„Wir werden aus unserem Lebensraum vertrieben.“ Nur so deutlich kann Siegrid Brader, Obfrau des Vereins Bürger für Hallstatt und für diesen auch im Gemeinderat, beschreiben, wie es um einen der berühmtesten und wohl auch schönsten Orte Österreichs bestellt ist.
Wir, das sind knapp 730 Einheimische, die noch in Hallstatt leben. Tendenz sinkend. Wie die Lebensqualität für die Bewohner Hallstatts, sagt Brader: „Es ist schrecklich, die Gäste werden zum Großteil übergriffig, sie lassen den Müll überall liegen, betreten private Grundstücke und pöbeln uns an, wenn wir etwas sagen.“
Diese Gäste würden sich längst nicht mehr wie früher, wie eben Gäste, benehmen: „Das ist viel schlimmer geworden.“
Besucherzahlen auf Vorpandemie-Niveau
Die Besucherzahlen haben längst wieder das Niveau von Zeiten vor Corona erreicht. Sowohl bei den Nächtigungen – rund eine Million in der Region, knapp 150.000 davon in Hallstatt – als auch bei den Tagestouristen.
Gezählt wird zwar (noch) nicht, aber an den stärksten Tagen – und die stehen traditionell im August an – rechnet Brader, dass weit über 10.000 Besucher in den kleinen Ort strömen.
Beim Tagesgast sieht Brader das größte Problem: „Sie belagern mit ihren Autos Neben- und Waldstraßen und nehmen keine Regeln zur Kenntnis.“
Das bestätigt auch der Hallstätter Bürgermeister Alexander Scheutz (SPÖ). Die insgesamt 14 Mitarbeiter der Parkraumbewirtschaftung, die die Gemeinde zur Bewältigung des Besucherstroms angestellt hat, seien immer häufiger aggressiven Übergriffen genervter Autofahrer ausgesetzt, schildert Scheutz.
Derzeit sind schon gegen 11 Uhr vormittags die rund 450 Parkplätze ausgelastet. 4,50 Euro kostet die erste Stunde, dann wird es abgestuft günstiger.
„Mindestens drei Mal ist der ganze Parkplatz pro Tag belegt“, rechnet Scheutz. Dazu kommen die Busse. Wobei er überzeugt ist: „Dieses Problem haben wir mit den Slots gut in den Griff bekommen.“
Problem mit Bussen im Griff
Gut in den Griff bekommen heißt: Für etwa 30 Busse gibt es täglich Slots, früher waren das 80 bis 90. „Wer keinen Slot hat, darf nicht einfahren“, betont der Bürgermeister.
Darüber hinaus legt er Wert auf die Feststellung, dass Busse zumindest einen Slot von zweieinhalb Stunden buchen müssen: „Wenn die Besucher da sind, wollen wir, dass sie sich Zeit nehmen für Hallstatt und nicht nur durchrennen.“
Ärger mit Mietwägen
Was zuletzt massiv zugenommen hat: Dass sich Tagesgäste von Mietwagenfahrern und Taxis vornehmlich in 8-Sitzern nach Hallstatt kutschieren lassen, die nicht in die Bus-Regel fallen und auch nicht auf den vorgesehenen Flächen parken, sondern ihre Gäste nur aussteigen lassen und dann – irgendwo – auf diese warten, um sie dann wieder abzuholen.
„Die sparen sich damit die Parkgebühren“, mutmaßt Scheutz. Darüber hinaus fahren viele Gäste mit Bussen oder ihren Autos in Nachbarorte oder auf Parkplätze in der Nähe und kommen mit dem Schiff oder auch zu Fuß nach Hallstatt. Und überfüllen den kleinen Ort, erklärt Scheutz: „Die Leute, die hier wohnen, halten das nicht mehr aus. Wenn Hallstatt voll ist, ist Hallstatt voll.“
Besucherzahl begrenzen
So geht es nicht weiter, sagt der Bürgermeister. Nachdem die Regelung mit den Bussen zwar funktioniert, aber noch immer massive Probleme bestehen, will Scheutz über ein Leader-Projekt in Abstimmung mit dem Land (Tourismus und Verkehr), dem Welterbe-Tourismusverband und den Anrainergemeinden Bad Goisern, Obertraun und Gosau Maßnahmen entwickeln, die dem Ort und seinen Bewohnern nachhaltig helfen.
Ein Vorschlag wäre, das Parken in Hallstatt so teuer zu machen, dass viele nicht mehr kommen. „Das ist nicht unsere Linie“, lehnt Scheutz das ab.
Er kann sich aber – wie übrigens auch Brader, eine Obergrenze für tägliche Besucher in Hallstatt vorstellen. Wie das erfolgen kann, und welche anderen Maßnahmen helfen können, will Scheutz in den nächsten Wochen in großen Besprechungen abklären, damit für 2024 tragfähige Lösungen auf den Tisch kommen.
Dass das nicht einfach wird, räumt der Bürgermeister ein. „Es gibt halt so viele unterschiedliche Interessen.“ Aber die Hallstätter dürfen nicht aus Hallstatt vertrieben werden.
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