Gemeindebund will Schulärzte abschaffen

Gemeindebund will Schulärzte abschaffen
Alternativ soll der Mutter-Kind-Pass ausgeweitet werden und Schüler zur Untersuchung bei niedergelassenen Ärzten gehen.

Schutzimpfungen, Impfberatung, Mitwirkung bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten und bei Projekten zur Gesundheitsförderung, sowie regelmäßige Erhebung und elektronische Dokumentation von Gesundheitsdaten der Schüler: Solche und mehr Aufgaben, die über die rein schulischen Belange – wie etwa die jährliche Untersuchung der Schüler sowie Beratung der Lehrer – hinausgehen, sollen die insgesamt 1.500 Schulärzte künftig übernehmen dürfen.

Das sieht eine Verordnung von Gesundheitsministerin Brigitte Zarfl vor. Begutachtungsfrist läuft bis 6. September.

Der Gemeindebund hingegen will Schulärzte in der derzeitigen Form lieber ganz abschaffen, so fordert es Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl gegenüber der APA. Damit wehrt sich der Gemeindebund gegen die geplante Verordnung des Gesundheitsministeriums, mit der Schulärzte explizit auch für Schutzimpfungen, Gesundheitsförderung und Dokumentation von Gesundheitsdaten zuständig werden sollen.

Damit damit würde aus Sicht des Gemeindebundes ein nicht funktionierendes System einzementiert: Bei der jährlichen Untersuchung von 80 Kindern pro Stunde sei schon bisher keine Gesundheitsberatung möglich. Für eine einheitliche elektronische Dokumentation der Schülerdaten fehlten in den Schularztkammerln vieler Pflichtschulen schlicht die Computer. Juristen des Gemeindebundes rechnen außerdem mit rechtlichen Problemen. Die Vorgabe, die Gesundheitsdaten der Schüler nicht anonymisiert, sondern unter Pseudonym zu dokumentieren, sei etwa "klar gesetzeswidrig". Bei Impfungen bringe auch die Verordnung den Schulärzten keine Sicherheit bei Schadenersatz-Klagen, weil diese keine Möglichkeit für eine ausreichende Aufklärung über Risiken hätten, die bei Pflichtschülern noch dazu über die Eltern laufen müsste.

Der Verordnungsentwurf des Ministeriums hat Riedl "doppelt überrascht", der Zeitpunkt der Veröffentlichung - noch dazu ohne vorherige Einbindung der für die Umsetzung zuständigen Länder und Gemeinden - sei "nicht nachvollziehbar". Immerhin hätte die Verordnung schon vor einem Jahr erlassen werden sollen, was aber wegen rechtlicher Bedenken nicht passiert sei. Es liege noch kein Endergebnis der vor zwei Jahren gestarteten Evaluierung über die Effizienz des Schulärzte-Systems vor. Offen sei außerdem die Frage, wer für was zu zahlen habe. "Die Entscheidung, ob und welche Verordnung erlassen wird, sollte deshalb einer neuen Regierung überlassen werden", fordert Riedl.

Derzeit sind an den Bundesschulen (AHS, BMHS) Bildungs- und Gesundheitsministerium sowie die Länder für die Schulärzte zuständig, bei den Pflichtschulen kommen noch die Gemeinden als Schulerhalter dazu. Dementsprechend gelten in jedem Bundesland unterschiedliche Regeln, "von der Organisation über die Ausstattung der Räumlichkeiten bis hin zur Durchführung der Untersuchung", so Riedl.

"Das System gehört neu aufgestellt. Die Aufgaben gehören dorthin, wo die Kompetenzen sind und wo sie das auch können", fordert der Gemeindebund-Präsident - und verweist auf ein Gutachten, wonach den Gemeinden die Bereitstellung der Schulärzte verfassungswidrig übertragen wurde. Mit Kosten von jährlich 30 bis 40 Mio. Euro für Länder und Gemeinden sei das derzeitige System zudem nicht nur ineffizient, sondern auch teuer.

Sein Alternativvorschlag: Der Mutter-Kind-Pass soll bis zur Volljährigkeit ausgeweitet werden und Schüler regelmäßig zur Untersuchung bei niedergelassenen Ärzten gehen. Dort gebe es nicht nur mehr Zeit für Gesundheitsberatung und eine umfassende Untersuchung nach österreichweit einheitlichen Kriterien. Die Schüler bzw. deren Eltern könnten vor einer Impfung auch wie vom Gesetz vorgeschrieben über mögliche Risiken aufgeklärt werden. In den Ordinationen gebe es außerdem die Ausstattung für eine einheitliche elektronische Dokumentation. Damit der Termin auch wirklich wahrgenommen wird, kann Riedl sich finanzielle Sanktionen vorstellen.

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