Kickls Sparbefehl: Polizei muss Überstunden zurückfahren

Auch Überstunden, die bei Demonstration anfallen, sind betroffen.
Plan: Bis zu 20 Prozent weniger Überstunden in der Exekutive, die Gewerkschaft reagiert erbost.

Die erste Hiobsbotschaft erreichte die Polizeichefs der neun Bundesländer mit einem Ministeriumsschreiben kurz vor Weihnachten. Vor wenigen Tagen gab es noch eine Videokonferenz, wird berichtet. Die Parole aus dem Innenministerium war unmissverständlich: Es muss gespart werden.

Das Problem ist offenbar das fehlende Budget für Überstunden. Mehr als sechs Millionen davon müssen pro Jahr geleistet werden, etwa um Demonstrationen zu begleiten, die Sicherheit bei Fußballmatches zu gewährleisten oder wenn ein Kollege im Dienst ausfällt.

Kreatives Sparen

Gut informierten Quellen zufolge soll im Oktober das Geld für Überstunden ausgehen, wenn weitergemacht wird wie bisher. In Niederösterreich ist von 15 Prozent weniger die Rede, Kärnten soll gar 20 Prozent einsparen und Wien hat vorerst einen kreativen Weg gefunden: So werden die Botschaftsbewachungen nun im Regeldienst durchgeführt. Das spart Überstunden ein, dadurch sind aber 100 Beamte weniger auf der Straße unterwegs.

Kickls Sparbefehl: Polizei muss Überstunden zurückfahren

Viele Überstunden bei Demo-Einsätzen

Außerdem müssen derzeit im Nachtbetrieb vier Personen pro Inspektion im Einsatz sein. In Wien soll das zeitweise auf nur noch drei Personen reduziert werden. Der Wiener Polizeigewerkschafter Gerhard Zauner befürchtet „Sparmaßnahmen auf Kosten der Sicherheit“.

„Das betrifft die Basis, damit können wir unser Sicherheitsversprechen nicht mehr halten“, meint auch Günter Lameraner, Vorsitzender der niederösterreichischen Polizei-Gewerkschaft FCG. Im größten Bundesland habe man schon jetzt mit einer extrem dünnen Personaldecke zu kämpfen. Eigentlich sollten 4900 Polizisten für Recht und Ordnung sorgen, tatsächlich versehen aber nur 4200 Beamte ihren Dienst.

Kickls Sparbefehl: Polizei muss Überstunden zurückfahren

Gewerkschafter Lameraner und Luef

Bei den Neuaufnahmen stockt es laut Gewerkschaft ganz gewaltig. Versprochen hat der Innenminister 360 neue Kräfte für NÖ im heurigen Jahr. Tatsächlich können im ersten Quartal aber nur 28 Männer und Frauen mit einem Ausbildungskurs beginnen. Grund dafür ist die Reform der Aufnahmetests. In mehreren Bundesländern müssen selbst top bewertete Bewerber ein zweites Mal antreten, weil Übergangsfristen zu kurz sind.

Dürfen die notwendigen Überstunden nicht mehr geleistet werden, sinkt die Polizeipräsenz. „Es ist zu befürchten, dass es künftig weniger Streifen geben wird, etwa in der Nacht“, sagt Personalvertreter Hannes Luef. Kickls Sparvorgabe treffe deshalb ländliche Regionen hart. „Weniger Streifen bedeutet, dass die Polizisten länger brauchen, um zu einem Einsatzort zu kommen.“

Beispiel Annaberg

Gewerkschafter Lameraner warnt vor dem Trugschluss, in vermeintlich „ruhigen“ Gegenden könne man Personal sparen: „In Annaberg hat man immer gesagt, dass es dort ruhig ist und dann hat ein Amokläufer dort drei Polizisten getötet.“ Es gebe grundsätzlich keine ungefährlichen Einsätze. Deshalb würden Polizisten in Zweier-teams geschult und eingesetzt. Künftig vielleicht nur einen Kollegen auszuschicken, sei „grob fahrlässig“.

Ein Einsparen der Überstunden betrifft auch die Assistenzeinsätze – für Großereignisse werden etwa Kollegen aus anderen Bundesländern herangezogen. Das dürfte nun schwieriger werden. „Das Innenministerium hat 180 Millionen Euro mehr Budget bekommen. Und wir müssen jetzt plötzlich Überstunden einsparen“, sagt Lameraner. In der Truppe würden da teuere Prestigeprojekte wie die Polizeipferde für Kopfschütteln sorgen.

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Neues Polizeigebäude am Praterstern

Gespannt darf man auch sein, wie es mit dem geplanten riesigen Polizeigebäude am Wiener Praterstern aussieht. In der Lassallestraße sollen Teile des Landeskriminalamts, des Kommissariates Brigittenau und Referate zusammengezogen werden. Kolportiert wird eine Monatsmiete von 400.000 Euro für die 25.000 Quadratmeter. Diskutiert wird vorerst noch, wer für den Einbau der Duschen wie viel bezahlen muss. Ob die Polizei aus teilweise desolaten Dienststellen dorthin übersiedeln kann oder nicht, ist aber derzeit offen.

Kommende Woche wird es im Innenministerium jedenfalls Beratungen mit dem obersten Polizeigewerkschafter Reinhard Zimmermann geben. Einziger Tagesordnungspunkt: Der Sparerlass für die Überstunden.

Eine KURIER-Anfrage an das Innenministerium zu den Einsparungen ist seit Freitag Früh unbeantwortet.

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