Bio-Zertifizierung: "Es gibt immer mehr Trittbrettfahrer"

Immer mehr Menschen legen Wert auf Produkte aus biologischem Anbau. Die Gastronomie zieht derzeit noch nicht nach.
Die Bio-Branche fordert einmal mehr gesetzliche Vorgaben für Herkunftskennzeichnung und verpflichtende Bio-Zertifizierung in der Gastronomie.

Zusammenfassung

  • Die Bio-Branche fordert gesetzliche Herkunftskennzeichnung und verpflichtende Bio-Zertifizierung in der Gastronomie wegen zunehmender Etikettenschwindel.
  • Fälle von falschen Bio-Angaben, wie in Tiroler Hotels und Wiener Lokalen, verdeutlichen das Problem der Trittbrettfahrer.
  • Vertreter der Bio-Branche drängen die neue Bundesregierung zur Umsetzung eines bereits erarbeiteten Modells für verpflichtende Kontrollen.

Das Thema Etikettenschwindel sorgt in der österreichischen Gastronomie immer wieder für Wirbel. So soll Sternekoch Konstantin Filippou laut einem Bericht der Wiener Zeitung günstige Muscheln aus Japan auf der Speisekarte als "norwegische Jakobsmuscheln" ausgegeben haben. Vorwürfe wie diese gibt es aber nicht nur in der Spitzengastronomie. 

Häufig geht es auch um falsche Bio-Bezeichnungen. Simon Ziegler, Vorstandsmitglied von "BiowirtInnen", erklärte bei einem Medientermin am Montag: "Je größer der Markt wird, desto stärker werden auch Trittbrettfahrer. Mittlerweile ist das ein echtes Problem." 

Er berichtet von Tiroler Hotels, die angeben, ihr Fleisch vom Bio-Rind eines Bauern aus der Region zu kaufen. "Der Bauer hat im Jahr nur fünf Rinder, das Hotel verkauft aber Fleisch im Gegenwert von 20 Rindern. Das geht sich nicht aus und genau das ist das Problem", betont Ziegler. 

"Kalbsschnitzel um 1 Euro weniger"

Auch von einem Wiener Beispiel berichtet der stellvertretende Obmann der "BiowirtInnen". "Im ersten Bezirk hat es ein Bio-Lokal gegeben, da wurden zu 100 Prozent Bio-Produkte verkauft. Gegenüber hat sich der Wirt dann gedacht, dass kann ich auch und hat das Bio-Kalbsschnitzel um einen Euro weniger angeboten. Er hat aber die 80-fache Menge an konventionellem Fleisch da dazu verkauft."

Wegen Fällen wie diesen sei eine Herkunftskennzeichnung sowie eine verpflichtende Bio-Zertifizierung für die Gastronomie dringend notwendig, betonten Vertreter der Bio-Branche bei der Pressekonferenz. 

Nationale Regelung in elf Staaten

In der Gemeinschaftsverpflegung gibt es bereits seit dem 1. September 2023 eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung. "Diese Transparenz bleibt in der restlichen Gastronomie weiterhin aus. Auch eine verpflichtende Zertifizierung für Bio-Gastronomie lässt gänzlich auf sich warten. Die Angabe ist freiwillig, bedarf aber rechtlicher Rahmenbedingungen und einer verpflichtenden Kontrolle", so der Tenor der Branchen-Vertreter. 

In Europa gibt es bereits elf Staaten, die eine nationale Regelung haben. "In der Schweiz gilt die Herkunftskennzeichnung bereits seit 20 Jahren mit dem Effekt, dass die Gastronomie mehr Geschäft hat. Wenn auch wir diesen mutigen Schritt machen, dann sind wir – auch für die touristische Zukunft – gut gerüstet“, so Simon Ziegler.

Branchen-Vertreter appellieren an die Bundesregierung.

Am Gruppenbild v.l. Simon Ziegler, Die BiowirtInnen, Alexandra Seyer-Gmeinbauer, Gaumen Hoch, Andreas Höritzauer, Demeter Österreich, Michaela Russmann-Matzner, Die BiowirtInnen, Andreas Achleitner, Enkeltaugliches Österreich, Barbara Riegler, BIO AUSTRIA, Reinhold Gmeinbauer, Gaumen Hoch.

Die Branchen-Vertreter richten sich mit ihrem Appell an die neue Bundesregierung: "Ein praxistaugliches Modell für die Kontrolle wurde bereits mit zahlreichen Experten erarbeitet, liegt aber derzeit in der Schublade. Wir erwarten uns von der Bundesregierung, dass sie dieses Modell aufgreift und rasch Nägel mit Köpfen macht", betonte Barbara Riegler, Obfrau von Bio Austria. 

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