Generation 50 plus in Österreich: Klüger, fitter – aber egoistischer?

Vor wenigen Wochen hatte im Haus der Industrie ein Symposion stattgefunden, das sich ausschließlich mit der älteren Generation befasste. Dabei ging es aber weniger um Pensionssysteme oder die medizinische Versorgung. Vielmehr stand das Symposion unter dem Titel „Die Kräfte des Alters“. Wie sehr sich das Leben dieser Menschen verändert hat. Begleitet wurden die Diskussionen von einer Umfrage, wie sich diese Menschen selbst einschätzen. Im Vergleich der Jahre 2015 und 2025.
Obwohl zwischen den beiden Umfragen nur zehn Jahre liegen, zeigen sie dennoch, wie sich im Lebensbild dieser Menschen ab 50 einiges geändert hat. Man fühlt sich im gesundheitlichen und kognitiven Bereich viel besser aufgestellt. Wenn es um die sozialen Werte geht, da taucht mehr Ich-Bezogenheit auf als im Jahr 2015. So gaben heuer auf die Frage, ob man gerne unter Menschen ist, 76 Prozent an, dass das für sie zutrifft. Im Jahr 2015 war der Wert noch bei 84 Prozent gelegen.
Das zeigt sich auch bei der Frage nach dem Engagement im Freiwilligenwesen. Die Anzahl jener Menschen dieser Altersgruppen, die angegeben haben, regelmäßig bzw. zumindest gelegentlich in irgendeiner Form freiwillige Aktivitäten auszuüben, war noch nie so niedrig wie bei der Umfrage 2025. Was vielleicht auch die Folge der Corona-Jahre sein kann.
Dabei haben die langjährigen Studien über Glück ergeben, dass es gerade der Kontakt mit anderen Menschen ist, der uns glücklicher und gesünder macht. Das sagt auch Meinungsforscher Rudolf Bretschneider, der die Umfragen betreut hat: „Die sozialen Kontakte machen das Glück aus.“
70 ist heute 60
Stark gestiegen sind in dem Vergleich die Werte, wenn es um sprachliche und mathematische Fähigkeiten geht. Auch beim Umgang mit Unsicherheit und Angst bzw. mit Stress und Belastungen fühlt sich die ältere Generation heutzutage fitter.

Solche Umfragen und Erhebungen werden weltweit regelmäßig durchgeführt und finden sich etwa in der English Longitudinal Study of Ageing wieder. Darin kam man zu dem Ergebnis, dass sich 70-Jährige heute um zehn Jahre jünger fühlen als frühere Generationen in der gleichen Phase.
John Beard, Professor für Altern an der Mailman School of Public Health an der Columbia Universität in den USA: „Wir waren überrascht, wie groß diese Verbesserungen waren, insbesondere beim Vergleich von Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurden, mit früher geborenen Gruppen.“ Ältere Menschen würden heute ein „höheres Maß an körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit aufweisen als frühere Generationen im gleichen Alter“, so die Studie.

Beim Symposion im Haus der Industrie wurde dann auch erörtert, welche Chancen so eine Entwicklung mit sich bringt. Wobei etwa der Arbeits- und Sozialrechtler Wolfgang Mazal in seinem Vortrag auf die „Super-aging Society“ in Japan verwies. Und Professor Erich Kirchler sprach über die Arbeitsmotivation nach Erreichen des Pensionsalters, die ja auch in der aktuellen Diskussion über das Arbeiten in der Pension eine Rolle spielt.
Der Titel des Symposions „Die Kräfte des Alters“ geht übrigens auf den Wiener Soziologieprofessor Leopold Rosenmayr zurück, der im Jahr 2016 verstorben ist. Dieser war der erste Soziologe gewesen, der nach dem Zweiten Weltkrieg gezielt empirische Sozialforschung betrieben hatte.
Dieser hatte sehr früh die nicht nur wissenschaftliche, sondern auch gesellschaftspolitische Bedeutung des Alters und Alterns erkannt. Mit viel Engagement konnte er so Wien zu einem international anerkannten Zentrum der Alternsforschung entwickeln. So konnte das Ludwig Boltzmann-Institut für Sozialgerontologie und Lebenslaufforschung gegründet werden. Eines seiner letzten Bücher trug den Titel: „Im Alter – noch einmal – leben.“
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