IS-Prozess: Fünf Jahre Haft für radikalen Prediger

Symbolbild
Elf mutmaßliche Dschihadisten in Graz angeklagt - sieben wurden freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Auch am Grazer Schwurgerichtssaal geht das Coronavirus nicht vorbei, doch zum Glück nur in Gedanken. „Sind eh alle gesund?“, fragt der vorsitzende Richter die Geschworenen sie nicken. Dann heißt es für sie beraten, für die übrigen Beteiligten von den Angeklagten über den Staatsanwalt bis zu den Verteidigern warten.

Elf Mitglieder des mittlerweile geschlossenen „Taqwa“-Moscheevereins in Graz sind als mutmaßliche Dschihadisten angeklagt: Die acht Männer und drei Frauen sollen gut ein Drittel der Vereinsmitglieder bewogen haben, nach Syrien zu gehen und sich dem Terrorregime des Islamischen Staates anzuschließen.

Keiner der Angeklagten ist geständig, zehn von ihnen sind zudem auf freiem Fuß. Das hat einen brisanten Hintergrund: Die elf Betroffenen wurden bei den Razzien der „Operation Josta“ Anfang 2017 verhaftet, aber sukzessive freigelassen. Die letzten kamen im Sommer 2018, das Oberlandesgericht gab Haftbeschwerden statt und rügte gleichzeitig die Staatsanwaltschaft Graz, nicht schnell genug mit der Anklage fertig zu sein. Im Sommer 2019 wurden die Verdächtigen erneut verhaftet um bis auf einen bald darauf wieder entlassen zu werden: Nur ein 44-jähriger Prediger, den der Staatsanwalt als Autorität im Verein betrachtet, blieb in U-Haft. Islamismusexperte Guido Steinberg schätzt ihn als Takfiristen ein und damit als Vertreter jener äußerst fanatischen Gruppe, die sogar innerhalb des IS als zu extrem bewertet wird.

Die Predigten kommen oft vor in diesem Verfahren. „Da geht es um die Pflicht jedes Gläubigen, sich in den Islamischen Staat zu begeben und den Feind zu bekämpfen“ zitiert der Richter aus einer davon.

Propaganda auf Handy

Kinder, die mit ihren Eltern die Moschee besuchten, hatten IS-Propagandavideos auf den Handys, darunter Hinrichtungen. Im Verein lagen Schriften über Krieg und Dschihad auf, doch keiner der Angeklagten will diese jemals gesehen haben. Die Verteidiger betrachten die gesamte Anklage als überzogen: „Sie ist eine Hypothese.“

Die Geschworenen folgen den Verteidigern tatsächlich teilweise: Fünf Männer und zwei Frauen werden freigesprochen, doch für den Prediger setzt es fünf Jahre Haft. Zwei weitere Angeklagte werden zu jeweils vier Jahren Haft verurteilt, eine Frau zu drei Jahren. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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