Freispruch für mutmaßlichen Schlepper: "Habe nur übersetzt"

Vor Gericht konnte der Angeklagte einige Widersprüche in den zunächst belastenden Aussagen seiner Ex-Freundin aufzeigen.
Von Gernot Heigl
„Wir haben hier einen Organisator auf der Anklagebank, der über Facebook Dutzende Migranten angeworben hat. Um dann als Auftraggeber von Schleppertouren diese nach Österreich transportieren zu lassen“, so die Staatsanwältin. „Aufgeflogen ist der Beschuldigte, weil ihn eine bereits verurteilte Fahrerin, sie ist die Ex-Freundin des Mannes, schwer belastet hat. Behauptungen des Mannes, dass es sich um Rache aus verschmähter Liebe handelt, sind reine Schutzbehauptungen.“
Für die Anklägerin somit ein klarer Fall, für den in Handschellen aus der Zelle vorgeführten Tunesier (34) mit belgischer Staatsbürgerschaft und Wohnsitz in Frankreich genau das Gegenteil. Er bezeichnete sämtliche Vorwürfe als „Lügen.“ Der Grund für die Serie an Falschaussagen? „Eine Abrechnung meiner eifersüchtigen Ex-Freundin aus Wien, die es nicht akzeptieren konnte, dass ich eine arabische Frau geheiratet habe.“
Detailliert schilderte der Mann seine Ex-Affäre mit der Österreicherin, die er in Paris kennengelernt hatte. Allerdings nur für eine Nacht, denn dann musste die Urlauberin zurück nach Wien, ehe sie zehn Tage später mit ihrem Auto wieder nach Frankreich fuhr. Als Pärchen kamen beide nach Österreich zurück und waren nach vier Wochen überzeugt, heiraten zu wollen. Ehe einen Monat später doch alles anders kam, die Beziehung ein Ende nahm und der 34-Jährige in seine Heimat zurückkehrte.
„Nicht ich war es, der mit Schlepperfahrten und Migranten zu tun hatte, sondern meine Ex-Freundin.“ „Warum sollte ihre Ex-Freundin sie grundlos belasten“, fragte die Vorsitzende. „Weil sie die Trennung nicht verkraftet hat. Sie hat mir eine Whatsapp-Nachricht geschickt: ,Ich verspreche dir, dass ich dein Leben ruinieren werde‘.“ „Diese Nachricht gibt es am Handy der Zeugin nicht.“ „Weil sie die gelöscht hat.“ „Haben sie einen Beweis?“ „Nein.“

Der Tunesier weiter: „Ok. Ich bin teilweise schuldig, weil ich von ihren Schleppertätigkeit gewusst, aber nichts unternommen habe. Aber später habe ich sie bei der Polizei angezeigt.“ „Aha, wo haben sie das gemacht“, fragte die Richterin. „Über eine Polizei-eMail auf Facebook. Als Absender habe ich den Falschnamen Jaqueline verwendet.“ „Haben sie Beweise dafür?“ „Nein.“ „Es liegt kein solcher Schriftverkehr vor.“ Der Mann gab auch zu, seiner Ex-Freundin beim Dolmetschen geholfen zu haben. „Sie hat mich aus ihrem Auto angerufen und gefragt, was die Araber wollen, mit denen sie illegal nach Österreich fuhr“, erzählt der Mann. Geld habe er dafür keines bekommen.
In weiteren Statements konnte der Beschuldigte einige Widersprüche in den Anschuldigungen seiner Ex-Freundin aufzeigen. Dazu befragt machte die Zeugin, vorgeführt aus der Haft, wirre Aussagen und gab unschlüssige Antworten. Dies veranlasste den Schöffensenat nach stundenlanger Verhandlungsdauer dazu, den Angeklagten aus Mangel an objektiven Beweisen im Zweifel freizusprechen.
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