Das Finanzsystem wird immer komplexer. Da gibt es Dienstleister wie Klarna, die machen das Kaufen sehr einfach. Wenn ein Jugendlicher zum Beispiel eine Tasche will, zahlt er sie in einem Jahr oder regelmäßig in Raten. Der Jugendliche weiß aber nicht, wie viele Zinsen und Zinseszinsen er hierfür zahlt. Wir laden deshalb Schuldnerberater an die Schulen, die die Geschichten hinter den Verschuldungen erzählen.
Wirtschaftsbildung ist aber mehr als nur das Thema Überschuldung.
Wir vermitteln Themen, die Kinder zu Hause nicht lernen. Zum Beispiel, dass es die Möglichkeit gibt, nicht alles Geld auszugeben, sondern zu sparen. Ganz wichtig ist es dabei, den Sinn dahinter zu vermitteln. Wir fragen die Jugendlichen: Was ist für dich ein gutes Leben? Für viele ist das ein Job, der zu ihnen passt, ein eigenes Auto oder sogar eine Wohnung. Statt zu sagen: ,Du schafft es nicht‘, vermitteln wir, welches Konzept hinter dem Sparen steht, was Zinsen sind – und verbinden das Sparen mit einem positiven Zukunftsbild.
Es geht aber auch darum, wie Wirtschaft funktioniert.
Diese Thema ist komplexer, weshalb darüber erst gesprochen wird, wenn die Jugendlichen schon 13 oder 14 Jahre alt sind. Die Defizite sind oft groß – selbst viele Maturanten wissen noch nicht, was ein Unternehmen ist. Für die nächste Generation ist zudem wichtig: Sie sollen mitgestalten.
Befürchten Sie nicht, dass Schulen sagen: Nicht noch ein Thema, das wir in der Schule bearbeiten sollen.
Nein, die Resonanz ist positiv. Lehrkräfte sehen ja, auf welche Realitäten sie die Jugendlichen vorbereiten sollen – da gäbe es andere Themen, die nicht so wichtig sind. Wollen Schülerinnen und Schüler später möglichst frei von finanziellen Sorgen sein, ist es gut, wenn man ihnen die Grundkompetenzen schon in diesem Alter mitgibt.
Wie kommen die Stiftung und die Schulen zusammen?
Wir haben mit 60 Standorten in neun Bundesländern ein Pilotprojekt gestartet. Sie bekommen von uns Lehrmaterialien, die in der Sprache der Jugendlichen verfasst sind, daneben gibt es Fortbildung für Lehrkräfte sowie ein kleines Budget, und wir begleiten die Schulen intensiv. 97 Prozent sind mit dem Projekt sehr zufrieden. Das Prozedere wird laufend ausgeweitet und verbessert. Deshalb haben wir Maßnahmen identifiziert, von denen wir sagen können, die brauchen wir im nächsten Regierungsprogramm.
Welche sind das?
Man kann sie in drei Überkategorien einteilen: Wir brauchen erstens gut ausgebildete Lehrkräfte, weshalb wir von der nächsten Regierung eine Weiterentwicklung der Aus- und Fortbildungsangebote fordern. Auch die Lernmedien, vor allem die Schulbücher müssen angepasst werden. Und drittens ist die flächendeckende Unterstützung der Schulstandorte entscheidend.
Was macht Sie zuversichtlich, dass Finanzbildung ein Thema in der nächsten Regierung sein wird?
Oftmals sind Themen in der Schule ideologisch überfrachtet und dann geht nichts weiter. Bei der Finanzbildung sind sich hingegen alle einig, dass das wichtig ist. Das sieht man auch daran, wer hinter der Stiftung steht – sowohl arbeitgeber- als auch arbeitnehmernahe Institutionen. Auch bei den Schülervertretern sind sich alle Gruppierungen darin einig, auch wenn sie die Schwerpunkte jeweils zum Teil etwas anders setzen.
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