Hemmschwelle sinkt
Dass die Fälle von Gaffern, die Einsatzkräfte behindern, zunehmen, bestätigen sowohl Polizei als auch Feuerwehr. „Die Hemmschwelle der Menschen nimmt von Jahr zu Jahr ab. Geholfen wird nicht, dafür geschaut. Wenn jemand meint, er will bei einem Unfall oder Brand gerne vorne dabei sein, dann kann er sich gern als Ehrenamtlicher bei uns melden“, sagt Martin Sticker, Sprecher des Landefeuerwehrverbandes Kärnten im KURIER-Gespräch.
Und auch bei der Landespolizeidirektion Kärnten schlägt man in dieselbe Kerbe. „Die Fälle von Schaulustigen nehmen zu. Jeder hat sofort ein Handy parat und filmt mit, oder macht Fotos, die er dann als erstes in sozialen Medien posten will. Wenn Feuerwehr oder Rettung die Menschen auffordern, aufzuhören, werden diese Einsatzkräfte meist ignoriert“, erklärt Polizeipressesprecher Mario Nemetz.
Gaffen mit kleinen Kindern
Erst in der vergangenen Woche hatten Gaffer am Nassfeld, Kärntens größtem Skigebiet, für Negativschlagzeilen gesorgt. Ein Steirer war auf der Skipiste zusammengebrochen und verstorben. Rund um den Einsatz, der auf einem Verbindungweg zwischen zwei Abfahrten lag, bildete sich eine regelrechte Menschentraube. „Die Einsatzkräfte wurden zwar nicht behindert, aber es sind sogar Eltern mit ihren kleinen Kindern stehen geblieben und haben zugeschaut“, erinnert sich Nemetz.
Sichtschutz gegen Schaulustige
Bei der Kärntner Feuerwehr, wie auch in anderen Bundesländern, sind faltbare Sichtschutztücher darum seit längerem Standard. „Wir wollen nicht unsere Arbeit verstecken, aber die Person, die Hilfe braucht, schützen“, erklärt Sticker.
Strafen bis zu 500 Euro
Dass es zu Wegweisungen von Schaulustigen, wie im Fall von St. Veit kommt, sei aber die Ausnahme. Übrigens: Jenem Mann, der bei dem Brand von der Polizei nur durch „Einsatz von Körperkraft entfernt werden musste“, wie es im Polizeibericht so schön heißt, droht nun eine Geldstrafe von bis zu 500 Euro.
Das Problem mit den Schaulustigen ist nicht neu. Im August 2018 wurde aus diesem Grund auch der sogenannte „Gaffer-Paragraf“ eingeführt. Die Polizei kann Personen, die Blaulicht-Einsätze behindern, seitdem wegweisen. Den Gaffern droht zudem eine Verwaltungsanzeige. Geldstrafen bis 500 Euro sind möglich, in besonders schweren Fällen sogar eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche. Im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen. Angewandt wird das aber selten.
Trauriger Anlassfall
Eingeführt wurden die Strafen nach entsprechenden Zwischenfällen. Im Juli 2017 wurde eine schwangere Frau und ihr eineinhalbjähriger Sohn von einer Straßenbahn in Wien-Simmering erfasst. Schaulustige hatten die Rettungskräfte bei der Zufahrt behindert und fotografiert. Die Frau und ihr ungeborenes Kind starben.
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