Seit einem Jahr vermisst: Von Bodo Hell fehlt weiterhin jede Spur

Zusammenfassung
- Bodo Hell wird seit fast einem Jahr im Dachsteingebiet vermisst, eine neuerliche Suche Mitte Juli blieb erfolglos.
- Der vielseitige Literat und Almhirte prägte mit seinen sprachkünstlerischen Werken und seiner Naturverbundenheit die österreichische Kulturlandschaft.
- Rund um den Jahrestag seines Verschwindens finden mehrere Veranstaltungen und Hommagen zu Ehren von Bodo Hell statt.
Seit knapp einem Jahr wird der Literat Bodo Hell im Dachsteingebiet vermisst. Der damals 81-Jährige, der die Sommer seit Jahrzehnten als Senner auf einer Alm im oberösterreichisch-steirischen Grenzgebiet verbracht hatte, war am 9. August des Vorjahres zum letzten Mal von Wanderern gesehen worden, denen er erzählte, er wolle im alpinen Gelände zwischen Grafenbergalm und Heilbronner Kreuz nach seinem Vieh suchen.
Seither fehlt von ihm jede Spur.
Bodo Hell vermisst: Neuerliche Suche in eingegrenztem Areal
Zuletzt wurde Mitte Juli noch einmal ein eingegrenztes Areal abgesucht. Anlass waren neu ausgewertete Handydaten, aus denen die Alpinpolizei einen engeren Suchbereich ableiten konnte, wie die Bergrettung Obertraun berichtete. Man konzentrierte sich dabei auf das Gebiet südlich des Napfenkogels, der Fokus lag auf schwer zugänglichen, kaum begangenen Steigen.
Allerdings blieb auch dieser Einsatz - trotz Unterstützung durch Drohnen und einen Polizeihubschrauber - ohne Erfolg. Eine neuerliche Suche sei nur dann angedacht, wenn konkrete Hinweise auf den möglichen Standort eingehen, hieß es.
Vom ORF und Fließbandarbeiter zum Künstler
Am 15. März 1943 in Salzburg geboren, studierte Hell zunächst Orgel, Philosophie, Germanistik und Geschichte. Er arbeitete als freier Mitarbeiter beim ORF, aber unter anderem auch als Autowäscher und Fließbandarbeiter ebenso wie als Sprachlehrer. Ab 1977 veröffentlichte er äußerst unterschiedliche Bücher, Hörspiele und Theaterstücke, betätigte sich aber auch als Musiker, Regisseur, Ausstellungsdesigner und Fotograf.
Viele seiner Arbeiten stellen Wort-Collagen und Partikelsammlungen sprachlicher Versatzstücke dar. In Büchern oder Lesungen kooperierte Hell häufig mit Autorenkolleginnen und -kollegen wie Friederike Mayröcker, Ernst Jandl oder Liesl Ujvary. Der Umfang seiner Publikationen wuchs dabei nahezu jährlich an.
Leidenschaftlicher Almhirte: "Jungbrunnen für die Seele"
Er war aber nicht nur ein belesener Sprachkünstler, sondern auch leidenschaftlicher Almhirte mit an die hundert Pferden, Kühen und Rindern auf dem Berg. Diese Aufgabe war für Bodo Hell "trotz aller körperlicher Anstrengungen ein Jungbrunnen auch für die Seele", wie er einmal sagte.
Seine Liebe zur Natur und seine genaue Sprachbeobachtung zwischen den Welten thematisierte er auch in "Stadt Land Berg", jenem Text, den er für den Bachmann-Preis 2006 einreichte, und für den er ebendort mit dem Telekom Austria Jury-Preis ausgezeichnet wurde - nur eine Auszeichnung von vielen in seiner Laufbahn. 1991 hatte er den Erich Fried Preis erhalten, 2003 den Preis der Literaturhäuser. 2017 bekam er den Christine Lavant Preis, 2019 den Großen Kunstpreis des Landes Salzburg und 2024, wenige Monate vor seinem Verschwinden, den Literaturpreis des Landes Steiermark.
Veranstaltungen zur Erinnerung an Bodo Hell
Mehrere Veranstaltungen rund um den Jahrestag widmen sich dem verschollenen Literaten: Am 21. August beispielsweise gestalten Karl Markovics und Organist Martin Haselböck im Rahmen des Kirch'Klang-Festivals in der Stadtpfarrkirche Bad Ischl unter dem Titel "Weltgebräuche" eine literarische Hommage an Bodo Hell und Ernst Jandl, der heuer 100 Jahre alt geworden wäre.
Am 27. September findet in der Jesuitenkirche in Wien ein Festakt für Bodo Hell statt. Und auf Schloss Goldegg im Salzburger Pongau stellen ab 1. August unter dem Titel "dort wo die Ziege angebunden ist, muß (sic!) sie auch grasen" fünf bildende Kunstschaffende in Erinnerung an Bodo Hell ihre Werke aus - Hanna Feigl, Anton Petz, Ingrid Schreyer, Norbert Trummer und Linde Waber waren alle Bodo Hell freundschaftlich und künstlerisch verbunden.
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