Initiative will Abriss eines 323 Jahre alten Hofs verhindern

Verbogene Balken, eine bröckelnde Fassade und Stiegen aus Stein, über die man eher stolpert, als steigt. Das Alter kennt man dem Hof in Grünbach bei Freistadt in Oberösterreich bereits an: 323 Jahre hat er auf dem Buckel – oder besser gesagt am Giebel. Geht es nach der Gemeinde, soll kein weiteres Jahr dazukommen, auch wenn es vom Vorbesitzer in seinem Testament anders gewünscht ist. Eine Petition wehrt sich deshalb gegen den Abriss, und auch Erben sollen nun ins Spiel kommen. Denn hinter der alten Fassade verstecke sich ein architektonisches Meisterwerk.
„Die Stube ist aus einem Holzriegelbau verspachtelt mit Lehm, um Wärme zu speichern. Eigentlich ein klimaschutzfreundlicher Bau. Und es ist ein Einspringer. (Ein Vierkanter, bei dem ein Eck ausgespart wurde; Anm.) In dieser Konstellation gibt es das im Mühlviertel kein zweites Mal“, sagt Klaus Elmecker, der in der Nachbarschaft aufgewachsen ist und 1979 für sein Architekturstudium den Hof vermessen hat.
Kulturjuwel
Der älteste Teil des Hofes stammt aus dem Jahr 1699. Seit mehr als 300 Jahren hätte es keine größeren Umbauarbeiten mehr gegeben. Seit 1904 wurde praktisch nur das Dach erneuert.
Für Elmecker und Erich Gusenbauer, Initiator der Petition, ist der Hof – der etwa 200 Meter vom Zentrum entfernt liegt – deshalb „ein einzigartiges Kulturjuwel und absolut sanierungs- und erhaltenswürdig“.

Zwar ist es laut Denkmalschutzamt nicht denkmalwürdig, mit ihrer Meinung sind Elmecker und Gusenbauer dennoch nicht alleine: 500 Unterschriften wollten sie im Zuge der Online-Petition sammeln. Mittlerweile haben weit über 1.000 Personen unterschrieben. Viele würden nicht verstehen, wie denn eine Gemeinde ein Testament so ignorieren könne.
Denn der Hof gehörte eigentlich Nikolaus Neuhauser. Testamentarisch hielt dieser fest, dass das Gebäude mit seinem Tod an die Gemeinde Grünbach in Form des ehemaligen Bürgermeisters Erwin Chalupar gehen sollte – einem langjährigen Freund von Neuhauser. Zudem vererbte dieser der Gemeinde ein Sparbuch mit 190.000 Euro und 6.000 Quadratmetern Grund. Bedingung: Man wolle den Hof doch bitte erhalten. Im Grundbuch hielt er das aber nicht fest, weshalb sein Wunsch zur juristischen Streitfrage wird.

Laut dem jetzigen Bürgermeister Stefan Weißenböck (ÖVP) sei es einfach zu teuer, den Hof zu erhalten, der Gebäudezustand sei zu schlecht. Vielmehr wolle er auf dem Gelände Wohnungen errichten, „vielleicht im Stil eines Bauernhofes“, sagte er am Freitag, an dem auch das dreitätige Dorffest im Ort startete. Die Befürchtung vieler: Sofort nach dem Fest fahren die Bagger vor.
Am 30. Juni wurde der Abrissbescheid im Gemeinderat beschlossen. Jedoch soll erst Mitte September – bei der nächsten Sitzung – das Protokoll dazu noch einmal durch die Runde gereicht werden. Danach werde es erst öffentlich gemacht, so Weißenböck. Ab dann laufe die Einspruchsfrist von zwei Wochen.
Ort der Begegung
Diese nutzen könnte laut Elmecker eine Erbengemeinschaft, die aufgrund des Testaments nicht zum Zug kam. Sie würde sich gerade mit Anwälten über mögliche Schritte beraten. Dort wohnen würde sie aber eher nicht. Wie die Initiative, will man den Hof vielmehr für die Allgemeinheit erhalten, etwa als Veranstaltungsort oder Vereinshaus. „Dafür ist am Hof natürlich etwas zu richten. Doch es ist machbar“, so Gusenbauer.
Daten und Fakten
Der betroffene Hof liegt etwa 200 Meter vom Zentrum des Ortes Grünbach bei Freistadt entfernt
Der älteste Teil des Hofes stammt aus dem Jahr 1699. Damit ist er 323 Jahre alt. Größere Umbauarbeiten gab es kaum
Laut Klaus Elmecker handelt es sich um einen „Einspringer“ – ein Vierkanter, bei dem ein Eck ausgespart worden ist. Früher war diese Bauform im Mühlviertel gängiger. Mittlerweile nicht mehr
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