Heer stockt in der Steiermark auf

Eine Menschenmenge, viele in Decken gehüllt, wird von einem Soldaten bewacht.
Mit jeweils 5.000 bis 6.000 in kommenden Tagen zu rechnen. Mehr als 1.000 weitere Flüchtlinge werden in Salzburg erwartet.

Kein Ende des Migrationsstroms in Sicht: Nach Angaben des Innenministeriums haben am vergangenen Wochenende rund 21.000 Flüchtlinge Österreich erreicht. Der Großteil davon wollte Richtung Deutschland weiterreisen. Aktuellen Prognosen zufolge sollen in den kommenden Tagen jeweils 5.000 bis 6.000 Flüchtlinge ins Land kommen.

Laut Innenministerium waren allein am Samstag etwa 11.000 Personen ins Bundesgebiet gekommen, wobei 10.500 von Ungarn aus ins Burgenland gelangten - jeweils die Hälfte davon in Nickelsdorf und in Heiligenkreuz. Rund 500 passierten die slowenisch-steirische Grenze.

In einer Notunterkunft in einer Tiefgarage ruhen sich Menschen auf Feldbetten aus.
ABD0130_20150921 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA0363 AI - Mitarbeiter der Salzburger Feuerwehr am Montag, 21. September 2015, im Notquartier am Salzburger Bahnhof. - FOTO: APA/BARBARA GINDL
Mit Zügen aus Wien, Villach und Graz dürften in den nächsten Stunden über 1.000 Flüchtlinge am Salzburger Hauptbahnhof eintreffen. Etwa die Hälfte davon soll per Zug nach Deutschland weitergeführt werden. Für die Bahnhofsgarage bedeutet das, dass sie wieder an der Grenze der Kapazität anlangt. Außerdem ist geplant, möglichst viele Menschen in die ehemalige Autobahnmeisterei nach Liefering zu bringen.

5.000 Notquartiere in Wien

Über 5000 Plätze stehen derzeit in Wien zur Verfügung – Tendenz steigend. Während die Steiermark laut Rotem Kreuz 2800, Kärnten und Oberösterreich jeweils 2000 und Salzburg 1000 Notschlafstellen geschaffen haben, hinkte Niederösterreich mit wenigen Hundert hinterher. Tirol hat rund 500 Plätze, Vorarlberg keine – mangels Nachfrage.

Wie schnell es gehen kann, zeigte am Wochenende die 15.000-Einwohner-Stadt Ternitz im südlichen Niederösterreich. Binnen zweier Tage wurde in der ehemaligen Lagerhalle eines Supermarktes eine Unterkunft für rund 200 Menschen geschaffen. Montagnachmittag war sie bezugsfertig. „Die Flüchtlinge können sich hier für maximal 72 Stunden ausruhen“, erklärt SPÖ-Bürgermeister Rupert Dworak. Mit einem eigenen Securitydienst will man der Bevölkerung Sorgen nehmen.

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Kritik an Bundesheer

Eine große Menschenmenge steht vor einem Bus auf einem Feld.
ABD0030_20150920 - NICKELSDORF - ÖSTERREICH: Flüchtlinge warten auf dem ehemaligen Zollgelände auf Busse, aufgenommen am Sonntag, 20. September 2015 in Nickelsdorf, Burgenland. Ungarn hat am Freitagnachmittag seine Grenze zu Kroatien geöffnet. Die ungarischen Behörden ließen tausende Flüchtlinge auf ungarisches Gebiet, die sie dann mit Bussen Richtung österreichischer Grenze schickten. - FOTO: APA/HERBERT P. OCZERET
Unterdessen wurde Kritik an der Transport-Koordination des Bundesheers laut: Vor gut einer Woche hatte das Bundesheer in der Verkehrsleitzentrale der ÖBB die Koordination on Flüchtlingen übernommen. Bei den privaten Transportunternehmen regt sich nun Unmut. Als die Landespolizeidirektionen noch selbst Transport und Quartiere koordiniert hätten, habe es besser funktioniert als nun unter Leitung des Heeres, heißt es gegenüber der APA. Der burgenländische Landespolizeidirektor Hans Peter Doskozil selbst hat ebenfalls bereits Druck Richtung Verkehrsleitzentrale gemacht: Genügend Busse seien auf Abruf da, aber die Quartiere fehlten - um den zahlreichen wartenden Flüchtlingen in Nickelsdorf zu signalisieren, dass sich etwas bewegt, habe er schließlich trotz fehlendem Ziel Busse befüllen lassen. Busse, die zu Mittag angefordert worden seien, seien letztlich erst mitten in der Nacht losgefahren und kurzfristig an völlig andere Ziele in Österreich als ursprünglich angegeben geschickt worden, erzählten Transportunternehmer der APA. Auch seien Busse bei Notquartieren abgewiesen worden, wird beklagt.

Asyl auf Zeit

In Wien ging derweil die Diskussion im zeitlich begrenztes Asyl weiter: Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hatte dies vorgeschlagen. Die SPÖ zeigte sich offen für den Wunsch nach der gesetzlichen Verankerung eines befristeten Schutzes für Flüchtlinge. Nach drei Jahren zu überprüfen, ob noch ein Asylgrund vorliege, wäre ein "ehrliches Signal", so Kanzleramtsminister Josef Ostermayer. Zwar sei der Asylstatus sowieso auf "die Zeit, die durch die Gefährdungslage gegeben ist, beschränkt". Aber wenn die Innenministerin in der aktuellen Situation eine neue rechtliche Grundlage zur Bewältigung der Lage brauche, "sind wir jederzeit bereit, das zu unterstützen". Auch Bundeskanzler Werner Faymann unterstützt die Forderung. Die Möglichkeit einer Befristung auf fünf Jahre gebe es zwar jetzt schon, man könnte sich aber nun nach drei Jahren anschauen, ob die Kriterien für Asyl noch gegeben sind, so Faymann.

Grenze für Lkw geschlossen

Der wichtigste serbisch-kroatische Grenzübergang Batrovci-Bajakovo an der Autobahn E70 zwischen Belgrad und Zagreb ist inzwischen für den Lkw-Verkehr geschlossen worden. Nachdem sich eine Abfertigungsschlange von über zehn Kilometern aufgestaut hatte, habe Kroatien den Übergang am Montagmorgen geschlossen, berichtete das serbische Staatsfernsehen RTS. Nachdem bereits sieben andere Grenzübergänge wegen des Flüchtlingsansturms von Zagreb geschlossen worden waren, wurde der gesamte Auto- und Lastwagenverkehr über diesen Grenzübergang umgeleitet.

Bayern für Begrenzung der Flüchtlingszahlen

Indes fordert die bayerische Staatsregierung eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen auf europäischer Ebene. Das sagte Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) am Montag nach einer Kabinettssitzung in München. Eine deutsche oder bayerische Lösung könne es nicht geben. Deutschland sei "fast gezwungen" zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen, "weil wir sonst in Schwierigkeiten geraten, die wir nicht mehr bewältigen können".

Auch andernorts spitzt sich die Lage langsam zu: Skandinavien ist auch mit der Flüchtlingswelle konfrontiert. Mehrere Dutzend Personen sind am Wochenende über die nordschwedische Grenze aus Finnland zurückgekehrt. Sie waren dort von einwandererfeindlichen Demonstrationen konfrontiert worden.

In der Türkei hat am Montag die Polizei mehr als 100 Flüchtlinge daran gehindert, von Istanbul zur türkisch-griechischen Grenzstadt Edirne zu laufen. Die Sicherheitskräfte hätten den rund 150 Syrern am Montag den Weg abgeschnitten, berichtete der Sender CNN Türk.

Eine Flüchtlingsunterkunft im deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt ist in der Nacht auf Montag von einer Gruppe junger Männer attackiert worden. Aus einer Gruppe von vier Männern wurde eine Flasche gegen das Gebäude in Oschersleben bei Magdeburg geschleudert. Eine Fensterscheibe ging zu Bruch, wie die Polizei mitteilte.

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