Berufsfeuerwehren und Freiwillige Feuerwehren in Österreich galten lange als "reine Männerwirtschaft" – und sind es mitunter immer noch. Aber nicht nur. Blickt man auf die aktuellen Zahlen, sieht man, dass sich diese Strukturen verändern, wenn auch langsam.
Von insgesamt 355.380 Mitgliedern bei den heimischen Feuerwehren im Jahr 2024 waren 36.004 Frauen, wie der KURIER auf Anfrage erfährt. Sprich: Aktuell liegt der Frauenanteil bei 10,13 Prozent. Ein (kleines) Plus im Vergleich zu 2023, wo es noch 9,5 Prozent waren, was "definitiv ausbaufähig ist", wie der Österreichische Bundesfeuerwehrverband (ÖBFV) im Vorjahr dazu schrieb.
Ein Blick zurück in die Geschichte zeichnet ein ganz anderes Bild. "Frauen bei der Feuerwehr hat es schon sehr viel früher gegeben, bereits während der Weltkriege waren sie im Brandschutz-Einsatz. Die Männer waren ja nicht da, die waren alle an der Front", erklärt Richard Berger, Mediensprecher des ÖBFV und selbst bei der FF Wiener Neustadt. Ein Beispiel ist etwa die FF Waidhofen-Stadt, die von 1914 bis 1918 nur aus Frauen bestand.
Nach Kriegsende übernahmen wieder die Männer den Dienst. Erst seit den 1990er-Jahren finden Frauen wieder den Weg in die heimischen Feuerwehren.
Die Frauenfeuerwehr der Stadt Waidhofen zur Zeit des Ersten Weltkrieges. Bei der 51. Mitgliederversammlung am 12. April 1919 war der aktive Mannschaftsstand wieder bei 159 Mann.
Berufsfeuerwehr Wien: Nicht unter 1,68m
In Österreich gibt es sechsBerufsfeuerwehren:Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz, Salzburg und Wien. Die Berufsfeuerwehr der Bundeshauptstadt (MA 68) verzeichnete 2023 von insgesamt 1.658 Einsatzpersonen nur fünf Frauen, wie in den statistischen Jahrbüchern der Stadt Wien (Feuerwehr und Katastrophenschutz) nachzulesen ist. In den anderen Berufsfeuerwehren sind es noch weniger – nämlich fast immer Null(siehe Infobox). So zumindest der aktuelle Stand.
Neben psychologischer und schriftlicher Prüfung ist für den Eintritt in eine Berufsfeuerwehr auch ein körperlicher Eignungstest zu absolvieren. Die Anforderungen hierbei sind für Männer und Frauen gleich. Eine Krux findet sich etwa bei den Vorgaben der Berufsfeuerwehr Wien: Bewerbende müssen eine Mindestgröße von 1,68m aufweisen. Was für viele Frauen zum Ausschlusskriterium wird.
"Diese Vorgabe rührt daher, dass gerade bei der Berufsfeuerwehr Frauen die gleichen Aufgaben erledigen müssen wie die Männer. Wenn eine Person im Einsatz ins Feuer läuft, trägt sie mit Atemschutzgerät, 13-Kilo-Einsatzuniform, Helm, Schlauch etc. zwischen 30 und 40 Kilo an Ausrüstung mit sich. Ein Beispiel: Ich selbst wiege 95 Kilo; dann kommt noch das Gewicht der Ausrüstung hinzu. Die Kollegin, die mit mir im Einsatz ist, muss mich im Worst Case herausziehen können. Daher sind die körperlichen Anforderungen bei Männern und Frauen gleich," erläutert Berger.
Wien: 5 Frauen im aktiven Einsatzdienst (Stand 2023). Mindestgröße 1,68 als Vorgabe.
Graz: Keine Frau im Einsatzdienst. Keine Mindestgröße vorgegeben, durch eine Normierungsüberarbeitung der Schutzanzüge.
Linz: Keine Frau im Einsatzdienst. 1,65m als Mindestgröße vorgegeben.
Salzburg: Keine Frau im Einsatzdienst. Keine Mindestgröße vorgegeben.
Klagenfurt: Keine Frau im Einsatzdienst. Keine Mindestgröße vorgegeben, aber Altersspanne 20-30 Jahre für Bewerbende.
Innsbruck: 2 Frauen im Einsatzdienst. Keine Mindestgröße vorgegeben.
Zehn Interessentinnen habe die MA 68 im Schnitt pro Jahr, konkreter wird es nur bei den wenigsten. Dabei wolle man ausdrücklich mehr weibliches Personal anwerben. "Wir möchten den Anteil an Frauen in diesem Berufsfeld erhöhen und laden daher besonders Frauen zur Bewerbung ein. Es gelten die Bestimmungen des Wiener Gleichbehandlungsgesetzes," heißt es dazu in der Ausschreibung der Stadt.
Auch in Klagenfurt etwa habe es bei der letzten Ausschreibung vor zwei Jahren einen starken Fokus auf das Anwerben von Frauen gegeben. "Wir haben es wirklich probiert, und es haben sich auch einige gemeldet. Leider haben diese Bewerberinnen es aber nicht durch den körperlichen Eignungstest geschafft, oder sind gar nicht erst angetreten," schildert Wolfgang Germ, Branddirektor-Stellvertreter der Berufsfeuerwehr Klagenfurt. Ähnliches vermeldet Salzburg auf KURIER-Anfrage: Dort gab es im Vorjahr eine Bewerberin, die jedoch ebenfalls am körperlichen Eignungstest scheiterte.
Bei den Freiwilligen Feuerwehren sieht die Sache anders aus, dort gibt es aktuell sogar mehr weibliche als männliche Neuzugänge. "2023 waren das erste Mal über 60 Prozent der Neuanmeldungen Frauen," so Berger. Insbesondere der Nachwuchs zieht hier mit: Die Feuerwehrjugend verzeichnet österreichweit deutlich mehr Anmeldungen von Mädchen als von Burschen.
Einen körperlichen Aufnahmetest oder eine Mindestgröße als Anforderung gibt es bei der FF nicht. Die physiologische Tauglichkeit muss jedoch gegeben und ärztlich bestätigt sein. Regelmäßige Belastungsüberprüfungen gibt es zudem im Atemschutz-Einsatz-Bereich.
Die knapp 10 Prozent an Frauen bei den Feuerwehren insgesamt lassen noch deutlich Luft nach oben. Aber: Betrachtet man die Entwicklung der letzten Jahre, so ist der Frauenanteil "seit dem Jahr 2008 um 170 Prozent gestiegen", rechnet der ÖBFV vor. Was sind die Gründe für diesen Anstieg? "Das wäre eine interessante Aufgabe für eine Studie, die wir gerne unterstützen würden. Die Kolleginnen, die ich kennenlernen durfte, wollen ihren Beitrag für die Allgemeinheit leisten, anderen helfen. Es sind die gleichen Beweggründe wie bei den männlichen Neuzugängen," so Berger.
Auch ist er überzeugt, dass sich die Hemmschwelle der Männerdomäne immer mehr auflöst. "Es ist natürlich einschüchternd, wenn man als einzige Frau in eine Institution eintreten möchte, die zu 100 Prozent aus Männern besteht. Nicht nur bei der Feuerwehr, auch beim Bundesheer oder der Polizei ist der Frauenanteil nun aber ansteigend – weil schon Frauen da sind. Je mehr sich das angleicht, desto einfacher wird es für Neuzugänge, sich für die Feuerwehr zu begeistern, weil sie eben nicht als einzige Frau dabei sind."
"Frauen tun der Feuerwehr gut"
"Mädchen und Frauen im Feuerwehrdienst sind ein wesentlicher und wichtiger Faktor, wenn es um die Bewältigung von Schadensereignissen geht," sagt Feuerwehrpräsident Robert Mayer zu dem Thema. Inwiefern? "Frauen haben das gewisse Gespür für Situationen", formuliert es Berger. Sie würden nicht selten größeres Einfühlvermögen zeigen als männliche Kollegen, insbesondere im Umgang mit Betroffenen von Katastrophen. Zudem würden Frauen oftmals "massiv deeskalierend" in schwierigen Situationen wirken.
Hinzu käme auch ein sich verändernder Umgang innerhalb der Wehren, insbesondere bei der jüngeren Generation. "Man merkt, dass sich die Teams nach den Einsätzen mehr öffnen, auch die Männer. Durch das weibliche Personal hat es diesbezüglich einen Ruck in die richtige Richtung gegeben, sodass man mehr darüber spricht, wie es einem nach schwierigen Einsätzen geht." Somit würden Frauen auch in punkto Verhaltenspsychologie Positives für die Feuerwehr beitragen, ist Berger überzeugt. "Das wirkt sich auf die psychische Gesundheit, die Einsatzbereitschaft und somit den Einsatzerfolg aller aus. Frauen tun der Feuerwehr schlichtweg gut."
Das Bedürfnis, anderen zu helfen
Derzeit gibt es 35 Kommandantinnen und 54 Kommandant-Stellvertreterinnen bei den Freiwilligen Feuerwehren hierzulande. Weiters sind 93 Feuerwehrfrauen in höheren Funktionen tätig, wie etwa als Sachgebietsleiterinnen oder Bezirksreferentinnen.
Monika Haberl ist Kommandantin der FF Trieben Werk sowie Kommandantin des Katastrophenhilfsdienstes im Bezirk Liezen. Bislang ist sie die einzige Frau in Österreich, die diese hohe Position innerhalb einer Freiwilligen Feuerwehr bekleidet. "Das wird sich aber ändern, das ist nur noch eine Frage der Zeit", zeigt sich Haberl zuversichtlich.
Sie selbst ist seit 2005 dabei, im April heuer werden es genau 20 Jahre. Ihr Vater war ebenfalls bei der Feuerwehr, sie selbst ist aber erst später über einen Arbeitskollegen, der Kommandant der FF Graz war, eingestiegen. "Der Gedanke, anderen zu helfen, war immer wichtig für mich. Ich persönlich kann mir gar nicht vorstellen, wie man dieses Bedürfnis nicht haben kann."
Die ehrenamtliche Tätigkeit führt sie neben einem Beruf sowie als Mutter von zwei Kindern aus. "Man entwickelt so ein sehr gutes Organisationstalent", lacht Haberl im Gespräch mit dem KURIER.
Monika Haberl ist bislang Österreichs einzige KHD (Katastrophenhilfsdienst)-Kommandantin.
"Alles ist schaffbar"
Das Thema Kinder und Zeit spiele sicherlich für viele eine große Rolle. "Man merkt aber trotzdem, dass immer mehr Frauen dazukommen, insbesondere bei der Feuerwehrjugend, aber auch im aktiven Einsatz," so Haberl.
In ihren eigenen Anfangszeiten habe sie selbst immer wieder erstaunte Blicke geerntet, wenn sie von ihrer Tätigkeit bei der Feuerwehr erzählte. "Insbesondere im ländlichen Bereich, wo ich daheim bin, war das stark so, da gab es wirklich kaum Frauen damals. In meiner Wehr bin ich bis dato auch die einzige, weil sich leider noch keine andere getraut hat, dazuzustoßen. Obwohl wir natürlich mehr als offen dafür sind – klar, ich als Kommandantin würde eine Frau nicht ablehnen."
Das alteingesessenen Bild der Männerdomäne sowie die Technikverbundenheit des Feuerwehrwesens wirken ihrer Meinung noch immer abschreckend auf einige. "Das ist wohl ähnlich wie in technischen Berufen. Dabei gibt es so viele Bereiche in der Feuerwehr, bei denen man mithelfen kann. Und auch im technischen Einsatzbereiche ist alles schaffbar: Frauen können genauso mit dem Tanker fahren, können ebenso eine Drohnenausbildung machen – sprich Dinge, bei denen man nicht unbedingt viel körperliche Kraft braucht."
Aber wie problemlos ist die Akzeptanz von Frauen in Feuerwehren, die (noch) nur aus Männern bestehen, tatsächlich? "Die Akzeptanz musste ich mir damals schon erarbeiten – wobei es heutzutage wohl anders läuft, man muss sich nicht mehr so rechtfertigen. Man muss aber zuerst zeigen, was man kann. Dass man sich auskennt und mit anpackt. Dann passt es auch."
In ihrer eigenen Wehr habe das gut funktioniert, berichtet Haberl. Für sie selbst stehe der Mensch im Vordergrund, unabhängig vom Geschlecht. "Für mich persönlich ist wichtig, welche Person das ist: Wie ist die Motivation, wie ist die Kameradschaft? Das zählt wirklich, denn im Einsatz muss man sich auf einander verlassen können."
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