Kriegsrelikte: Heuer bereits 800 Einsätze in Österreich

Der Entminungsdienst des Heeres war heuer bereits mehr al 800 Mal im Einsatz (Symbolbild)
Zusammenfassung
- Der Entminungsdienst wurde von Jänner bis August 802-mal alarmiert und hat rund 17 Tonnen Kriegsmaterial geborgen oder gesprengt.
- Fundorte von Kriegsrelikten sind vielfältig, ein klarer Trend ist nicht erkennbar.
- Die Kosten für die Entsorgung von Kriegsrelikten trägt die Republik, unabhängig vom Fundort, eine aktive Suche wird jedoch nicht bezahlt.
Durchschnittlich zwei- bis dreimal pro Tag rücken jene Expertinnen und Experten aus, die potenziell gefährliche Überbleibsel aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg bergen und sicher entsorgen: Der Entminungsdienst wurde von Jänner bis August dieses Jahres exakt 802-mal alarmiert.
Dabei wurden rund 17 Tonnen Kriegsmaterial untersucht bzw. abtransportiert und – falls nötig – kontrolliert gesprengt.
„Diese Zahlen machen eindrücklich klar, dass das Thema Kriegsrelikte keineswegs der Vergangenheit angehört“, sagt Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP). Besonders viele Meldungen gab es heuer bisher aus Niederösterreich, wo es allein im März und Juni jeweils 55 Einsätze gab.
Die Fundorte sind unterschiedlich, oftmals werden Relikte bei Aushubarbeiten entdeckt, doch es gibt auch Funde in Gewässern oder Wäldern: „Ein klarer Trend ist hier nicht erkennbar“, hieß es seitens des Ministeriums.
Was der Entminungsdienst leistet
Der Entminungsdienst ist seit 2013 Dienstelle im Verteidigungsministerium, bis dahin waren die Experten im Innenministerium angesiedelt. Die Fachkräfte sind in Wien, Graz und Hörsching (Oberösterreich) stationiert und auf Munition jeglicher Art - von der Granate bis zur Bombe, die als Blindgänger nicht hochging - spezialisiert, die aus der Zeit vor 1955 stammen. Sprengmaterial oder Waffen abseits davon fallen in die Zuständigkeit des Innenministerium und des Entschärfungsdienstes.
Üblicherweise werden die Relikte der Weltkriege abtransportiert und am Truppenübungsplatz in Allentsteig gesprengt. Besteht Gefahr im Verzug, werden sie auch vor Ort kontrolliert gesprengt. Im Vorjahr wurden unter anderem rund 60 Streubomben und 40 Blindgänger vernichtet.
Fünf Prozent des Stadtgebietes sind "rote Zone"
Wie viele Blindgänger mehrere Meter tief in der Erde liegen, ist ungewiss. In Graz beispielsweise gibt es einen für jeden online einsehbaren sogenannten „Bombenkataster“ mit 190 Verdachtspunkten: 4,8 Prozent des Stadtgebietes gelten demnach als „rote Zone“, wo mit Kriegsrelikten zu rechnen ist.
Doch all das ist nur eine Schätzung, denn: Das Verzeichnis wurde nur mithilfe von Fotos eines einzigen Tages erstellt: Am 5. August 1945 machte die US-Luftwaffe Fotos der Angriffe aus 2. 000 bis 3.000 Metern Höhe. Allerdings gab es in Graz laut Historikern im Laufe des Zweiten Weltkriegs insgesamt fast 60 Luftangriffe.
Wer zahlt für die Entsorgung?
Einen österreichweiten Kataster mit Fundstellen und Verdachtspunkten gibt es nicht. Doch wer bezahlt die Entsorgung, wenn ein Blindgänger entdeckt wird? „Wird ein Kriegsrelikt gefunden, werden die Kosten ausschließlich von der Republik getragen“, betont man im Verteidigungsministerium – unabhängig davon, ob der Einsatz auf einer privaten Baustelle oder im öffentlichen Interesse erfolgt. Die aktive Suche nach Kriegsrelikten im Erdreich wird allerdings nicht vom Staat bezahlt.
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