IS-Prozess: Kinder hatten Fotos von Hinrichtungen auf Handys

Die Angeklagten wurden bei der Razzia 2017 festgenommen
Grazer Moscheeverein war laut Ankläger "Stützpunkt zur Ausbildung von Glaubenskriegern".

Die Predigten des Hauptangeklagten waren deutlich. "Da geht es um die Pflicht jedes Gläubigen, sich in den Islamischen Staat zu begeben und den Feind zu bekämpfen", zitiert der Richter.

Doch am dritten Tag des aktuellen IS-Prozesses in Graz setzt sich die Verteidigungslinie der Angeklagten fort: Sie können sich nicht erinnern, sie hätten das nicht gehört, das habe sie nicht interessiert.

Die Ehefrau der laut Staatsanwalt "bestimmenden Autorität" des Grazer "Taqwa"-Moschevereins ist am Dienstag eine hartnäckige Vertreterin dieser Strategie. Bücher über Dschihad und Krieg habe sie weder gesehen noch gelesen. Mit ihrem Mann - einem der Ex-Obmänner - habe sie nie über Lehre oder Predigten gesprochen. Nicht einmal den als radikal eingestuften Prediger will sie kennen. 

Kinder posierten mit Waffen

Doch in ihrer Wohnung wurden Aufnahmen von dessen Predigten gefunden. "Da geht es um Krieg, um die Ermordung von Ungläubigen", fasst der Richter zusammen. Die vierfache Mutter bleibt konsequent dabei: "Ich weiß nicht, warum das bei uns zu Hause war. Ich bin gegen Krieg, Hass und Gewalt." Weshalb dann ihre Kinder mit Waffen posierten? "Das ist Spielzeug", wehrt die 39-Jährige ab.

Auffällig sei auch das IS-Propagandamaterial auf den Handys der Kinder - Steinigungen, ein Soldat mit abgetrennten Köpfen in den Händen, Erschießungen. Es gab Bilder des vielleicht dreijährigen Tochter im Niqab und mit Plastikgewehr und solche kleinen Sohnes, der mit Attrappen von Handgranaten warf, merkt der Staatsanwalt an: "Macht er da Wurfübungen?"

Das trifft einen gewichtigen Vorwurf: Die Familie habe geplant, nach Syrien zu gehen, wie Zeugen sagen. Doch das sei falsch, verteidigt sich die Angeklagte, die im Gericht Kopftuch trägt, aber sonst den Niqab, also Vollverschleierung. "Das war nie Thema bei uns. Wir haben den Krieg in Bosnien überlebt." Stimmt schon, kommentiert der Richter. "Aber auch viele Tschtschenen haben Krieg erlebt und sind trotzdem nach Syrien."

 

Beim Prozessauftakt am Freitag wertete der Staatsanwalt den Moscheeverein als "Stützpunkt des IS und Stützpunkt zur Ausbildung von Glaubenskriegern". 38 Mitglieder zogen nach Syrien, um sich dem Terrorregime anzuschließen. "Zufall", kommentierte einer der Verteidiger.

 

Die Angeklagten wurden in der "Operation Josta" Ende Jänner 2017 festgenommen, nach Haftbeschwerden sind sie trotz des Terrorverdachts frei, nur der Prediger wurde vor ein paar Wochen erneut in U-Haft genommen. Doch auch der 44-Jährige war ein Jahr lang in Freiheit.

Am Montag sagte einer der früheren Obmänner des Vereins aus. Der Busfahrer behauptete, er habe Angst von den Mitangeklagten. Er sei nur "auf dem Papier" Obmann gewesen, die laut Staatsanwlt radikal-islamistische Ausrichtung des Vereins hätten andere vorgegeben, unter ihnen der Prediger.

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