Ibmer Moor in OÖ: 20 Hektar Schutzraum für acht Vogeleier

Großer Brachvogel
Er ist hochsensibel, verteidigt sein Revier, trägt seinen langen, spitzen Schnabel stolz vor sich her und lässt sich übers Fernglas gut beobachten.
Der Große Brachvogel ist aufgrund der hohen Ansprüche an den Lebensraum grundsätzlich selten, nur 150 bis 170 Brutpaare gibt es in ganz Österreich, 15 davon sind im Ibmer Moor in Oberösterreich heimisch. Das Tier ist in Österreich stark gefährdet und deshalb auf der Roten Liste.
Das Problem beim Brachvogel liegt in seiner geringen Reproduktionsrate, sprich es erreichen nicht genügend Jungvögel das flugfähige Alter, um eine stabile Population aufrechtzuerhalten.
Fressfeinde wie Marder und Fuchs stehlen die Eier aus den Nestern oder erwischen die Küken, bevor sie fliegen können. Was wird dagegen getan?
Im Ibmer Moor hat Birdlife nun ein Projekt ins Leben gerufen, das aus mehreren Gründen eine Besonderheit ist: Zum einen wurden 20 Hektar Fläche, das entspricht der Größe von 15 Fußballfeldern, als Brutfläche zweier Brachvogelpaare mittels mobilem Elektrozaun temporär eingezäunt.
Zum anderen mussten für die Umsetzung die privaten Grundstückseigentümer sowie die Jägerschaft zustimmen und kooperieren.
Einmalig in Österreich
„Es ist ein absolutes Pilotprojekt in Österreich“, zeigt sich Florian Billinger, Ornithologe und Landesleiter von Birdlife OÖ, begeistert. Denn diese Zusammenschlüsse seien in der Praxis oft schwierig, die Fläche könne nicht bejagt werden, wenige Grundstücksbesitzer seien mit dem Zaun einverstanden.

Biologe Florian Billinger
Der große Brachvogel brütet in weiträumig offenen, von Mager- und Nasswiesen geprägten Landschaften. Witziges Detail: Eine große Population in OÖ befindet sich auch auf dem Welser Flugfeld und die größte Population in Bayern mit rund 100 Paaren gibt es am Münchner Flughafen: „Das Areal ist eingezäunt, an die Flugzeuge gewöhnen sich die Tiere, die Grünflächen werden nicht landwirtschaftlich genutzt, das ist ideal“, erklärt Vogelexperte Billinger.
Großer Kohlenstoff-Speicher
„Lebende Moore federn Wasser-Überfluss bei Hochwasser als auch Wassermangel in Dürrezeiten ab und regulieren das lokale Klima“, stellt das Umweltbundesamt klar, „durch ihr kontinuierliches Wachstum und Ablagerung von Pflanzenmaterial speichern sie große Mengen von Kohlenstoff und tragen so wesentlich zur Abmilderung des Klimawandels bei.“
Gefährdete Lebensräume
Und obwohl Moore geschützt sind, zählen diese weltweit zu den am stärksten gefährdeten Lebensräumen. „Viele dieser wertvollen Lebensräume gingen in den letzten Jahrzehnten durch Entwässerungen, Flussregulierungen, Torfabbau, Überbauung oder Eutrophierung verloren“, hält das Umweltbundesamt fest: „Auch in Österreich ist der Erhaltungszustand der Moore besorgniserregend.“ Das gilt hat lange Zeit auch für das Ibmer Moor gegolten.
100 Hektar unter Naturschutz
Es ist mit über 2.000 Hektar Fläche die größte zusammenhängende Moorfläche Österreichs im Grenzgebiet an der oberösterreichischen Grenze zu Salzburg. 100 Hektar stehen unter Naturschutz, das Ibmer Moor ist über einen vier Kilometer langen Moorlehrpfad erschlossen und zu entdecken.
Im Ibmer Moor liegen derzeit innerhalb des Schutzzaunes acht Eier in den Nestern. Einen Monat lang werden die Eier bebrütet, nach dem Schlüpfen brauchen die Küken ähnlich lange, bis sie flugfähig und somit sicher vor Fressfeinden sind. „Wir gehen davon aus, dass alle acht Küken innerhalb des Zaunes überleben werden. Außerhalb könnten es nur sehr wenige bis gar keine Tiere sein, die durchkommen“, vermutet der Ornithologe.

Ibmer Moor
Vier Jahre wird das Projekt nun laufen. Ehrenamtliche haben mitgeholfen, den Elektrozaun aufzustellen. Dieser bleibt während der Brutzeit und Aufzucht der Jungvögel stehen, danach wird er wieder abgebaut.

Montage des Elektrozaunes
Es wurden Wild- und Nestkameras installiert, die regelmäßig Daten und Bildmaterial liefern. „Vielleicht täuschen wir uns ja mit Marder und Fuchs und es sind Beutegreifer, die die Eier stehlen. Dann käme die Gefahr aus der Luft.“ Auch das wäre eine wertvolle Information, auf die man dann entsprechend reagieren könne.
Wie viel das Projekt kostet, will Florian Billinger nicht verraten, ein externer Fördergeber macht die Umsetzung möglich. „Wir gehen davon aus, dass wir mit dieser Maßnahme die Anzahl an Jungtieren des Großen Brachvogels im Ibmer Moor verdoppeln können“, hofft Biologe Billinger.
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