Fall Lucile: Einstimmiger Schuldspruch wegen Mordes

MORDPROZESS GEGEN 43-JÄHRIGEN RUMÄNISCHEN FERNFAHRER IM FALL LUCILE K.
Urteil noch nicht rechtskräftig. Der angeklagte Rumäne soll in Innsbruck eine 20-jährige französische Studentin getötet haben.

Mehr als sechs Jahre nach dem gewaltsamen Tod der französischen Austausch-Studentin Lucile K. in Kufstein wurde  am Dienstag am Landesgericht Innsbruck der tatverdächtige 43-jährige Fernfahrer aus Rumänien wegen Mordes schuldig gesprochen. Das Urteil der Geschworenen fiel einstimmig.
Der Rumäne hatte sich nicht schuldig bekannt. Weil er bereits 2017 nach dem Sexualmord an einer 27-jährigen Joggerin in Deutschland zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, sah das Innsbrucker Gericht von einer Zusatzstrafe ab.

Die Staatsanwaltschaft hatte schon vor zwei Jahren Mordanklage gegen den 43-Jährigen im Fall Lucile eingebracht. Das Verfahren in Deutschland hatte sich jedoch verzögert, weshalb auch die Auslieferung nach Innsbruck auf sich warten ließ.

Dem Angeklagten werde die „allerschwerste Kriminalität“ zur Last gelegt, erklärte der Staatsanwalt in seinem Eröffnungsplädoyer. Er soll Lucile getötet und dann ihre Leiche sexuell geschändet haben. Die Obduktion habe ergeben, dass Lucile durch zwei Schläge auf den Kopf getötet worden war. GPS-Daten des Lkw des Rumänen und an Luciles Leiche gefundene DNA-Spuren des 43-Jährigen würden seine Schuld belegen. Zudem hätte der Angeklagte die Tat an Lucile in Deutschland vor einem Psychiater indirekt gestanden.

Verteidigerin nennt weitere Verdächtige

Die Verteidigerin führte indes andere mögliche Täter ins Treffen – nämlich Luciles ehemalige beste Freundin und deren damaligen Freund. Dieser Ansatz sei von der Polizei dann jedoch nicht mehr weiterverfolgt worden. Auch die DNA-Spuren, die an der 27-Jährigen in Deutschland gefunden worden waren und die mit den DNA-Spuren an Luciles Leiche übereinstimmten, seien nicht vollständig gewesen.

Vielmehr handelte es sich dabei um kleine DNA-Fragmente, also sogenannte Merkmalmuster. „Die DNA musste berechnet werden“, betonte die Verteidigerin. Dieses gefundene Merkmalmuster könne auf 158.000 Personen passen. „Also so viele Personen, wie Innsbruck Einwohner hat“, erklärte die Rechtsanwältin. Außerdem habe ihr Mandant in Deutschland kein Geständnis abgelegt.

Richter Norbert Hofer konfrontierte den Beschuldigten dennoch mehrmals mit den DNA-Spuren, die laut Hofer von ihm bzw. zumindest aus seiner Familie stammen müssen und die sowohl an der 27-jährigen Deutschen, als auch an Lucile gefunden worden waren. Der 43-jährige Angeklagte hatte „keine Erklärung“ dafür, wie die DNA-Spuren an beide Opfer gelangen konnten.

Geständnis "aus Angst"

Er beschwerte sich hingegen, dass er in Deutschland ungerecht behandelt worden wäre. Man habe ihm keine Gelegenheit gegeben, sich zu äußern, sagte der Rumäne. Richter Norbert Hofer konfrontierte ihn daraufhin mit mehreren Einvernahmeprotokollen der deutschen Behörden. „Es war erschreckend unmenschlich, was ich in Deutschland erlebt habe“, meinte der 43-Jährige. Er habe Angst gehabt und deshalb den Mord in Deutschland gestanden.

„Ich habe dazu keine Erklärung“, meinte der angeklagte Rumäne wiederholt auf den Vorhalt des Richters. Er blieb dabei, die beiden jungen Frauen nicht getötet zu haben. Sein Geständnis beim Verfahren in Deutschland habe er lediglich auf Druck seines damaligen Verteidigers abgelegt. Auch seine damaligen Mithäftlinge hätten ihm geraten, zu gestehen und zu sagen, dass er getrunken hatte. „Sie haben gesagt, dass ich dann nicht die maximale Strafe bekomme“, sagte der 43-Jährige.

MORDPROZESS GEGEN 43-JÄHRIGEN RUMÄNISCHEN FERNFAHRER IM FALL LUCILE K.

Der als Zeuge geladene deutsche Psychiater, der den Angeklagten untersucht hatte, wiederholte jedoch vor dem Geschworenengericht in Innsbruck, dass der Rumäne ihm gegenüber indirekt die Tat an Lucile gestanden habe. „Er hat mir gegenüber nicht explizit zwei Tötungsdelikte eingestanden, das Kufsteiner Delikt hat er mir gegenüber aber indirekt eingeräumt“, so der Psychiater. Der Beschuldigte habe von Träumen gesprochen, die sich auf beide toten Frauen beziehen würden.

"Klassischer Serienmörder"

Von dem 43-Jährigen gehe jedenfalls eine hohe Gefahr für weitere Delikte aus, meinte der Psychiater. „Es spricht aus psychiatrischer Sicht einiges dafür, dass der Angeklagte ein klassischer Serienmörder ist“, erklärte er.

Am Nachmittag zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück. Kurz zuvor hatte der 43-jährige angeklagte Fernfahrer in seinem Schlusswort nochmals beteuert, „niemanden umgebracht zu haben“. Die Verteidigerin des Rumänen verwies in ihrem Schlussplädoyer auf Fragen, die auch nach dem Beweisverfahren noch offen seien. Sie meinte in Richtung der Geschworenen: „Wenn nur der geringste Zweifel bleibt, gilt: Im Zweifel für den Angeklagten.“

Die 20 Jahre alte französische Austausch-Studentin, die aus Lyon stammte und im Rahmen eines Auslandssemesters in Kufstein studiert hatte, war im Jahr 2014 getötet worden. Ihr Leiche war am 12. Jänner von Polizisten am Ufer des Inns entdeckt worden. Freunde und Studienkollegen hatten die junge Frau als vermisst gemeldet. 

Die Tatwaffe, eine Hubstange, wie sie zum Beispiel zum Anheben eines Lkw-Führerhauses genutzt wird, wurde schließlich im Inn gefunden. Der Lkw-Fahrer war 2017 in Deutschland, nach dem Mord an der 27-Jährigen, verhaftet und dort zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Maut-Abrechnungsdaten aus Kufstein und die Tatwaffe hatten die Ermittler letztendlich auf die Spur des Fernfahrers gebracht. Eine Speichelprobe des Rumänen, die mit DNA-Fragmenten des Täters, die an beiden Opfern gefunden worden waren, abgeglichen wurde, brachte den Ermittlern letztendlich den notwendigen Beweis, um den Mann festzunehmen.

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