Nach 63 Jahren legt Prückel-Besitzerin Christl Sedlar ihr Altwiener Kaffeehaus in neue Hände.
„Wohnzimmergefühl“
„Ich lebe für dieses Kaffeehaus, aber schweren Herzens höre ich nun altersbedingt auf“, so die 83-Jährige gegenüber dem KURIER. Namensgeber Wenzel Prückel übergab das Café 1920 an die Familie von Christl Sedlar. Die 83-Jährige führt den Betrieb in dritter Generation. Am Mittwoch verkündete sie aber nun ihrem Team die Nachricht ihres Abtritts: „Einige Mitarbeiter waren traurig. Immerhin haben manche ja 25 bis 30 Jahre mit mir zusammengearbeitet.“
Aber auch unter den Gästen zeigen sich erste Reaktionen: „Es ist schade, weil ich es toll finde, dass eine Frau das Café führt. Und sie macht es auch gut so“, sagt Surya Beil, die mit ihrem Sohn gerade einen kurzen Kaffee-Stopp im Prückel macht. Es ist aber nicht das erste Mal, dass Surya in dem Café in der Innenstadt vorbeischaut.
Sie kommt öfters her – sei es, um allein zu lesen oder gemeinsam mit Freunden, um zu tratschen: „Es verleiht einem eine Art Wohnzimmergefühl. Das Essen ist wie bei Oma. Die Bedienung schnell und höflich. Ich geb mein Geld also lieber dem Prückel als dem Starbucks.“
➤ Mehr dazu hier: Prückel-Chefin entschuldigt sich
Neue Betreiber
Die Frage, die sich nicht nur Surya Beil, sondern auch andere Stammgäste des Cafés jetzt wohl stellen: Wer übernimmt das Prückel? Ab 1. Jänner 2024 wird es nicht nur einen, sondern gleich mehrere neue Betreiber geben.
Christl Sedlar übergibt das Café nämlich an eine Betreibergesellschaft unter Federführung von Daniel Jelitzka, dem geschäftsführenden Gesellschafter von JP Immobilien. „Das Café Prückel ist eines der letzten, im Originalzustand erhaltenen Kaffeehäuser Wiens. Wir greifen diese gesellschaftspolitische Verantwortung auf und übernehmen mit Freude die schöne Aufgabe, das Erbe zu bewahren und die kulturelle wie gastronomische Qualität zu sichern“, so der zukünftige Geschäftsführer.
Zu den neuen Betreibern gehören unter anderem auch die bekannten Gastronomen Thomas Hahn („Labstelle“, „Kelsen“) und Manfred Stallmajer („The Guesthouse“, „Josefine“) sowie Michaela Klein und Helmuth Unger („Wein Kaffee im Hochhaus“, „Unger und Klein“).
Im Gespräch mit dem KURIER erzählt die bisherige Besitzerin Christl Sedlar, wie sehr sie sich darüber freue, dass diese Betreibergesellschaft das Café übernehmen wird. „Natürlich wünsche ich mir, dass es im Stil eines echten Wiener Kaffeehauses weitergeführt wird, aber Vorschriften kann ich keinem machen“, so Sedlar.
Sanfter Relaunch
Doch viel soll sich im Prückel laut den neuen Betreibern sowieso nicht ändern. Das Café soll zwar einem sanften Relaunch unterzogen werden, die aus den 50er-Jahren stammende Inneneinrichtung aber unberührt bleiben. Lediglich die Infrastruktur wird an heutige Anforderungen angepasst.
Näheres steht noch nicht fest: „Wir sind noch am Planen, deshalb können wir noch nicht mehr verraten“, sagt der künftige Betreiber Thomas Hahn. Aber eines sei fix: Das Prückel soll das Prückel bleiben.
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