Debatte um Grenzwerte bei Schul-PCR-Tests

Eine Minute lang mit Kochsalzlösung gurgeln
Positivitätsrate bei Wiener „Alles gurgelt“ und „Alles spült“ des Bildungsministeriums unterschiedlich. Hacker für Evaluierung, „Covid Fighters“ gegen „Wettbewerb“.

Bei den PCR-Tests wird in den Wiener Volksschulen das „Alles spült“-Programm des Bildungsministeriums eingesetzt, in den anderen Altersklassen das in Wien etablierte „Alles gurgelt“. Die deutlichen Unterschiede bei der Positivitätsrate haben nun zu einer Debatte über die Grenzwerte für ein positives Ergebnis geführt.

Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) fordert eine Evaluierung, die „Alles spült“-Macher wehren sich gegen einen „Wettbewerb, wer mehr positive Fälle findet“.

Er stehe dazu, dass mit „Alles gurgelt“ viele Fälle an Schulen gefunden und darum auch viele Klassen gesperrt würden, so Hacker in der Zeitung Heute. Vergangene Woche waren bei „Alles gurgelt“ 0,45 Prozent der Proben positiv, bei „Alles spült“ 0,12 Prozent.

„Unangenehm könnte lediglich sein, dass wir österreichweit ein Testsystem an Schulen haben, das womöglich viel zu wenige Fälle findet und sich deshalb auch Kinder unerkannt im Schulbetrieb anstecken.“ Eltern wie Kinder müssten sich darauf verlassen können, dass die Tests gut und sicher sind.

"Frage der Sinnhaftigkeit"

Genau das ist allerdings laut Boris Fahrnberger, dem Geschäftsführer der für „Alles spült“ verantwortlichen „Covid Fighters“, ohnehin der Fall. Es würden „extrem sensitive Systeme“ verwendet und man halte sich beim Ct-Wert, bis zu dem ein Testergebnis als positiv eingestuft wird, sowohl an die Vorgaben der Ausschreibung als auch an medizinische Empfehlungen, betont er gegenüber der APA.

Bei sehr hohen Ct-Werten sei aufgrund der dann ganz schwachen Viruslast nicht davon auszugehen, dass die betreffende Person ansteckend sein könnte. Natürlich könne man jede Probe, bei der die geringste Viruslast erkannt werde, als positiv werten. „Es stellt sich halt die Frage der Sinnhaftigkeit. Und es ist ja nicht Sinn der Übung, so viele Kinder wie möglich in Quarantäne zu schicken.“ Alternativ könne man auch den Gesundheitsbehörden die Entscheidung überlassen, wie sie Ergebnisse mit einem hohen Ct-Wert einstufen.

Kritik wird ernst genommen

Bisher sei ihm jedenfalls kein einziger Fall bekannt, in dem aufgrund des Ct-Werts ein Infizierter übersehen wurde und dies zu einem Cluster geführt habe. „Der 'cut-off' scheint also zu passen“, betont Fahrnberger.

Die Kritik nehme man dennoch ernst: Es wird nun eine Evaluierung geben, wie viele zusätzliche Positiv-Fälle es bei „Alles spült“ gäbe, wenn der „cut-off“ weggelassen würde. Außerdem soll stichprobenartig untersucht werden, wie sich die Viruslast bei jenen Personen entwickelt, die beim bisherigen Ct-Grenzwert bei „Alles spült“ nicht als positiv eingestuft würden. Sollte aufgrund des bisherigen Grenzwerts irgendwo ein Cluster aufgetreten sein, könne man den Grenzwert sofort ändern, betont Fahrnberger.

Die unterschiedliche Positivitätsrate der beiden Testsysteme in Wien liege allerdings neben den anderen Grenzwerten auch daran, dass bei „Alles gurgelt“ neben positiven Ergebnissen der Massentests an den Schulen auch etwa die zusätzlichen Testungen von symptomatischen Schülern bzw. nach positiven Fällen in der Familie hineinfallen. Außerdem gebe es unter Volksschülern insgesamt geringere Infektionszahlen als bei älteren Schülern. Eine einheitliche Vorgabe für den „cut-off“ würde Fahrnberger jedenfalls begrüßen.

In den vergangenen Wochen gab es wiederholt einen medialen Schlagabtausch rund um die an den Schulen eingesetzten PCR-Tests. Vom Bildungsministerium gab es Kritik daran, dass bei „Alles gurgelt“ die Tests in der Regel daheim und nicht in der Schule durchgeführt werden sollen. Folge dieses Auslagern an das Elternhaus seien deutlich bessere Rücklaufquoten bei „Alles spült“ als bei „Alles gurgelt“ - was allerdings gar nicht stimme, wie man im Büro von Gesundheitsstadtrat Hacker gegenüber der APA betont.

Wien zweifelt Aussagekraft schon länger an

In Wien wird wiederum schon seit Längerem die Aussagekraft der „Alles spült“-Tests angezweifelt, immerhin entfielen zuletzt (trotz im Bundesvergleich nicht hervorstechender Inzidenzen) drei Viertel aller positiven Schul-PCR-Tests auf Wien.

Für die Unternehmen geht es bei den Schultests auch um massive wirtschaftliche Interessen: „Alles gurgelt“-Anbieter Lifebrain war Ende August gegen das bis 6. September laufende Vergabeverfahren für die Schul-PCR-Tests durch die Bundesbeschaffungsagentur (BBG) vorgegangen und hatte eine Nichtigerklärung bzw. einstweilige Verfügung verlangt.

Ihr Argument: Die Wettbewerbsausschreibungen seien auf einen, höchstens zwei spezifische Anbieter zugeschnitten („Novogenia“ und „Covid Fighters“).

Diese beiden sind derzeit auch (abseits der Wiener Schulen ab der 5. Schulstufe) für die Durchführung der PCR-Tests an den Schulen zuständig. Man habe zunächst auf Tests einer bereits bestehenden Rahmenvereinbarung der BBG zurückgegriffen, um einen sicheren Schulstart vom ersten Schultag an sicherzustellen, wurde dazu im Bildungsministerium betont. Am 8. September hat die BBG schließlich eine Neuausschreibung gestartet. An dieser hat Lifebrain erneut teilgenommen, das Ergebnis wurde bisher noch nicht öffentlich gemacht.

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