Ganzjahresschauspiel: Herrn Döllerers Gespür für Geschmack

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Jedermann kennt „Jedermann“ auf dem Domplatz. Aber auch die Festspiele auf Burg Golling sind längst etabliert. Und eng verbunden mit einem kulinarischen Ganzjahresschauspiel.

Von Achim Schneyder

Seit vielen Jahren schon zählt „Döllerers Restaurant“ im Ortszentrum der beschaulichen Salzburger Marktgemeinde Golling an der Salzach zu Österreichs allerersten Fine-Dining-Adressen. Und Hausherr Andreas landesweit zu den absoluten Großmeistern des kochenden Fachs.

Seine, von ihm so benannte, „Alpine Cuisine“ hat ihm aus gutem Grund – nein, aus bestem – allerlei Hauben (fünf von fünf) und Sterne (zwei von drei) eingebracht. Was aber bei aller Wertschätzung in der allgemeinen Wahrnehmung mitunter ein klein wenig zu wenig Beachtung erfährt, ist „Döllerers Wirtshaus“

Blunzenknödel, Gulasch, Beuschel, ....

Dabei ist das gebackene Bries vom Milchkalb dort derart gut, dass man nie etwas anderes essen möchte. Außer vielleicht die Blunzenknödel. Oder das Gulasch vom Ochsen. Oder das Beuschel. Oder, oder, oder…

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Döllerers Blunzenknödel – über die geht kaum etwas.

Kurz zur Orientierung: Wirtshaus und Restaurant befinden sich räumlich getrennt unter einem Dach. Unter jenem Dach des so prachtvollen wie sehr großen und nur einen Steinwurf von der Burg Golling entfernten alten Gebäudes, unter dem sich auch der fantastische familieneigene Feinkostladen, die stimmige Bar und das wohnliche Hotel befinden. 

Nächtigt man dort, holt man sich am Morgen sein Frühstück, oder zumindest Teile davon, im Feinkostladen. Einzigartig! Und was ebenfalls zum großfamiliären Gesamtkunstwerk „Döllerers Genusswelten“ gehört: das von den Döllerer-Brüdern Raimund und Christian geführte und von Papa Hermann gegründete Weinhaus samt Enoteca, ein paar Kilometer nur vom Stammhaus entfernt.

Der erklärte Wirtshausfan

„Andreas kommt gleich“, sagt Christl Döllerer, Andreas’ Frau und eine der zauberhaftesten Gastgeberinnen, die man sich vorstellen kann. „Vorweg ein Bier, oder?“ „Gerne.“ Und dann kommt Andreas. Wie immer während der Arbeitszeit in seine dunkelbraune Lederschürze gehüllt, und wie fast immer bester Laune. 

„Kalbsbries, oder?“, sagt er und grinst. Er kennt mich halt auch schon ein paar Jahre. Apropos Jahre: Andreas, der 1979 im nahen Hallein zur Welt kam, übernahm die Küche des 1909 als Metzgerei mit angeschlossenem Wirtshaus gegründeten Familienunternehmens 2004. 

„Da gab’s auch das Wirtshaus wieder“, sagt Andreas und erzählt davon, dass sein Vater das Wirtshaus in den frühen 1980ern zugunsten eines Restaurants opferte, ehe er Mitte der 1990er beschloss, beides parallel zu versuchen. 

Gelungener Versuch

„Und es hat funktioniert“, sagt Andreas. „Und tut’s bis heute. Und mich freut’s besonders, weil ich bin ein riesiger Wirtshausfan. Sowohl als Koch, als auch als Gast.“ Im Wirtshaus, sagt er, würde man „gegen die Oma kochen“.

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Döllerers Hauswein kommt vom Weingut Bründlmayer.

Nicht bloß gegen die eigene, „sondern gegen alle Omas. Man kocht also Gerichte, die bei denen, die sie dann zu sich nehmen, Erinnerungen hervorrufen, die sie im Idealfall berühren." Das zu schaffen, sei die Schwierigkeit. 

"Drum machen wir auch jede Beilage selbst, jede Sauce, jeden Knödel, jeden Teig. Alles. Wie eben früher die Omas. Was du als Wirtshauskoch brauchst, ist das Gespür für Geschmack.“

30 Eidotter auf ein Kilo Hartweizengrieß 

Oh ja, Gespür für Geschmack hat dieser Mann. Stellt er Pasta her, beispielsweise Tagliolini, die dann, je nach Saison, etwa mit Eierschwammerln serviert werden, kommen auf ein Kilo Hartweizengrieß 30 Eidotter.

Das macht nicht jeder so, aber das macht den nudeligen Unterschied. Und kommt man in den Genuss seines Erdäpfelpürees mit Bergkäse, in dem 350 Gramm beste Butter, 250 Gramm feinster Bergkäse und ein Kilo ausgesuchte Erdäpfel eins werden, möchte man sich am liebsten reinlegen in dieses cremige Glück.

Es ist ein Wunder …

„Ein Wirtshaus“, sagt Andreas, „sollte immer ein Spiegel der jeweiligen Region sein. Drum kommt mir beispielsweise auch kein anderer Saibling als jener aus dem nahen Bluntautal ins Wirtshaus. Außerdem gilt es, alte Dinge zu pflegen, die auf Speisekarten längst nicht mehr alltäglich sind, bei uns etwa die Schwarzbeernocken.“ 

Und wieder lassen die Omas grüßen …

Der große Otto Schenk (1930–2025) findet sich übrigens auch bei den Döllerers wieder. An einer Wand nahe der Bar nämlich, wo Fotos und Bilder von vielen jener Künstler hängen, die im Lauf der Zeit bei den von Hermann Döllerer vor 25 Jahren ins Leben gerufenen Festspiele auf Burg Golling gastiert haben. 

Und von Schenk gibt’s nicht nur das Konterfei, daneben ist auch ein Zitat von ihm zu lesen: „Es ist ein Wunder, wie ein Ort zum Magnet für Leute wird. Sowohl von der Kulinarik, wie von der Kunst getragen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

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