Wanderwege, Steige und Hütten im täglichen Klimastress

Die Neue Prager Hütte am Weg zum Großvenediger.
30.000 Kilometer Wege erhält der Deutsche Alpenverein (DAV) mit 34.000 Ehrenamtlichen, die 2,46 Millionen Stunden freiwilliger Arbeitszeit – größtenteils in den Österreichischen Bergen – investieren.
Und der DAV bewirtschaftet 325 Hütten mit 20.000 Schlafplätzen und rund 937.000 Übernachtungen pro Jahr. Eine davon ist die Neue Prager Hütte am Großvenediger.
In einer Stube hängt das Bild von Johann Stüdl, dem Prager Alpinisten, nach dem der jüngst von einem Steinschlag getroffene Steig auf den Großglockner benannt ist. Auch die Neue Prager Hütte geht auf den 1925 verstorbenen Alpinisten zurück.

Ben, Maja, Michaela und Flo in der Stube, im Hintergrund am Bild: Johann Stüdl.
Auf dieser Hütte wird der Klimawandel spürbar. Weil das Wasser ausgegangen ist, konnte sie längere Zeit nicht bewirtschaftet werden oder musst frühzeitig schließen. Jetzt haben zwei junge Paare die Hütte gepachtet. Maja (23) und Ben (25) sowie Michaela (29) und Flo (34).
Die Investitionen sind enorm: Ein 12.000 Liter großer rosaroter Wassertank wurde am 12. Juli per Hubschrauber geliefert und unterhalb der Hütte im Berg vergraben.

Der neue Wassertank für die Prager Hütte.
Wenn das Wasser fehlt
Ein Grund für den Wassermangel: der Rückgang der Schneedeckendauer und das frühzeitige dauerhafte Abschmelzen der Schneefelder. Die durch den Klimawandel teils wesentlich stärkeren Regenmengen in den Bergen gehen ohne neue Speichermöglichkeiten quasi verloren.
Toilette ohne Wasser
Die Prager Hütte ist für den Deutschen Alpenverein ein Pilotstandort. Mit der neuen Wasserversorgung und dem wasserlosen WC (140.000 Euro Investment) wurde ein Echtzeit-Wassermonitoring gestartet.

Die neue wasserlose Toilette der Neuen Prager Hütte.
Ebenso wird mit Georesearch das Volumen des Schlatenkees analysiert. Auch die Schneefelder und deren gespeichertes Wasservolumen werden analysiert, um durch die Integration des Besucherzahlenmonitorings Zukunftsprognosen für andere Hütten ableiten zu können.
Prognosen ermöglichen
Daraus könnten sich etwa dynamische Anpassungen der Buchungskapazitäten ergeben. Sprich: Es werden weniger Nächtigungen angeboten, um den Betrieb einer Hütte über die ganze Saison ermöglichen zu können. Wobei ein Hebel für alle Hütten die Reduzierung des Wasserverbrauchs sein wird, sind sich die Experten sicher.
Beispiel Prager Hütte: Mit neuem Tank und neuer Toilette ist die Versorgung der Hütte ohne nachfließendes Wasser für 30 Tage gesichert – davor waren es neun.

Wolfgang Arnoldt, Vizepräsident des Deutschen Alpenvereins, setzt alles daran, dass Hütten möglichst nicht geschlossen werden müssen.
Die Vermessung des Gletschers und des darunter liegenden Geländes soll Attraktivität und Machbarkeit einer bald eisfreien Route auf den Großvenediger sowie Gefahrenpotenziale abschätzbar machen.
Moritz Pfeiffer ist als Verantwortlicher beim DAV für Hütten und Wege mit dem Klimastress dieses Bereichs befasst. Ein Beispiel ist die Stüdlhütte im Großglocknermassiv, ebenfalls nach Johann Stüdl benannt.
Durch permafrostbedingtes Kriechen des Nordhangs unterhalb der Hütte besteht die Gefahr der Instabilität – deshalb wird das überwacht, Kriechbewegung werden durch technische Maßnahmen reduziert. Was der DAV mit allen Mitteln vermeiden will, bringt Vizepräsident Wolfgang Arnoldt auf den Punkt: Dass Hütten geschlossen werden müssen.
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