiten, zu sehen, dass was weiter geht“, beschreibt Alex, der im Gegensatz zu einer Schule für die Kinder und Jugendlichen im Lernhaus auch einfach „der Alex“ ist.

„Hier ist man per du“, schmunzelt Yvonne Loderer von der Lernhilfe des Roten Kreuzes. Nicht nur das unterscheidet das Lernhaus von der Nachmittagsbetreuung etwa an Schulen: Das Projekt soll gezielt Kinder aus sogenannten bildungsferneren Familien begleiten, hierher kommen neben ausgebildeten Pädagoginnen und Pädagogen auch Ehrenamtliche, die beispielsweise als Lesepaten oder „Lernbuddies“ fungieren. Und das Angebot ist kostenlos.

Lernhäuser: „Bildung ist ein guter Rucksack fürs Leben“

Lesepaten gesucht: Karin Ploder (re.) und Yvonne Loderer.

„Unsere Kinder hier haben keinen Platz in einer Nachmittagsbetreuung, weil es keine Kapazitäten gibt oder es sich die Eltern einfach nicht leisten können“, beschreibt Karin Ploder, Leiterin der sozialen Dienste des Roten Kreuzes Steiermark. 2017 wurde das erste Lernhaus in Graz eröffnet, mittlerweile gibt es drei, die Warteliste auf einen Platz lang. „Wir könnten ungeschaut noch zwei, drei weitere Häuser in Graz befüllen“, überlegt Ploder. Rund 500 Kinder und Jugendliche im Pflichtschulalter wurden bisher insgesamt betreut, derzeit sind es 147. Sie sind in zwei Gruppen eingeteilt, U12 und U16, also Sechs- bis Zehnjährige und 11- bis 15-Jährige.

Ein Jahr oder länger

Die Volksschulkinder kommen jeden Tag nach der Schule ins Lernhaus (pro Einrichtung gibt es Platz für 20 6- bis 10-Jährige) und bleiben bis zu viereinhalb Stunden. Der Nachmittag ist im Regelfall unterteilt in zwei Lerneinheiten, eine für die täglichen Aufgaben, eine zur Vorbereitung aus Tests oder zur individuellen Unterstützung. Die älteren Schülerinnen und Schüler aus Mittelschule und AHS sind dagegen auch oft nur tageweise zwischen 17 und 19 Uhr da, das aber regelmäßig, denn Struktur ist dem Team wichtig. Mindestens ein Schuljahr bleiben die Kinder in Betreuung; ist sie nicht mehr nötig, weil sich der Lernerfolg eingestellt hat oder sich doch eine Chance auf Nachmittagsbetreuung in der Schule auftut, kann der Platz unbürokratisch neu vergeben werden.

„Unser Ziel ist, dass die Kinder hier das Lernen lernen“, beschreibt Karin Ploder. „Oft ist es bei uns ja so, dass viele Kinder zu Hause keinen eigenen Schreibtisch oder Lernplatz haben, wo sie Ruhe finden können.“ Man sehe sich als „Puzzlestein und Ergänzung in der Bildungslandschaft, ein Baustein, der Kinder unterstützt“, überlegt Ploder. „Wir meinen, dass Bildung ein guter Rucksack fürs Leben ist.“

Lernhäuser: „Bildung ist ein guter Rucksack fürs Leben“

Seit 2017 wurden bereits 500 Kinder und Jugendliche gefördert.

Der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit Migrationsanteil sei in den Lernhäusern natürlich groß, „aber wir schauen auf eine Durchmischung. Das hier ist nicht als Integrationsprojekt konzipiert, sondern als individuelle Lernunterstützung.“

Die Rolle der Lesepaten

Und zwar in den Klassikern Mathematik, Englisch, Deutsch, bei den Jüngeren oft auch beim Lesen. Hier kommen dann etwa die Lesepatinnen und Lesepaten ins Spiel: Die Ehrenamtlichen kommen regelmäßig ins Lernhaus, um gemeinsam mit den Kindern Bücher zu lesen. Weitere Freiwillige sind stets willkommen, versichern Karin Ploder und Yvonne Loderer, ebenso wie „Lernbuddies“, die etwa bei Hausaufgaben helfen. Speziell „Buddies“ mit guten Kenntnissen in Naturwissenschaften oder Mathematik sind stets gefragt.

Die Kinder selbst kommen gern, sogar in den Schulferien, denn auch da ist geöffnet. Erfolgsgeschichten freuen dann wiederum ihre Betreuerinnen und Betreuer. „Auch die kleinen“, betont Loderer. „Wenn das 1x1 sitzt oder man merkt, schau, da geht jetzt beim Lesen etwas weiter.“

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