Zahlreiche Anzeigen und einige Festnahmen bei Corona-Demos
Musik und Pfiffe waren fast lauter als die Durchsagen der Polizei. Aber diese wollten die Demonstranten ohnedies nicht hören, mahnten sie jedoch genau das ein, wogegen sie auftraten, Maske tragen und Abstand halten: Am Samstag zogen - wieder einmal - Gegner der Corona-Schutzmaßnamen durch Wien.
36 wurden von diversen Gruppierungen allein für dieses Wochenende angemeldet, zwölf hat die Polizei nicht erlaubt und untersagt. Darunter war eine Großkundgebung am Ring, die auf 10.000 Teilnehmer ausgerichtet war. Im Vorfeld warnte Reinhard Schnakl, stellvertretender Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, davor, dass sich bei den Demos Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker tummeln würden.
Der Protestmarsch setzt sich in Bewegung
Gegendemos wurden ebenfalls angemeldet, etwa eine Kundgebung ab Samstagmittag. Sie startete im Votivpark, darauf folgte eine Fahrraddemo.
Auf den Plakaten der Gegner der Corona-Maßnahmen fanden sich jene Botschaften, die man schon von ihnen kennt: "Nein zum Impfzwang" oder abgewandelt "Ich werd gekündigt, weil ich mich nicht impfe".
Die Anti-Corona-Aktivisten hatten zunächst einen ersten Treff im Resselpark bei der Karlskirche, wo Shirts verteilt wurden. Die Aktivitäten verlagerten sich dann bereits auf den Ring, dort gab es Zulauf von weiteren Demonstranten, die mit Reisebussen zum Ort des Geschehens gebracht wurden, unter anderem mit dem Kennzeichen von Amstetten in Niederösterreich. Einige hundert Manifestanten waren bereits zu sehen. Auch die Polizei war bereits im Einsatz und kontrollierte Masken und Abstand - woraus sich erste Diskussion mit den Demonstranten ergaben.
Die Wiener Linien reagierten auf die Lage: Unter anderem wurden die Straßenbahnlinien D und 71 zwischen Schwarzenbergplatz und Börse eingestellt, die Linie 1 umgeleitet, ebenso die Linie 2, die nicht mehr zwischen Ring, Volkstheater und Schwedenplatz fuhr.
Die Teilnehmer der Anti-Corona-Demo haben auch eine spontane Rede von FPÖ-Klubchef Herbert Kickl auf einer kleinen Bühne zu hören bekommen. In der von ihm als "Vorspiel" bezeichneten Darbietung sprach er von "Corona-Stahlhelmen in den Regierungsbüros" und "Schmuddel-Typen" in den Ministerien.
Der blaue Klubobmann wetterte gegen "eine Regierung, die am Rande der Verrücktheit tanzt". Die Untersagungen einiger Demonstrationen im Vorfeld seien "alle klar rechtswidrig", es gehe nur darum, Kritiker mundtot zu machen. "Regierungskritik ist kein Verbrechen", meinte er, "sondern in Zeiten wie diesen so etwas wie eine demokratische Bürgerpflicht".
"Das Ganze ist so schräg und irr, dass es kein Hollywood-Regisseur erfinden könnte", kritisierte Kickl etwas Nasenbohrertests für Schüler und Reisewarnungen innerhalb Österreichs. All das sei einer Demokratie unwürdig. "Ich sehe keinen einzigen Alu-Hut, von dem die immer daherfaseln, die Träger der Corona-Stahlhelme in den Regierungsbüros", griff Kickl abermals zu äußerst deftigen Worten. Auch sprach er von "Schmuddel-Typen" in den Ministerien.
Bei der Kundgebung waren noch zahlreiche weitere Nationalratsabgeordnete der FPÖ anwesend. "Ich bin gerne auf der Seite der Bösen, wenn es darum geht, uns unsere Rechte zurückzuholen", betonte etwas Dagmar Belakowitsch. "Kurz ist es, der mit seinen Schergen unser Land ruiniert", befand Generalsekretär Michael Schnedlitz. "Auf in diesen friedlichen Kampf, um das gemeinsame Ziel zu erreichen, das da lautet: Kurz muss weg."
Rund 1.500 Polizisten im Einsatz
Die Polizei war jedenfalls gewappnet: Hubschrauber kreisten über der Stadt, insgesamt werden bis zu 1.500 Polizistinnen und Polizisten den Tag über im Einsatz sein. Exponierte Örtlichkeiten wie das Parlament werden zusätzlich bewacht. Die Exekutive rechnete im Vorfeld damit, dass Teilnehmer aus ganz Österreich und auch aus dem Ausland, etwa aus Deutschland, zu den Demos nach Wien kommen werden - sogar solche mit Verbindungen zur rechtspopulistischen AfD. Von Seiten der österreichischen Politik fanden sich jedenfalls Vertreter der FPÖ ein, so hielt Nationalratsabgeordneter Michael Schnedlitz eine Rede.
Für den Nachmittag hat die FPÖ zudem selbst einer Kundgebung als „Solidaritätsveranstaltung“ geladen. Unter dem Motto „Demokratie, Grundrechte und Freiheit“ soll Klubobmann Herbert Kickl eine Rede halten.
Lautstark aber ohne Abstand für die Freiheit
In Österreich haben die Corona-Proteste erst seit Ende Dezember regeren Zulauf. Seit 26. Dezember des Vorjahres wurden laut einer Statistik des Innenministeriums österreichweit insgesamt 673 Versammlungen im Zusammenhang mit Corona registriert. Davon waren 113 nicht angemeldet, 75 wurden untersagt. Bei den Demonstrationen wurden 7.175 Anzeigen nach dem Verwaltungsrecht erstattet und 146 gerichtlich strafbare Handlungen angezeigt bzw. wurden 17 Organmandate ausgestellt. 171 Personen wurden festgenommen. In Summe nahmen rund 85.000 Personen teil, etwa 20.000 Polizisten waren im Einsatz. Verletzte Polizisten zählte man acht, verletzte Demonstranten fünf.
Auch am Samstag kam es zu einigen Festnahmen und zahlreiche Anzeigen, sowohl nach dem Versammlungsgesetz als auch dem COVID- Maßnahmengesetz, wie die Polizei Wien auf Twitter mitteilte.
Kommentare