Junge Frau wurde Pflegefall: Spital muss Schmerzengeld zahlen

Eine Frau sitzt im Rollstuhl und wird von einer anderen Person geschoben.
Als 17-Jährige erkrankte Steirerin an Lupus, einer Krankheit, die das Immunsystem angreift. Das wurde zu spät erkannt, die Frau sitzt im Rollstuhl.

Als Marija 17 Jahre alt war, fingen ihre Handgelenke, Knie und Knöchel zu schmerzen an. Sie verlor in kürzester Zeit massiv an Gewicht, litt an Übelkeit. Im LKH Graz gab man ihr Schmerzmittel, fragte, ob sie magersüchtig sei - und schickte sie heim.

Erst ein halbes Jahr später wurde diagnostiziert, dass sie an einer Erkrankung leidet, die das eigene Immunsystem angreift.

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Das war 2012. Elf Jahre später ist die Steirerin querschnittgelähmt, ihr Rücken schmerzt dauernd, die Arme sind in der Motorik stark eingeschränkt. Marija sitzt im Rollstuhl und ist auf 24-Stunden-Pflege angewiesen.

2016 wandte sich die junge Frau mithilfe der Grazer Rechtsanwältin Karin Prutsch-Lang an die Schlichtungsstelle der Ärztekammer: Dem Spital wurde vorgeworfen, die Autoimmunerkrankung Lupus zu spät erkannt zu haben.

2017 folgte die Klage aus Schadenersatz und Schmerzengeld in der Höhe von insgesamt 130.000 Euro.

Nun ist das zivilgerichtliche Verfahren beendet - zugunsten der jungen Frau. Es gab einen Vergleich mit der Krankenanstaltengesellschaft (KAGES), die Therapien, Pflegekosten und Medikamente zahlen muss. "Für mich ist das der am längsten anhängige Akt als Arzt-Haftungsfall in meiner Kanzlei", versicherte Prutsch-Lang am Mittwoch.

Was rechtzeitige Behandlung gebracht hätte

Mehr als acht Jahre lang dauerte der Rechtsstreit, Marija will anderen Menschen Mut machen und bei der Aufklärung helfen: "Ich weiß, dass ich nicht die einzige bin. Ich weiß, dass es extrem vielen Menschen so geht, bei denen chronische Schmerzen auf die Psyche geschoben werden."

Eine junge Frau sitzt in einer blauen Hängematte im Garten.

Marija vor der Erkrankung

Lupus dagegen wäre - so früh genug erkannt - "bei hochdosierter Medikation nicht aufgeflammt", wie ein Gutachter bereits 2017 festhielt. "Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wäre die Grunderkrankung in deutlich abgedämpfter Form aufgetreten."

Marijas Fall ist auch in einem Podcast zu hören.

Zweiter langer Rechtsstreit gewonnen

Auch in einem anderen langen Rechtsstreit konnte sich Prutsch-Lang  vor Kurzem durchsetzen: Die KAGES musste im Sommer Georg Polic rund 210.000 Euro für eine Therapie zahlen. Deren Kosten wurden zuvor durch Spenden gedeckt, der Oberste Gerichtshof hielt aber fest, dass die "medizinisch gebotene Behandlung"  unterlassen wurde, was Georgs "ohnehin sehr fragilen Gesundheitszustand gefährdete".

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Bei dem mittlerweile 18-Jährigen wurde spinale Muskelatrophie festgestellt, als  er elf Monate alt war. Diese genetische Erbkrankheit lähmte seinen Körper, bis er nicht mehr selbstständig atmen oder feste Nahrung schlucken konnte. Die Therapie mit "Spinraza" half, war aber teuer und wurde von der KAGES zunächst abgelehnt.

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