Chefinnen bei der Polizei nach wie vor die Ausnahme
Es war ein Nebensatz bei der Präsentation des neuen Bundespolizeidirektors am Donnerstag. Doch einer mit Aussagekraft.
Bei 26 ausgeschriebenen Führungsfunktionen im Zuge der „Reorganisation der Zentralleitung des Innenministeriums“ waren von 108 Bewerbern gerade einmal 22 weiblich. Durchsetzen konnten sich am Ende nur Männer. „Ganz offen gesprochen, ich hätte gerne mehr weibliche Führungskräfte besetzt, aber wir sind noch nicht so weit, wie wir gerne wären“, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).
In Zahlen liest sich dies wie folgt: Per 1. Mai waren als leitende Beamte gerade einmal 41 Frauen im Exekutivdienst der Polizei tätig (7,8 Prozent). Bei der Verwaltung lag der Anteil mit 41,2 Prozent auf der höchsten Dienstebene höher.
Doch warum ist dies so? Gilt die Polizei nach wie vor als Männerdomäne, in der Frauen keine Karriere machen können oder wollen?
Arbeitsgruppe soll Problem lösen
Diese Fragen soll nun eine Arbeitsgruppe unter der Leitung der Kärntner Landespolizeidirektorin, Michaela Kohlweiß, beantworten. Kohlweiß, die heuer ihr zehnjähriges Jubiläum als Polizei-Chefin feiert, ist im Kreise der Landespolizeidirektoren die einzige Frau.
„Warum Frauen nicht in Führungsrollen wollen, kann ich nicht klar beantworten. Doch genau das soll die Arbeitsgruppe herausarbeiten“, sagt Kohlweiß. Das Vereinbarkeitsthema des Berufes mit der Familie sei aber nach wie vor ein großes. Diese Beobachtung bestätigt auch Katja Tersch. Die gebürtige Niederösterreicherin leitet seit 2020 das Landeskriminalamt Tirol. Als erste und nach wie vor einzige Frau in einer solchen Position.
„Es braucht wahrscheinlich auch ein gewisses Maß an Zeit, um in die Führungsebenen aufzusteigen. Wenn man bedenkt, dass Frauen erst seit 1991 bei der österreichischen Polizei Dienst versehen.“
In der mittleren Führungsebene sei der Frauenanteil spürbarer. Im Exekutivdienst liegt dieser bei den dienstführenden Beamtinnen bei 15 Prozent. Im Verwaltungsdienst ist auf dieser Ebene jede zweite eine Frau.
Pendeln für Offiziersausbildung
Doch zurück zum Thema der Vereinbarkeit. Tersch findet ganz klare Worte: „Wenn man für den Offizierskurs zwei Jahre lang nach Wiener Neustadt pendeln muss und dann vielleicht ein kleines Kind daheim hat, schreckt das manche Kolleginnen ab.“
Als Chefin habe Tersch nie Probleme in der Männerdomäne der Polizei gehabt. „Wenn jemand keine Fachkenntnisse hat, wird er nicht ernstgenommen. Aber das ist ein Faktum, das unabhängig vom Geschlecht gegeben ist.“
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